Zusammenfassung
Die Länder der Welt leisten in Abhängigkeit von ihrer Entwicklungsstufe unterschiedliche Beiträge zur globalen Umweltbelastung und -übernutzung. Während in den sog. Entwicklungsländern auf einem niedrigen Niveau der Bedürfnisbefriedigung Bevölkerungswachstum und Armut als Ursachen der Übernutzung natürlicher Lebensgrundlagen bezeichnet werden können, wird in den Industrieländern der erreichte Stand der materiellen Produktion bzw. das Ausmaß des Wirtschaftswachstums für das enorme Ausmaß des Ressourcenverbrauchs und des Emissionsausstoßes verantwortlich gemacht. Der von den reicheren Ländern erzielte Lebensstandard wird von den ärmeren Ländern als Vorbild betrachtet, ist aber ökologisch kaum verallgemeinerbar.
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Literatur
Malthus hatte bereits vor 200 Jahren auf die Gefahren der Bevölkerungsentwicklung hingewiesen, obwohl deren absolute Zahl damals erst 1 Milliarde Die Wachstumsrate selbst ist exponentiell, die Verdopplungszeiten verkürzen sich. Als Ursachen für das Bevölkerungswachstum deutete er an, daß die Menschen auf eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage mit hemmungsloser Vermehrung reagierten, so daß eine Verbesserung dieser Lage sittlich fragwürdig sei. (Vgl. die Erläuterung von Malthus bei Schmid 1994, 12f; Birg 1994, 22f; SEF 1993, 115 ).
Vgl. SEF (1993, 109f) nach Angaben des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA).
Die Theorie der demographischen Transformation hingegen beschreibt nur die Wechselwirkung zwischen Armut und Bevölkerungswachstum,sie erklärt keine vorindustriellen Phase sind Geburten- und Sterberate auf gleich hohem Niveau. Die Wachstumsrate der Bevölkerung ist als Differenz zwischen Geburten-und Sterberate jedoch niedrig. In der Transformationsphase führen Fortschritte in der Medizin und Hygiene zu einer sinkenden Sterberate bei zunächst unveränderter Geburtenrate, wodurch die Bevölkerung zunimmt. In der industriellen Phase folgt die Geburtenrate der gesunkenen Sterberate, und die Wachstumsrate sinkt wieder (vgl. Birg 1994, 25).
Als Beleg für diese These kann Höhns (1994,9) Hinweis dienen, daß Familienplanungsprogramme dann erfolgreich waren, wenn sie auch durch eine ent-Bevölkerungswachstum behindert auch das Wachstum des Pro-Kopf-sprechende soziale Entwicklung hinsichtlich Bildung, Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frauen begleitet waren.
Die Weltbank bezeichnet Menschen als arm ab einer Grenze von 420 US-$ Pro-Kopf in Preisen von 1990.
Harborth (1992, 47ff) verdeutlicht einige armutsbedingte, umweltgefährdende Überlebensstrategien: In ariden und semiariden Trockenzonen sowie in Bergregionen und Hügelländern werden Weideland und Ackerboden häufig übernutzt. Auslandsverschuldung führt z.B. zu Exportzwängen, mit denen unter anderem großräumige Abholzungen und Monokulturen für den Agrarexport gerechtfertigt werden. “ (Wöhlcke 1987, 73 )
Die pauschale Verurteilung der Exportgüter trifft den Kern ökologischer Probleme nicht. Der Anbau von Grundnahrungsmitteln ist nicht unbedingt umweltfreundlicher als der von Exportfrüchten, so Gerster (1992, 233).
Vgl. Gerster 1992, 234ff; Pearce/Warford 1993, 319. Pearce/ Warford (1993, 314ff/324) stellen fest, daß unter den Bedingungen einer effizienten Umweltpolitik Strukturanpassungsprogramme die Umwelt sogar verbessern können.
Dies wird z.B. an Luxuskonsum, Fluchtkapital, Rüstung, Mißwirtschaft, Korruption, Energie-und Pestizidsubventionen ersichtlich (vgl. die Kritik auch bei WEB 1992, 15; Steer 1992, 19; Horstmann 1991, 100.
Vgl. Wöhlckes (1993, 35ff/43ff; 1994, 46f) Kritik an dem sogenannten Sachzwang.
So beschreibt z.B. Lutz Wicke (1989, 495) in seinem Standardlehrbuch zur Umweltökonomie „Umweltschutz und/oder Wirtschaftswachstum?“ als „Die zentrale umweltpolitische Frage”.
Die derzeit lebende Menschheit nutzt schon heute 40% der Nettoprimärproduktion (vgl. Goodland 1992, 18f).
So hat Leipert (1989, 114f) festgestellt, daß die defensiven Kosten sich von 1970 bis 1988 von knapp 7% auf 12% des Sozialprodukts erhöht haben und damit dreimal so schnell angestiegen sind wie das BSP in diesem Zeitraum.
Siehe auch die Kritik am Bruttosozialprodukt bei Priewe (1991, 144ff); Wicke (1989, 512ff).
