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Über die Geschichte des Majoritätsprinzipes

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An den Grenzen der Mehrheitsdemokratie
  • 205 Accesses

Zusammenfassung

Zu keiner Zeit vielleicht hat das Majoritätsprinzip eine so gewaltige Rolle gespielt wie in der Gegenwart. Bei staatlichen und kommunalen Wahlen, bei den Beschlußfassungen von Parlamenten und Gemeindevertretungen, in administrativen und richterlichen Kollegien, in allen öffentlichen und privaten Körperschaften, in Vereinen für wirtschaftliche wie für ideale Zwecke entscheidet Stimmenmehrheit. Überall gilt, was die Mehrheit will, als Ausdruck des Gemeinwillens. Durch ein Rechenexempel wird festgestellt, was alle Beteiligten als für sie bindend anerkennen müssen, mag es sich nun um 16 Millionen Stimmender, wie jüngst bei der amerikanischen Präsidentenwahl, oder mag es sich um die Abstimmung in einem Dreimännerkollegium handeln. Erst unterhalb der Dreizahl versagt dieses Allheilmittel für Meinungsverschiedenheiten. In der Gemeinschaft zu Zweien gibt es keine Majorität. Die innigste aller menschlichen Verbindungen, die Ehe, muß sich ohne Abstimmungen behelfen.

Rede, gehalten auf dem Internationalen Historikerkongreß zu London im April 1913. Wiederabdruck aus: Schmollers Jahrbuch, 39. Jg., 1915, Heft 2, S. 565 ff.

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Anmerkungen

  1. Eindringlich erörtert das Problem Simmel,Soziologie, 1908, S. 186 bis 197 (Exkurs über die Überstimmung). Eine Erklärung, die aber in den sinnlichen Vorstellungen primitiver Zeitalter stecken bleibt, versucht auch Bolze,Der Begriff der juristischen Person, 1879, S. 109 ff.

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  2. Germ. c. 11: sin placuit, frameas concutiunt; honoratissimum assensus genueas est armis laudare. Vgl. Hist. v. 17. Die Waffenrührung begegnet auch später bei den Franken als besonders feierliche Form des Volksbeschlusses: Zusammenschlagen der Schilde und Beifallsruf bei der Wahl Chlodwigs durch die ripuarischen Franken nach Gregor Tur. II. 40; vocibusque simul et armorum plausu sententiam ducis firmaverunt, nach Annales Mettenses z. Z. 690, MG. S.S. I. 318. Bei den nordischen Völkern als vâpnatak bei Gesetzgebungsakten und Königsannahme. — Doch war, wie sich schon aus Germ. c. 11 ergibt, der Waffenschlag nicht die einzige Form der Zustimmung. Es genügte die acclamatio. Bei den deutschen Königswahlen wird Emporheben der Hände neben dem Beifallsruf erwähnt; Widukind,Res gest. Sax. I. 26, II. 1. Also, wie dies dem alten Rechtsformalismus entspricht, Billigung mit Hand und Mund.

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  3. Noch der Sachsensp., III. 57 § 2, fordert Einigung aller Fürsten über die Wahl als Grundlage des formellen Kurspruchs: „sven die vorsten alle to koninge erwelt, den solen sie (die Kurfürsten) aller erst bi namen kiesen.“

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  4. Für die kurfürstliche Genehmigung königlicher Veräußerungen hatte schon ein Reichsweistum von 1281 (MG. Const. III. 290) das Mehrheitsprinzip anerkannt. Bei der Königswahl wurde zuerst in der Const. Lud. Licet juris vom 6. Aug. 1338 die Beschlußfähigkeit einer Mehrheit von vier Kurfürsten festgesetzt, mit dem Erfordernis der Einhelligkeit der Versammelten aber noch nicht gebrochen.

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  5. So bis 1292 in Aragonien.

