Transformation als Informalisierung: Die Norm wird nicht erfüllt

Zusammenfassung

Ulrich Albrecht und ich haben uns in einer Reihe von gemeinsamen Lehrveranstaltungen und innerhalb eines Forschungsschwerpunktes seit Jahren mit Fragen der Transformation in Mittel- und Osteuropa (MOE) und der früheren Sowjetunion (FSU) beschäftigt. Immer mehr wurden wir in unseren Diskussionen, auch angeregt durch Studierende, von den traditionellen Bahnen der „Transformationsforschung“ fortgelenkt zur Untersuchung jener Probleme, die als „Informalisierung“ bezeichnet werden. Seit den 70er Jahren wird eine umfassende Debatte über informelle Arbeit in den Entwicklungsländern, über die Schattenökonomie oder Schwarzarbeit in den Industrieländern geführt. Auch Politikprozesse werden als informell bezeichnet, wenn sie legitimierte Verfahren nicht einhalten, an formellen Institutionen vorbeioder in Konstellationen von Akteuren ablaufen, die durch private und nicht durch öffentliche Interessen zusammenkommen und dabei eine nicht legitimierte Macht entfalten (von Alemann 1994; Faust 2000). Dabei spielen korrupte Praktiken eine wichtige Rolle (vgl. Albrecht 1998). Freilich sind die Begriffe der informellen Arbeit, der „Schattenpolitik“ (von Alemann 1994) etc. keineswegs zufriedenstellend geklärt; Ulrich Albrecht spricht von „Hilfsbegriffen“, um die „Füllseln von Nischen im Wirtschaftskörper“ zu erfassen (Albrecht 1998:179; ähnlich Boris 1996). Manchmal werden sie synonym verwendet, manchmal hingegen bezeichnen sie verschiedene Sachverhalte. Empirische Daten über informelle Arbeit gibt es inzwischen zur Genüge (insbesondere seitens der International Labour Organization (ILO)), für Entwicklungsländer (z.B. Tokman 1999), für die entwickelten Länder Europas (z.B. Perulli 2000; Schneider/Enste 2000), inzwischen auch für MOE und Länder der FSU (z.B. Feld/Kirchgässner 1995).