Vgl. auch die Kritik an der idealistischen Spekulation der neoklassischen Ökonomie bei Priewe (1991, 156).
Durch technischen Fortschritt kann die Umweltbelastung vermindert und die Verfügbarkeit von Ressourcen erhöht werden. Aber nicht jede Produktivitätssteigerung ist zwangsläufig umweltschonend, vollständiges Recycling ist kaum möglich und Substitute und nachgeschaltete Vermeidungstechnologien bergen neue Risiken (vgl. Priewe 1991, 155f).
Wirtschaftswachstum ist ein Mittel zur Steigerung des materiellen Lebensstandards. Es ermöglicht die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen, es erleichtert die Einkommensver-und -umverteilung sowie die Finanzierung staatlicher Aufgaben. Zudem stabilisiert es das Wirtschaftssystem und die Gesamtwirtschaft. (vgl. die positiven Effekte des Wirtschaftswachstums bei Wicke (1989, 503ff); Meiner/Glüder (1984); Schneider (1991, 118ff).
Ganz aktuell ist die Allmendeklemme 1995 im Fischereistreit zwischen Kanada und Spanien bzw. der EG deutlich geworden.
Vgl. die Darstellung der Pigouschen Überlegungen zum Entstehen externer Effekte und ihrer Internalisierung bei Cansier (1989, 241 ff).
Der Zusammenhang von Kollektivgutem und externen Effekten ergibt sich daraus, daß die Existenz von Kollektivgutem, von deren Nutzung und Belastung niemand ausgeschlossen werden kann, einerseits die Entstehung solcher externer Effekte ermöglicht, andererseits diese externen Effekte selbst auch den Charakter von öffentlichen Gütern haben können (vgl. Osterkamp/Schneider 1982, 16).
In den vergangenen Jahren wurde zunehmend versucht, die externen Effekte der Umweltbelastung zu berechnen. So hat das Umweltbundesamt in breit angelegten Studien die sozialen Kosten der Luft-, Lärm-, Boden- und Wasserbelastung in Krankheitskosten, Produktivitätsverlusten, Wertminderungen, Ertragsausfällen, Wiederaufbereitungskosten detailliert dargelegt. In einer älteren Studie kam Wicke ( 1989, 96) in der Berechnung der ökologischen Schadensbilanz zu rechenbaren Schäden im Wert von über 103 Mrd. DM pro Jahr.
Er agiert zudem unter der Prämisse, daß sich ein verbindliches Allgemeinwohl erst durch die Aushandlung von Interessen der den Staat tragenden Gruppierungen ergibt (vgl. Bohret 1990, 201). Des weiteren sind sämtliche politischen Aufgaben und Bereiche umwelterheblich, während die Zuständigkeiten auf verschiedene Ebenen, Institutionen und Sachressorts verteilt sind, so daß von einem monolithischen Block nicht ausgegangen werden kann (vgl. Kösters 1993, 174 ).
Vgl. Jänicke (1987, 34) in Anlehnung an Offe.
So sind Untemehmerinteressen in Industriezweigen klein genug zu einer freiwilligen Organisation (vgl. Olson 1992, 141). Die organisierte Verfolgung von Kollektivgütern verlangt hingegen zusätzliche selektive Anreize oder gar Zwangsmitgliedschaft (vgl. ders. 131).
Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (1994, 128ff) geht davon aus, daß die Weltmarktexpansion zwar die natürliche Reaktion auf binnenwirtschaftliche Nachfrage-und Verwertungsprobleme ist, es dabei aber zunehmend weniger um die Erschließung nicht-oder unterentwickelter Länder und Märkte geht.
Die Mängel der Auflagenpolitik sind differenziert nachgewiesen worden durch Wicke (1989, 174ff), Krol (1989, 209ff), Endres (1989, 273ff).
Vgl. die Darstellung bei Babeler (1991, 494); Siebert (1991, 54).
Die Hoffnung auf diese Vorteile der internationalen Arbeitsteilung bekräftigen die Staaten dieser Welt in der Agenda 21, die Handlungsaufträge für eine umweltverträgliche, nachhaltige Entwicklung vorsieht: „Ein offenes, ausgewogenes, sicheres, diskriminierungsfreies und berechenbares multilaterales Handelssystem, das im Einklang mit den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung steht und für eine optimale Verteilung der Weltproduktion ausgehend von den komparativen Vorteilen sorgt, ist für alle Handelspartner von Vorteil.“ (Agenda 21 nach Bunr 1992b, 10, Abs. 2.5).
Siehe zur Bedeutung der Umweltbelastung durch das Transportwesen auch Supper (1993, 410f); Altmann (1992, 234f); Kulessa (1992, 302).
So weist beispielsweise Schmidheiny ( 1992, 110) darauf hin, daß es günstiger ist, die Agrarproduktion dorthin zu verlagern, wo sie aufgrund der natürlichen Gegebenheiten ohne massiven Chemikalien-, Energie- und Landeinsatz und ohne hohe Subventionen möglich ist.
