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Immanuel Kants Bürgerlicher Reformismus

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Theory and Politics / Theorie und Politik

Zusammenfassung

Im Zusammenhang mit ihrer radikalen Kritik des bürgerlichen Erbes der Gegenwart, haben Sprecher der „neuen Linken” auch Immanuel Kant verurteilt und ihn des „ostpreussischen Provinzialismus” geziehen. Der Vorwurf hält einer Nachprüfung nicht stand. Vielmehr erweist sich der politische Denker Kant als ein höchst „listiger” bürgerlicher Reformist, der durchaus auf der Höhe des Bewusstseins seiner Zeit stand. Den Terminus „bürgerlicher Reformismus” führe ich hier ein, um damit eine politische Haltung zu kennzeichnen, die — ähnlich wie der sozialdemokratische Reformismus seit den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts — durch allmähliche Reformen — nicht durch plötzliche und gewaltsame Revolution — das für richtig und notwendig gehaltene (politische) Ziel herbeiführen möchte. Im Unterschied zum „proletarischen” oder „sozialistischen” Reformismus ist das Ziel des bürgerlichen Reformismus lediglich ein politisches: die Herstellung einer Demokratie [- Kant spricht noch von „Republik”], in der Rechtsgleichheit und Sicherheit der Individuen garantiert sind.

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Literatur

  1. Zit. nach Immanuel Kant, sein Leben in Darstellungen von Zeitgenossen, die Biographien von L. E. Borowski, R. B. Jachmann und A. Ch. Wasianski, Berlin o.J. S. 153.

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  2. Kant , Kritik der Urteilskraft, Leipzig, 1913 (Ed. Meiner) S. 238 Fussnote zu § 65.

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  3. Kant , die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft, Berlin, 1869, S 226, Anmerkung zu Viertes Stück, 2. Teil, § 4.

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  4. Kant , Kleinere Schriften zur Logik und Metaphysik, 3. Abteilung 2. Aufl., Leipzig, 1905, S 125 (Streit der Fakultäten, 2. Abschnitt, Erneuerte Frage, 2.)

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  5. Den Brief Friedrich Wilhelms II und Wöllners hat Kant in seiner Vorrede zum „Streit der Fakultäten” 1798 zusammen mit seiner „alleruntertänigsten Antwort” abgedruckt. Vgl. auch Karl Vorländer, Immanuel Kants Leben, Leipzig, 1911, S. 183 f.

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  6. Kant , „Der Streit der Fakultäten”, in Kleinere Schriften zur Logik und Metaphysik, 2. Aufl. 4. Abtlg., S. 132.

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  7. Kant , „Zum ewigen Frieden”, in Kleinere geschichtsphilosophische Schriften, Leipzig 1912, S. 126.

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  8. a.a.O., S. 132.

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  9. Kant , „Über den Gemeinspruch…,” in Kleinere geschichtsphilosophische Schriften Leipzig 1913. S. 92–93. Vgl. auch die ausführlichere Stelle in der Metaphysik der Sitten §46.

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  10. Kant, Über den Gemeinspruch, a.a.O., S. 93.

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  11. Kant , „Fragmente aus dem Nachlasse”, in vermischte Schriften und Briefwechsel, Berlin 1873 S 319.

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  12. In unmittelbarer Nachbarschaft findet sich das berühmte Bekenntnis zu Rousseau: „Rousseau hat mich zurecht gebracht… ich lernte die Menschen ehren und würde mich viel unnützer finden als die gemeinen Arbeiter, wenn ich nicht glaubte, dass diese Betrachtung allen übrigen einen Wert geben könnte, die Rechte der Menschheit herzustellen” (a.a.O., S. 322).

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  13. Kant, Metaphysik der Sitten, § 42.

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  14. a.a.O., §45, S. 135.

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  15. Kant, „Zum ewigen Frieden”, in Kl. Schriften usw., S. 126.

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  16. Kant , „Über die Buchmacherei, zwei Briefe an Herrn Friedrich Nicolai”, in Kleinere Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik, Leipzig, 1913, S. 211.

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  17. Kant , Metaphysik der Sitten, § 46, Leipzig, 1907, S. 138.

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  18. a.a.O., § 48, S. 139.

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  19. a.a.O., § 49, S. 140.

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  20. a.a.O., Allgemeine Anmerkung A., S. 142.

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  21. Vgl. jedoch den in der Literatur umstrittenen Widerstands-Artikel der Hessischen Verfassung (Art. 147): „Widerstand gegen verfassungswidrig ausgeübte öffentliche Gewalt ist jedermanns Pflicht”.

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  22. Thomas Hobbes, Leviathan, Kap. 18. ed. I. Fetscher, Neuwied 1966. Wenn... einer oder einige behaupten, der Souverän habe den bei seiner Einsetzung geschlossenen Vertrag gebrochen, und andere… einen solchen Vertragsbruch bestreiten, so gibt es in diesem Falle keinen Richter zur Entscheidung des Streitfalles. Deshalb läuft dies wieder auf das Schwert hinaus… im Gegensatz zu der Absicht, die sie (die Vertragschliessenden) bei der Einsetzung verfolgten… (S. 137). Vgl. VI, S. 154.

