Zusammenfassung
Zwischen den sich gegenseitig der falschen Rationalität und der Irrationalität bezichtigenden Lagern der politisch gespaltenen Gegenwart fristet der uralte politische Begriff und Akt des Verrats ein eigenartiges Dasein. Das Zwielicht, in dem Verrat immer schon stand, hat sich verdichtet, aber nur nach der einen Seite hin. Der Akt als solcher wird immer häufiger und fast alltäglicher, ob nun als klassischer Hoch- und Landesverrat, wie es die deutsche Rechtstradition unterschied; ob im moderneren Gewande als Verfassungsverrat oder Verstoss gegen eine freiheitlich-demokratische Grundordnung; oder ob in modernster Verkleidung als Subversion und Diversion, als Defaitismus und Sabotage, als „security risk“ und „loyalty defect“, als „un-American activities“ oder als „nationale Unwürdigkeit“ der Kollaborateure in Frankreich (Verordnung 1944), als Klassenverrat oder parteischädigendes Verhalten. Dagegen hüllt sich der Begriff als Mittel und Gegenstand der theoretischen Reflektion immer mehr im Dunkel.
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Literatur
An Monographien aus den letzten Jahren — mit sehr verschiedenartigem theoretischen Anspruch und Niveau — sind zu erwähnen: M. Boveri, spivnDer Verrat im XX. Jahrhundert, 4 Bde, Hamburg, 1956–1960
A. Thérive, Essai sur les trahisons, Préface de R. Aron, Paris, 1951
R. West, The Meaning of Treason, London, 1952
Hinweise, wenn auch durchweg nicht mit ausdrücklicher Thematisierung, finden sich bei der Behandlung benachbarter oder umfassenderer Sachgebiete wie etwa der Politischen Justiz (hierzu als Beispiel O. Kirchheimer; Politische Justiz, Neuwied und Berlin, 1965)
der Notstandssituationen und Ausnahmegesetzgebung (hierzu C. J. Friedrich; Constitutional Reason of State, The Survival of the Constitutional Order, Providence, 1957), bei den politischen Legitimitätslehren (hierzu die ausnahmsweise sehr eingehende Behandlung der Verratssituation im Kapitel III — Verbrechen und Erinnerung
von A. Grosser, „In wessen Namen?“, Grundlagen politischen Entscheidens, Tübingen, 1969, S. 81–134)
in den Abhandlungen über Revolution (wenig allerdings in H. Arendt, Über die Revolution, dtsch. München, 1963
die das Stichwort „Verrat“ z.B. nicht im Index erwähnt), und „Widerstand“ (z.B. H. v. Borch, Obrigkeit und Widerstand, Tübingen, 1954).
Hierzu die schier unübersehbar werdende Literatur zu den Verratsgeschehen in den einzelnen Staaten im Zusammenhang mit den Legitimitätswirren der letzten Jahrzehnte, etwa zum 20. Juli 1944 im Deutschen Reich, zur Kollaboration mit der nationalsozialistischen Wehrmacht in den besetzten Ländern samt nachfolgender „Säuberung“, zum „McCarthyism“ in den USA, zu den politischen Prozessen und „Säuberungen“ in den sozialistischen Ländern.
Ausprägungen dieser Lehre, die heute weite Verbreitung gefunden hat und zuweilen -wegen der Notwendigkeit der Existenz fester Organisationen und „Kader“ für die rivalisierenden Gruppierungen — als „elitist theory of democracy“ bezeichnet wird, z.B. bei C. J. Friedrich; The New Belief in the Common Man, o.O. 1949, S. 151 ff. („need for dissent“)
R. T. McKenzie, British Political Parties, Melbourne/London/Toronto, 1955, S. 588 ff.
in Anlehnung an J. A. Schumpeter; Capitalism, Socialism, and Democracy, 2nd ed., New York, 1947, S. 279 ff.
Ausdrücklich formuliert bei S. M. Lipset; Political Man, New York, 1963, S. 27.
D. Sternberger nennt z.B. ein Zwei-Parteiensystem mit sozilogisch bedingter geringer Chance des Regierungswechsels ein „hinkendes“ („Über parlamentarische Opposition“, in: Wirtschaft und Kultursystem, Festschrift für A. Rüstow, Erlenbach-Zürich-Stuttgart, 1955). Zu Studien über Wechselwähler-Verhalten in der Wirklichkeit vgl. z.B. H. Daudt, Floating Voters and the Floating Vote, Leiden, 1961
M. Kaase, Wechsel von Parteipräferenzen, Meisenheim a. Glan, 1967.
Einen „Ersatz“ oder „Zusatz“ für Wechselwähler-Verhalten in politischen Gemeinwesen mit mehr als zwei Parteien haben die Koalitionen zu bieten, die zur Regierungsbildung notwendig sind. Analog dem „Untreue“-Vorwurf gegenüber individuellen Wechselwählern taucht hier dann der Vorwurf des „Umfalls“ oder der „Verfälschung des Wählerwillens“ auf, z.B. wiederholt im Fall des Koalitionsverhaltens der FDP in der Bundesrepublik.