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  6. Für die Aufnahme neuer Genossen vgl. mein Genossenschaftsr. II. 232, Anm. 156, Maurer, Einl. 141 ff., Markenv. 112 ff., und dazu über das ursprüngliche Recht, wie es der richtig verstandene Tit. leg. Sal. de migrantibus bekundet, mein Genossenschaftsr. I. 76 ff. Für Verfügungen über die Allmende mein Genossenschaftsr. II. 232, Anm. 153, 158–160, Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter I. 310, Anm. 6; insbesondere noch die Kundschaft von 1487, bei Grimm, Weist. I. 400. Für Gestattung der Rodung nach Zeugenaussage von 1560, bei Landau, Territorien, S. 117, Anm. 1. — Dazu vgl. man Pollok and Maitland, I. 684.

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  7. Ausdrücklich heißt es schon im Sachsensp. Il. 55: „Svat so die burmester schept des dorpes vromen mit wilkore der merren menie der bure, dat ne mach die minre deil nicht wederreden.“ Vgl. Schwabensp. (L.) 214 (mit dem Zusatz: „daß selbe recht sol man halden in den stetten”). Rupr. Freis. I. 142. Dazu zahlreiche Belege aus den Weistümern in meinem Genossenschaftsr. II. 220 ff., 478 ff. Vgl. auch Maurer,Markenv. S. 359 ff., Dorfv. I. 220, II. 86 ff.; Thudichum,Gau. u. Markv. S. 315.

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  8. Vgl. mein Genossenschaftsr. II. 483, 501 ff.

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  9. Eingehend handelt von dem Stimmenverhältnis beim Wahrspruch Brunner,Entstehung der Schwurgerichte, S. 363–371.

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  10. Brunner,a. a. O., S. 365.

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  11. Pollok and Maitland,II. 625 ff.

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  12. Brunner,a. a. O., S. 367 ff.

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  13. Sachsensp. III. 21 § 1 a.1.: „Sve de merren mennie an me getüge hevet, die behalt dat gut.

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  14. Zusammenstellung zahlreicher Belegstellen in meinem Genossenschaftsr. II. 482 —483.

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  15. W. V. Trense bei Grimm, I. 810.

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  16. Bisweilen wird die Erfüllung der Folgepflicht im voraus förmlich versprochen, ein solches Versprechen auch in den Schöffeneid aufgenommen; mein Genossenschaftsr. II. 484, Anm. 25–26.

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  17. Vgl. mein Genossenschaftsr. H. 483, Anm. 23.

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  18. Vor allem im Sachsensp. II. a. 12, mit dem aber die anderen sächsischen und im Kern auch die süddeutschen Quellen übereinstimmen. Vgl. über die hier in Betracht kommenden Gesichtspunkte mein Genossenschaftsr. II. 483 ff.

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  19. Sachsensp. II. 12 § 8 und I. 18 § 3 und Lehnr. 69 § 3. Jeder Besiegte muß dem Richter Wette und dem Gegner Buße zahlen.

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  20. Hiervon handelt mein Genossenschaftsr. II. 578 ff., 829 ff.

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  21. Über die Lehre der Glossatoren vgl. mein Genossenschaftsr. III. 220 ff. In der Gl. ord. zu I. 7 § 1 D. h.t.v. non debetur (ebend. Anm 107) heißt es noch: universitas nihil aliud est quam singuli homines qui ibi sunt.

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  22. Mein Genossenschaftsr. III. 391 ff.

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  23. Die Anfänge schon bei Azo in der Glosse; a. a.O. S. 222, Anm. 108. Über die spätere Jurisprudenz S. 393, Anm. 263, S. 445 ff., 472 ff.

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  24. A. a. O., S. 312 ff.

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  25. A.a.O., S. 323 ff.

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  26. Ausspruch von Innocenz IV. ebenda S. 324, Anm. 246.

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  27. Über Ursprung und Entfaltung dieser Lehre a. a. O., S. 324 ff., 175. Schmollers Jahrbuch XXXIX 2.

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  28. Vgl. die Nachweise a. a. O., S. 394, Anm. 169, S. 475, Anm. 284.

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  29. A. a. O., S. 475. Im kirchlichen Recht wurde das Prinzip der major et sanior pars niemals aufgegeben, allmählich aber zurückgedrängt. Mit der Zulassung geheimer Abstimmungen wurde es praktisch undurchführbar.

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  30. Vgl. die Stellen aus Weistümern in meinem Genossenschaftsr. H. 481.

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  31. Mein Genossenschaftsr. II. 481, Anm. 15.

