Zusammenfassung
Artikel 227 des Versailler Vertrages klagte Wilhelm II. von Hohenzollern der »schwersten Verletzung des internationalen Sittengesetzes und der Heiligkeit der Verträge« an. Es war vorgesehen, den so Beschuldigten vor ein Sondergericht zu stellen, wobei ihm allerdings die »Wahrung der wesentlichen Bürgschaften des Rechts« versprochen wurde. Artikel 228 zufolge sollten Personen, die der Verletzung des Kriegsrechts und der Kriegsbräuche angeklagt wurden, vor Militärgerichte gestellt werden. Sie sollten, falls schuldig befunden, den Gesetzen entsprechend bestraft werden. Diese Bestimmungen waren nicht auf die These einer Kollektivschuld gestützt, sondern bezogen sich klar und deutlich auf die vermeintliche Schuld von Einzelpersonen.
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Literatur
Paul Reuter, »Nürnberg 1946 — The Trial«, Notre Dame Lawyer, Band XXIII, Nr. 1, November 1947, S. 91.
P. Reuter, Nürnberg 1946 — The Trial, a.a.O., S. 89.
F. A. Hermens, Collective Guilt, Notre Dame Lawyer, Band XXIII, Nr. 4, Mai 1948, S. 431–455.
F. A. Hermem, The Tyrants’ War and the Peoples’ Peace, Chicago 1944, S. 90.
Werner Kaltefleiter, Wirtschaft und Politik in Deutschland, Konjunktur als Bestimmungsfaktor des Parteiensystems, Köln und Opladen 1966, insbesondere S. 37 und 41.
Werner Kaltefleiter, Wirtschaft und Politik in Deutschland, Konjunktur als Bestimmungsfaktor des Parteiensystems, Köln und Opladen 1966, S. 94.
F. A. Hermens, The Tyrants’ War and the Peoples’ Peace, 1966, S. 130–144.
F. A. Hermens, Collective Guilt, 1966, S. 447,
F. A. Hermens, The Tyrants’ War and the Peoples’ Peace, 1966, S. 93.
The IG Farben Trial, Law Reports of Trials of War Criminals, Vol. X, Washington D. C. 1949, S. 39.
Ich verwende den Begriff der Staatsräson in dem Sinne, daß jeder Staat zum Zwecke seiner Erhaltung zu Mitteln greifen muß, deren Verwendung dem gewöhnlichen Bürger versagt ist. Jeder Staat muß z. B. einen Geheimdienst unterhalten. Totalitäre Staaten werden jedoch die Staatsräson anders deuten als Rechtsstaaten. Der weitverbreitete Glaube, die Staatsräson erfordere den Einsatz krimineller Mittel, ist durch nichts verbürgt. Cesare Borgia hat, wie Graf Sforza einmal hervorhob, nicht lange regiert. Das Dritte Reich dauerte ebenfalls keine tausend Jahre. Von Sonderfällen abgesehen, können Methoden, die das Rechtsempfinden verletzen, den Staatsinteressen erheblich schaden. Dies läßt sich leicht am Beispiel der Lüge zeigen. Dem Lügner wird nicht geglaubt. Um wirksam lügen zu können, muß man daher bis zum Augenblick, da eine Lüge unvermeidlich geworden ist, die Wahrheit sprechen. Der Hüter des Staates wird, wenn er seine Aufgabe klar durchdacht hat, eine Verantwortungsethik pflegen, die sich aufs strengste an das Sittengesetz hält. Selbst machtpolitisch besitzt die Moral und die Ethik große Bedeutung: Macht kann nicht nur physisch sein, sondern beruht auf sittlicher und politischer Grundlage. Lediglich wenn ein Staat seine Ziele zu weit spannt oder wenn er der an sich falschen Theorie huldigt, daß Regierungskunst nichts anderes darstelle als einen Kampf zur Machterweiterung, besteht ein Zwang, zu fragwürdigen und extremen Mitteln zu greifen. Ein Staat, der sich an seine Grenzen hält und vernünftige Ziele verfolgt, wird es im Regelfall nicht schwer finden, die Staatsräson auf sittlich vertretbare Weise anzuwenden. (Vgl. F. A. Her-mens, Ethik, Politik und Macht, Frankfurt/Main 1961, insbesondere S. 27–31 und 36 ff.)
Über die fehlende Bereitschaft westlicher Staaten, von Hitler bedrohte deutsche Juden umzusiedeln und über die zionistische Politik, die den Aufbau des neuen Staates als wichtiger ansah als das Retten von Menschenleben vgl. Lewis L. Strauss, Men and Decisions, New York 1962, Kapitel VI.
Benjamin N. Cardozo, The Nature of the Judical Process, New Haven 1921, S. 16–29, S. 47, 96 ff.
Eine ausführliche Behandlung des geschichtlichen und des gegenwärtigen Sinnes von Selbstverteidigung und Selbsterhaltung ist in meiner Studie: Aggression and Self-Defense enthalten. (5. T. Possony, Aggression and Self-Defense, 1966)
Die schweren Unterlassungen in den Rüstungen der Zentralmächte sind im Detail besprochen von Hugo Kerchnawe, Die unzureichende Kriegsrüstung der Mittelmächte als Hauptsache ihrer Niederlage, Wien 1932. Es handelte sich nicht nur um ungenügende Ausschöpfung des Menschenpotentials, sondern auch um Vernachlässigung der technischen Möglichkeiten.
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Possony, S.T. (1968). Das Problem der Schuld. In: Zur Bewältigung der Kriegsschuldfrage. Demokratie und Frieden, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-98563-7_3
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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