Thomas Hobbes, De Cive, Leipzig, 1949,7. Kap.
Paradigmatisch für das heutige „Zusammendenken“ von Politik und Ökonomie vom „subjektivistischen“ Rationalismus her: J. M. Buchanan, G. Tullock, The Calculus of Consent, Logical Foundations of Constitutional Democracy, Ann Arbor, 1962
R. A. Dahl, Ch. Lindblom, Politics, Economics, and Welfare — Planning and Politico-Economic Systems Resolved into Basic Social Processes, New York, 1953
A. Downs, An Economic Theory of Democracy, New York, 1957.
Kritisch dazu: C. B. Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt/M., 1967
B. Willms, Revolution und Protest oder Glanz und Elend des bürgerlichen Subjekts, Stuttgart, 1969
E. Altvater, Gesellschaftliche Produktion und ökonomische Rationalität. Externe Effekte und zentrale Planug im Wirtschaftssystem des Sozialismus, Frankfurt & Wien, 1969.
Die Tatsache, dass — wie empirische Untersuchungen nachweisen (vgl. z.B. G. Katona, dtsch. Das Verhalten der Verbraucher und Unternehmer, Tübingen, 1960) — keinesfalls alle Wirtschaftssubjekte sich so „rational“ verhalten, besagt so wenig über die Gültigkeit und sogar das Existieren eines „Systems“ wie etwa die Kriminalstatistik prinzipielle Einwände gegen die Gültigkeit von Strafgesetzen zu setzen vermag.
Gegen den Repräsentationsbegriff, wie ihn Kaiser (J. Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, Berlin, 1956) in diesem Zusammenhang verwendet, müssen also Einwände erhoben werden. Inwieweit z.B. Arbeitnehmerinteressen, vertreten durch Gewerkschaften, „Existentialien“ repräsentieren, entscheidet sich aus der Interpretation ihres Inhalts im Verhältnis zum zugrundegelegten Systembegriff. Durch von Marktbewegungen „erzwungene“ Berufsbewegungen mit entsprechender transitorischer Unterbeschäftigung wird ein Existential nur dann betroffen, wenn das Verbleiben an einem konkreten Arbeitsplatz oder Beruf darunter gerechnet wird. Vgl. z.B. den Satz des damaligen Vorsitzenden der LG. Bergbau anlässlich drohender Entlassungen bei Vorliegen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten: „Um ein Lebensrecht bettelt man nicht, darum kämpft man“ („Über 70.000 Bergleute protestierten“, Die Welt, 26.1.1959).
Diese „conditioned responses“ können zuweilen nur ceteris paribus gelten. Vgl. z.B. die Debatte um den Voraussagewert von Wählerverhalten nach etwaiger Wahlrechtsänderung zwischen R. Wildenmann, W. Kaltefleiter und H. Jäckel in PVS 1966, S. 537–573.
Im Wesentlichen das wird man nur unter dem Begriff einer „kritischen Öffentlichkeit“ verstehen können, wie ihn z.B. J. Habermas (Strukturwandel der Öffentlichkeit, Neuwied, 1962) gebraucht.
Diesem — noch „vor-dialektischen“ — Irrtum unterliegt z.B. H. Barion in seiner Rezension von O. Veit’s Soziologie der Freiheit, Frankfurt/M, 1957 (ARSP 1961, S. 259–268), wenn er kritisch anmerkt: „Was V. in diesen Teilen materialiter bietet, ist im Grunde eine Soziologie der Unfreiheit, während für eine Soziologie der Freiheit nicht viel anderes übrigbleibt als eine Bilanz ihrer Gefährdungen und Rückzüge“ (ebd., S. 265).
Dieser Ausdruck, — über den von C. J. Friedrich eine Monographie zu erwarten ist -, kann direkt mit I. Kant’s Verständnis von Freiheit (Intelligibilität) in Beziehung gesetzt werden und bedeutet eben dann Unfreiheit: „.. .Weil eine pathologisch affizierte (obgleich dadurch nicht bestimmte, mithin auch immer freie) Willkür einen Wunsch bei sich führt, der aus subjektiven Ursachen entspringt, daher auch dem reinen Bestimmungsgrunde oft entgegen sein kann... „(I. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, Erster Teil, I. Buch, 1. Hptstück, § 7, Ausg. Meiner, 1951, S. 38). — Kant versteht hier unter „pathologisch“ von den Sinnen affizierte oder auf Sinnes-gegenstände gerichtete Handlungen, — und Konditionierung durch „Nicht-Subjektives“ enthält auch der moderne Pathologiebegriff in der Politik.
