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Schildkrötengeometrie: Eine Mathematik, die fürs Lernen gemacht ist

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Kinder, Computer und Neues Lernen
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Zusammenfassung

Schildkrötengeometrie ist ein anderer Stil der Geometrie, wie auch Euklids axiomatischer Stil und Descartes’ analytischer Stil sich unterscheiden. Euklids Stil ist ein logischer. Descartes’ Stil ist ein algebraischer. Schildkrötengeometrie ist ein algorithmisierter Stil der Geometrie.

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Anmerkungen und kommentierte Bibliographie

  1. Da dieses Buch für Leser geschrieben ist, die vielleicht nicht viel von Mathematik verstehen, sind Bezüge auf spezielle Mathematik so eingeschränkt wie möglich. Die folgenden Bemerkungen werden der Diskussion für mathematisch gebildete Leser mehr Substanz verleihen. Der isomorphe Charakter verschiedener Schildkrötensysteme ist eines der vielen Beispiele für «fortgeschrittene» mathematische Ideen, die in der Schildkrötengeometrie in Formen auftreten, die sowohl konkret als auch nützlich sind. Unter diesen sind Konzepte aus der «Infinitesimalrechnung» besonders wichtig. Beispiel 1: Integration, Schildkrötengeometrie bereitet den Weg für das Konzept des Kurvenintegrals durch das häufige Auftreten von Situationen, in denen die Schildkröte eine Größe integrieren muß, während sie sich fortbewegt. Oft treffen Kinder das erste Mal darauf, wenn die Notwendigkeit entsteht, daß die Schildkröte «behält», wieviel sie sich gedreht hat oder wie weit sie gegangen ist. Ein hervorragendes Schildkrötenprojekt ist, Tropismen zu simulieren, die ein Tier veranlassen würden, Bedingungen wie Wärme oder Licht oder Futterkonzentration zu suchen, die dargestellt werden als ein Feld in Form einer numerischen Funktion der Lage. Es ist ganz natürlich, sich den Vergleich zweier Algorithmen vorzustellen als Integration der Feldgröße entlang dem Weg der Schildkröte. Eine einfache Version wird erreicht, indem man in ein Programm eine einzige Zeile einfügt wie: NENNE (TOTAL 4- FELD) «TOTAL», was bedeutet: Nimm die zuvor «TOTAL» genannte Größe, füge ihr die Größe FELD hinzu und nenne das Ergebnis «TOTAL». Diese Version hat einen «Bug», wenn die Schildkrötenschritte zu groß oder von variabler Länge sind. Durch das Debugging solcher Probleme macht der Schüler eine sinnvolle Progression zu einem verfeinerten Konzept des Integrals mit. Die frühe Einführung einfacher Versionen der Integration entlang einem Weg illustriert ein häufig auftretendes Phänomen der Umkehrung der anscheinend «natürlichen» pädagogischen Reihenfolge. Im traditionellen Curriculum ist Integration längs Kurven ein fortgeschrittenes Thema, zu dem Schüler kommen, nachdem sie jahrelang ermuntert worden sind, das bestimmte Integral als die Fläche unter einer Kurve anzusehen, ein Konzept, das in einer mathematischen Welt der Bleistift-und-Papier-Technik konkreter schien. Aber es bewirkt die Entwicklung einer irreführenden Vorstellung der Integration, die bei vielen Schülern das Gefühl hervorruft, verloren zu sein, wenn sie auf Integrale treffen, bei denen die Darstellung als Fläche unter einer Kurve völlig unangemessen ist. Beispiel 2: Differentialgleichung. Die «Berührungssensorschildkröte (vgl. Einleitung, Anm. 4) benutzt eine Methode, die vielen Kindern enorm leistungsstark erscheint. Ein typischer erster Ansatz, eine Schildkröte darauf zu programmieren, einen Gegenstand zu umgehen, ist, den Gegenstand auszumessen und seine Maße ins Programm einzubauen. Wenn also der Gegenstand ein Quadrat mit der Seitenlänge 150 Schildkrötenschritte ist, beinhaltet das Programm die Instruktion VORWÄRTS 150. Selbst wenn er funktioniert (was selten der Fall ist), fehlt es diesem Ansatz an Allgemeingültigkeit. Das in einer früheren Anmerkung zitierte Programm funktioniert, indem es winzige Schritte macht, die nur von Bedingungen in unmittelbarer Nähe der Schildkröte abhängen. Anstelle der «globalen» Operation VORWÄRTS 150 benutzt es nur «lokale» Operationen wie VORWÄRTS 1. Dabei erfaßt es einen wesentlichen Kern der Vorstellung der Differentialgleichung. Ich habe Grundschulkinder gesehen, die klar verstanden, warum Differentialgleichungen die natürliche Form von Bewegungsgesetzen sind. Hier sehen wir eine weitere dramatische pädagogische Umkehrung: Die Leistungsfähigkeit der Differentialgleichung wird vor dem analytischen Formalismus der Differentialrechnung verstanden. Vieles von dem, was über Schildkrötenversionen mathematischer Ideen bekannt ist, wird zusammengefaßt in H. Abelson/A. diSessa, Turtle Geometry: Computation as a Medium for Exploring Mathematics (Cambridge: MIT Press, im Druck befindlich). Beispiel 3: Topologische Invariante. Man lasse eine Schildkröte um einen Gegenstand herumkriechen und ihre Drehungen «zusammenzählen», während sie kriecht: Rechtsdrehungen zählen als positiv, Linksdrehungen als negativ. Das Ergebnis wird unabhängig von der Form des Gegenstandes 360° sein. Wir werden sehen, daß dieser «Vollständige-Schildkrötenreise-Satz» sowohl nützlich als auch wunderbar ist.

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  2. Der Ausdruck «ego-syntonisch» wird von Freud benutzt. Es ist ein «Terminus, der benutzt wird, um Instinkte oder Ideen zu beschreiben, die vom Ego akzeptiert werden können: d.h. sie können vereinbart werden mit der Integrität des Egos und mit seinen Anforderungen»; vgl. J. Leplanche/J.-B. Pontalis, The Language of Psychoanalysis (New York: Norton, 1973).

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  3. G. Polya, How to Solve It (Garden City, New York: Double-day-Anchor, 1954); Induktion und Analogie in der Mathematik (Basel, Birkhäuser, 2. Aufl., 1969); Typen und Strukturen plausibler Folgerung (Basel, Birkhäuser, 2. Aufl., 1975).

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  4. Normale Definitionen der Krümmung sehen komplexer aus, sind dieser jedoch gleichwertig. Dadurch haben wir ein weiteres Beispiel für ein «fortgeschrittenes» Konzept in begrifflicher Form.

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  5. Wenn Drehungen nach rechts und links möglich sind, muß eine Richtung als negativ behandelt werden. «Grenze der (zusammenhängenden) Fläche» ist ein einfacher Ausdruck für «einfache geschlossene Kurve». Wenn die Beschränkung aufgehoben wird, muß die Summe der Drehungen immer noch ein ganzzahliges Vielfaches von 360 sein.

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Papert, S. (1985). Schildkrötengeometrie: Eine Mathematik, die fürs Lernen gemacht ist. In: Kinder, Computer und Neues Lernen. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6605-7_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-0348-6605-7_4

  • Publisher Name: Birkhäuser, Basel

  • Print ISBN: 978-3-7643-1693-8

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