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Beobachtungen von Wachstums- und Schmelzvorgängen an Kristallen aus isotaktischem Polystyrol (iPS)

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Anwendungsbezogene physikalische Charakterisierung von Polymeren, insbesondere im festen Zustand

Part of the book series: Progress in Colloid & Polymer Science ((PROGCOLLOID,volume 66))

Zusammenfassung

Das lamellare Dickenwachstum und das Aufschmelzen von Kristallamellen in Proben aus isotaktischem Polystyrol (iPS) wurden elektronenmikroskopisch verfolgt. Die Untersuchungen wurden an ca. 2000 Å dicken Filmen durchgeführt (1). Abb. 1 zeigt die elektronenmikroskopische Durchstrahlungsaufnahme (Defokussierungskontrast) einer 24 h bei 130 °C kristallisierten Probe. Schnelles Aufheizen der Probe (102 °C sec−1) auf 190 °C resultiert in einem vollständigen Aufschmelzen der Kristalle. Hält man die Probe bei 190 °C, so beginnt eine von der Ausgangsstruktur unabhängige, neue Kristallisation (Abb. 2). Bei langsamen Aufheizraten (2 · 10−2 °C sec−1) bleibt das Erscheinungsbild der Ausgangsstruktur erhalten (Abb. 3), die einzelnen Kristallamellen aber werden dicker. Aus diesen Beobachtungen ist klar ersichtlich, daß lamellares Dickenwachstum sowohl über ein Aufschmelzen und eine anschließende Neukristallisation als auch über eine Reorganisation innerhalb des Kristalles erfolgen kann (2–6). Beide Prozesse können konkurrierend auftreten (Abb. 4).

Der Schmelzvorgang in Einzellamellen wurde an Proben, die bei 200 °C kristallisiert wurden (Abb. 5 a) untersucht. Der Schmelzprozeß beginnt an mehreren Stellen der Lamelle, bevorzugt an elastisch gebogenen Teilen (Abb. 4, 5 a). Die lokale Erhöhung der freien Energie durch die elastische Verspannung des Gitters ist nicht ausreichend, um eine merkliche Schmelzpunktsdepression zu bewirken. Eine mögliche Erklärung ist die lokale Behinderung des Dickenwachstums: der Reorganisationsprozeß ist an Stellen lokaler Krümmung erschwert, da ein Aufwachsen neuer Atomlagen eine immer stärkere Verspannung des Gitters verlangt. Eine endliche langsame Aufheizgeschwindigkeit führt statt zu einer Reorganisation zum Aufschmelzen. Der Grund für das Aufschmelzen liegt also in der geringeren Beweglichkeit von (001)-Grenzflächen in gebogenen Lamellenstücken. Aber auch gerade Teilstücke von Kristallamellen können ohne sichtbare Ursache an verschiedenen Stellen zu schmelzen beginnen (Abb. 5 b). In diesem Falle kann die Ursache ebenfalls eine lokale Schwankung der Beweglichkeit der (001)-Grenzflächen sein. Die Schwankungen können durch Anlagerung von Verunreinigungen (z. B. ataktische oder niedermolekulare Anteile) bzw. lokale Änderungen der Grenzflächenstruktur (Kettenenden, unterschiedliche Konformation von Falten usw.) bewirkt werden. Die Behauptung, daß die lokale Beweglichkeit der (001)-Grenzflächen den Schmelzbeginn von Kristallamellen bestimmt, wird durch folgende Beobachtung untermauert: eine Kristalllamelle, die zwischen zwei eng benachbarten Lamellen eingelagert ist und deren (001)-Grenzfläche somit eine andere Struktur haben muß als die von isolierten Lamellen, schmilzt früher als isolierte Lamellen (Abb. 5 c). Die Beweglichkeit, Struktur und Energie von Grenzflächen sind eng miteinander gekoppelte Größen. Die Untersuchung der Beweglichkeit von (001)-Grenzflächen ist ein Hilfsmittel, um die kristallin-amorphen Grenzflächen von Polymerkristallen zu studieren.

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E. W. Fischer F. H. Müller R. Bonart

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© 1979 Dr. Dietrich Steinkopff Verlag GmbH & Co. KG

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Petermann, J., Gohil, R.M. (1979). Beobachtungen von Wachstums- und Schmelzvorgängen an Kristallen aus isotaktischem Polystyrol (iPS). In: Fischer, E.W., Müller, F.H., Bonart, R. (eds) Anwendungsbezogene physikalische Charakterisierung von Polymeren, insbesondere im festen Zustand. Progress in Colloid & Polymer Science, vol 66. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/BFb0117334

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/BFb0117334

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  • Publisher Name: Steinkopff

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