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  23. Kant, Metaphysik der Sitten, a.a.O., S. 143.

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  24. a.a.O., S. 146.

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  25. a.a.O., S. 147. Vgl. auch Hobbes’ Auffassung, dass mit der Entstehung einer neuen souveränen Gewalt (durch Eroberung oder Revolution) die Gehorsamsverpflichtung der von dieser Gewalt effektiv geschützten Bürger auf diese neue Gewalt übergeht. Leviathan „Rückblick und Schluss”, a.a.O., S. 536 f.

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  26. Kant, Metaphysik der Sitten, § 52 a.a.O., S. 171.

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  27. „Unter allen Greueln einer Staatsumwälzung durch Aufruhr ist selbst die Ermordung des Monarchen noch nicht das Ärgste; denn noch kann man sich vorstellen, sie geschehe vom Volk aus Furcht, er könne, wenn er am Leben bleibt, sich wieder ermannen und jenes die verdienten Strafe fühlen lassen, und solle also nicht eine Verfügung der Strafgerechtigkeit, sondern bloss der Selbsterhaltung sein. Die formale Hinrichtung ist es, was die mit der Idee des Menschenrechts erfüllte Seele mit einem Schaudern ergreift, das man wiederholent-lich fühlt, so bald und so oft man sich diesen Auftritt denkt, wie das Schicksal Karls I. oder Ludwigs XVI… Es wird als Verbrechen, was ewig bleibt und nie ausgetilgt werden kann (crimen immortale, inexpiable), angesehen...” (Metaphysik der Sitten, Allg. Anmerkung, a.a.O., S. 145, Fussnote).

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  28. In den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts kursierten im progressiven Deutschland Gerüchte, Kant sei vom Abbé Sièyes gebeten worden, das französische „Konstitutions-Gesetz zu untersuchen, das Unnütze wegzustreichen und das Bessere anzugeben” (Brief von Johann Plücker an Kant, 15.3.1796). Andere behaupteten sogar, man habe ihn „als Gesetzgeber, als Stifter der Ruhe und des Friedens nach Frankreich gerufen und habe dazu von seinem König die Erlaubnis erhalten” (M. Reuss an Kant, 29.3. 1796). Verbürgt ist freilich lediglich ein Briefwechsel Kants mit dem Chef de Bureau im Comité de Salut Public Théremin, der sich um Herstellung eines Kontakts zwischen Siyès und Kant bemühte. Immerhin erregte Kants Philosophie in der Zeit des Directoire Aufmerksamkeit in Frankreich und Wilhelm von Humboldt wurde aufgefordert, im Institut (1797/98) einen Bericht über das neue philosophische „System” zu geben. Vgl. Vorländer, a.a.O., S. 174 f.

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  29. Kant, Metaphysik der Sitten, Allg. Anmerkung B., a.a.O., S. 150.

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  30. a.a.O., S. 156.

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  31. a.a.O., S. 157.

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  32. a.a.O., S. 169 (§52).

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  33. In der Schrift „zum ewigen Frieden” wird der repräsentative Charakter der Kantschen Republik noch nachdrücklicher hervorgehoben: „Alle Regierungsform nämlich, die nicht repräsentativ ist, ist eigentlich eine Unform, weil der Gesetzgeber in ein und derselben Person zugleich Vollstrecker seines Willens… sein kann.” (Kleinere Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik, ed. Vorländer, S. 129). Weiter heisst es vom „repräsentativen System,” dass allein „in ihm eine republikanische Regierungsart möglich”, ohne es „die Verfassung sei, welche sie wolle” die Regierungsart notwendig „despotisch und gewalttätig” sein müsse. Unter einer repräsentativen Verfassung versteht Kant offenbar eine solche in der ein Einzelner (Friedrich II.) oder ein Parlament sich dem Volk gegenüber als dienend verpflichtet weiss, gleichsam es repräsentiert, auch wenn diesem nicht notwendig die Entscheidung über die Person(en) des Repräsentanten zusteht. Repräsentanten sind nicht in jedem Fall gewählte.

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  34. Vgl. 3. S. „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht” (1785) in: Kleinere Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik, ed. Vorländer, Leipzig, 1913, S. 17.

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  35. „Über den Gemeinspruch…”, a.a.O., S. 102.

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  36. a.a.O., S. 103.

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  37. Zum Ewigen Frieden, a. a.O., S. 154.

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  38. „Idee zu einer allgemeinen Geschichte…”, a.a.O., S. 16f.

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  39. a.a.O., S.11.

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© 1971 Martinus Nijhoff, The Hague, Netherlands

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Fetscher, I. (1971). Immanuel Kants Bürgerlicher Reformismus. In: von Beyme, K. (eds) Theory and Politics / Theorie und Politik. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-015-1063-9_5

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