Siehe auch Reiterer 1993, 292; Schmidheiny 1992, 109; Eglin 1993, 306. „Nationen, die keinen Handel treiben, können sich nicht entwickeln. Nationen, die sich wirtschaftlich nicht entwickeln, haben keine Mittel, ihre Umwelt zu schützen, ihre Umweltschäden zu beseitigen und ihre Ressourcen effizient zu nutzen.”
Anderson/Blackhurst (1992a, 5) führen als zusätzlichen positiven ökologischen Effekt an, daß internationale Verflechtung und die hiermit verbundenen Sanktionsmechanismen Kooperationsanreize zwischen souveränen Staaten bieten können.
Feess (1995, 168) macht darauf aufmerksam, daß es bei globalisierten und oligopolistischen Märkten für ein Land wohlfahrtssteigernd sein kann, sich mittels Subventionen bzw. mangelnder Internalisierung einen entscheidenden Weltmarktanteil zu sichern, um so die dort erzielbaren Gewinne aufs Inland zu lenken und hier die Produktionsmengen zu erhöhen.
Siehe auch Blazejcak u.a. (1993, 18f) zum Unterschied zwischen Standortentscheidungen und Wettbewerbsfähigkeit.
Vgl. die statischen Auswirkungen von einseitigen Umweltschutzmaßnahmen bei Brunsrri (1993, 142ff); Jäger (1994, 396ff).
Hingegen erklärt Feess (1995, 170f) die Auswirkungen unterschiedlicher Prozeßstandards auf die Faktormobilität stark vereinfacht mit der alternativen Verwendbarkeit des Sozialproduktes für Zinseinkommen, Lohneinkommen oder Umweltaufwendungen.
Vgl. die grundsätzlichen Auswirkungen von einseitigen Umweltschutzmaßnahmen bei Brunetti (1993, 142ff); Jäger (1994, 396ff.)
Modelleinschränkungen ergeben sich außerdem aufgrund der Möglichkeiten zur Preisüberwälzung, der Handelsbeeinflussung durch Nicht-Preisfaktoren und der Berücksichtigung der Kosten der Umweltschäden. Bei gleicher Rendite werden Investitionen wahrscheinlich eher in ökologisch unbedenklicheren Regionen getätigt (vgl. Weiland 1994, 469). Vgl. auch die Einschränkung der Erklärungskraft des Modells bei Altmann (1992, 227ff); Jäger (1994, 399), Dietrich ( 1994, 349 ).
Kritisch weisen die Forscher des DIW und RWI allerdings auf die Relationen zu anderen Ausgabenarten hin, so wurden im Militärbereich in Deutschland 2,8% ausgegeben (vgl. Blazejcak u.a. 1993, 36).
Siehe Beispiele für betriebswirtschaftlich rentable Umweltschutzmaßnahmen bei Blazejcak u.a. (1993, 130ff).
Indizien dafür, daß sich Verknappungen der Umwelt ergeben, sind Befragungen der EG-Kommission in Europäischen Ländern, wonach der Anteil der Befragten, die dem Umweltschutz hohe Bedeutung zumißt, sich in den letzten Jahren in allen Ländern (mit Ausnahme des gleich gebliebenen Anteils in Italien und Griechenland) deutlich erhöht hat (vgl. Blazeicak u.a. 1993, 155).
Siehe die Problematik der Produktstandards im internationalen Handel auch bei Retterer (1993, 294f); Supper (1993, 408).
Siehe auch Blazergak u.a. (1993), Altmann (1992, 232); Reiterer (1993, 298).
Unterschätzt werden insbesondere die Kostenbelastung durch Aufwertungen infolge chronischer Handelsbilanzüberschüsse. Steigt die Nachfrage nach umweltschädlichen Produkte aus Land A im Vergleich zu den umweltfreundlicher produzierten aus Land B, wird die Währung von A aufgewertet, die von B abgewertet, so daß die internationale Konkurrenzfähigkeit unabhängig von absoluten Produktionskosten ist (vgl. Feess 1995, 170; Jäger 1994, 401 ).
Diese Aussage bestätigend, stand das Motiv „Erschließung neuer Märkte“ nach einer Unternehmensbefragung im Jahre 1989 auf Platz eins der Begründung von 1114 deutschen Unternehmen für auswärtige Direktinvestitionen (vgl. Horstmann 1992, 475).
Porter (1986, 42f) weist nach, daß die traditionellen Ursprünge komparativer Vorteile zunehmend unzuverlässiger werden und sich schnell verlagern können. Dementsprechend fordert Weizsäcker u.a. (1994, 76f), die Qualität der immobilen Faktoren Arbeitnehmer, Infrastruktur und der Umwelt zu verbessern, da eine Standortpolitik in hochmobile Produktionsfaktoren aufgrund ihrer hohen Verlagerungsfähigkeit wenig nützt.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Weber, B. (1998). Ursachen von Umweltbelastung und -übernutzung im Rahmen der Weltwirtschaft. In: Nachhaltige Entwicklung und Weltwirtschaftsordnung. Analysen, vol 62. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95126-7_2
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