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  32. A. a. O. III. 320 ff., 467 ff. Die Folge ist, daß jus universitas recidit in ceteros vel in unum. Man sprach von einer „magna controversia“ zwischen Legisten und Kanonisten.

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  33. A. a. O., S. 297 ff., wo die wichtigsten Stellen aus Innocenz IV., Joh. Anbrege, Antonius de Butrio und Panormitanus wiedergegeben sind: dazu S. 445 ff., 472.

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  34. A. a. O., S. 219 ff., 390 ff., 461 ff., 477 ff.

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  35. A. a. O., S. 222 ff., 394 ff., 478 ff.

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  36. A. a.O., S. 234 ff., 402 ff., 491 ff.

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  37. Über den kanonistischen Ursprung der Theorie der persona ficta und ihre Bedeutung für die Lehre vom körperschaftlichen Wollen und Handeln vgl. a. a.O., S. 277 ff., 308 ff., 342 ff.

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  38. A. a. O., S. 363 ff., 390 ff., 402 ff., 425 ff., 461 ff., 491 ff. Die Verneinung der Deliktsfähigkeit der Korporationen drang nicht einmal bei den Kanonisten durch; a.a.O., S. 343.

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  39. Grotius,De j. b. et p. ii. c. 5, § 17. In den früheren rechtsphilosophischen Erörterungen über den Staat und die anderen publizistischen Verbände wurde die Geltung des Majoritätsprinzips nebst den sonstigen Regeln über Korporationsbeschlüsse in Anlehnung an die romanistisch-kanonistische Theorie für jede einmal konstituierte universi-tas und somit auch für die Volksgesamtheit ohne weiteres angenommen; vgl. mein Genossenschaftsr. III. 599 ff., meine Schrift über Johannes Althusius, S. 85, Anm. 30, S. 138, Anm. 48, S. 215, Anm. 14.

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  40. Hobbes,De cive, c. 6, §§ 1–2; Locke,II. c. 8, §§ 96–99; U. Huber,De jure civ., 1. 2, c. 3, § 27 ff., II. 3, c. 1, §§ 21–22, c. 2, §§ 3–4; Pufendorf,Elem. j. b. 12, § 27, Jus nat. et gent. VII. c. 2, §§ 15–19, c. 5, § 6; De officio civis, II. c. 6, § 12; Thomasius,Inst. jur. div. III. c. 6, § 64; Wolff,Inst. §§ 841–845; Nettelbladt,Syst. § 338; Achenwall,Jus nat. II. §§ 24–28. Besonders ausführlich Ickstatt,De jure majorum in conclusis civitatis communibus formandis. Opusc. II. op. 1, insbes. c. 1, §§ 65–68. Vgl. auch Gundling,Diss. de universitate delinquente, §§ 6–8.

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  41. Rousseau,Contr. soc. IV. c. 2. Vgl. auch Sieyès, I. 144 ff., 167, 207 ff.

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  42. Kant,Werke, VI. 328 ff.

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  43. So besonders Ickstatt, a. a. O.,der ausführt, bei motiva disparia müßten die motiva fortiora entscheiden, der Maßstab könne aber nur ein äußerer sein.

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  44. Daries,Inst. jurispr. univ. §§ 750–762 (an sich ist Einstimmigkeit nötig, aber es besteht für die Minderheit eine obligatio perfecta zum Beitritt). So meint auch Pufendorf,wer aus bloßer pertinacia sich seinen consensus vorbehalte, hindere den Versammlungsbeschluß nicht, dieser binde ihn vielmehr kraft der allgemeinen Vorschrift, ut pars se conformet ad bonum totius.

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  45. A. L. Schlözer,Allg. Staatsr., S. 76 ff., Chr. v. Schlözer,De jure suffragii in societate aequali, Göttingen 1795, §§ 9–14.

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  46. Fichte,Naturrecht, Einl. Nr. III. i. 198, 217 ff., 225 ff. (Werke, III. 16, 164, 178 ff., 184 ff.).

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Bernd Guggenberger Claus Offe

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v. Gierke, O. (1984). Über die Geschichte des Majoritätsprinzipes. In: Guggenberger, B., Offe, C. (eds) An den Grenzen der Mehrheitsdemokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91542-9_2

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