Oft finden sich hier — je nach theoretischer Grundhaltung — die Topoi „gemeinsame Werthaltungen“, „agreement on fundamentals“, Homogenität, pouvoir constituant u.a.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Auffassung eines Völkerrechts-Juristen über den Standort des Wissenschaftlers: „Wenn er vor allem anderen objektiv sein will, treibt er Wissenschaft, wenn er vor allem anderen Interessen bestimmter Gruppen, zum Beispiel seines Staates oder Volkes oder seiner Partei gegen andere Interessen vertreten will, treibt er Politik“ (R. Laun, „Das Völkerrecht und die Verteidigung Deutschlands“, Schriften z. Geopolitik, Heft 25, Heidelberg 1951, S. 3). Die Wahl zwischen diesen Verhaltensweisen sieht er offenbar zur Verfügung gestellt: „Die Entscheidung liegt im Willen des Handelnden“ heisst es im vorhergehenden Satz.
Für das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.8.1956 (Entsch. BVG, s. Bd. Nr. 14) wurden unter den Gründen nur zum Teil historisch-konkrete, allein auf Deutschland, die Bundesrepublik oder die KPD anwendbare Umstände, Tatbestände oder Willenserklärungen angeführt (z.B. Teil AI-S. 87 ff. — „Geschichte der KPD“; Teil С — S. 133 ff. — „Die Rechtsgrundlagen des Verfahrens“). Den grössten Teil des zweiten Abschnitts machen Begründungen aus, die weit über die Bundesrepublik hinaus auch auf andere liberal-parlamentarische Verfassungsstaaten zutreffen, z.B. Teil AI-S. 147 ff. -„Das Bekenntnis (der KPD) zum Marxismus-Leninismus“; Teil A II — S. 165 ff. — „Die Lehre von der proletarischen Revolution“; Teil A III — S. 175 ff. — „Die Lehre von der Diktatur des Proletariats“; Teil A V — S. 195 ff. — „Die Vereinbarkeit des Staats- und Gesellschaftsbildes der Diktatur des Proletariats mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.“
Über die „Naturrechtler“ als eine „Schule“ nicht nur der politischen Theorie, sondern auch der Staatslehre konnte deshalb Gierke bemerken, sie strebten „weniger nach wissenschaftlicher Erklärung des Gewordenen, als nach der Darlegung und Rechtfertigung eines herzustellenden neuen Zustandes’ (O. v. Gierke; Das deutsche Genossenschaftsrecht, 4. Bd: Die Staats- und Korporationslehre der Neuzeit, Berlin, 1913, S. 276).
Letzteres Wort von einem Rebellen, der schliesslich politischem Mord zum Opfer fiel, bei Irene Coltman („Private Men and Public Causes“, Philosophy and Politics in the English Civil War, London, 1962, p. 235), die das Verhältnis von Vernunft und Verrat für die englische Situation im 17. Jh. untersuchte.
Vom Revisionismusstreit bis zur „Gewaltdebatte“ der heutigen ausserparlamenta-rischen Opposition zieht sich eine durchgehende Linie.
Marx Horkheimer, „Bemerkungen zur philosophischen Anthropologie“, in Ztsch. f. Sozialforschung, 1935, wiederabgedr. in Kritische Theorie, Eine Dokumentation, hrsg. von A. Schmidt, Frankfurt/Main, 1968, Bd I, S. 218.
Dem steht nicht entgegen, wenn der Diamat immer wieder behauptet: „Die theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf Ideen, auf Prinzipien,... Sie sind nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse“ (Kommunistisches Manifest). In dem bekannten Satz „Die Arbeiterklasse hat keine Ideale zu verwirklichen“ wird das „Ideale“ nur im Sinne des „Utopischen“ oder „Ideologischen“ abgelehnt. So fügt F. Marek diesem Marx’schen Satz aus „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ auch die Interpretation hinzu: Ideale „hier wohl im Sinne von spekulativen Vorstellungen“ (F. Marek, Philosophie der Weltrevolution, Beitrag zu einer Anthologie der Revolutionstheorien, Wien-Frankfurt-Zürich 1966, S. 24).
Horkheimer, a.a.O., S. 227; zu der hieran anknüpfenden Diskussion in der Politischen Anthropologie vgl. als gutes Resümee jetzt W. Lepenies, H. Nolte, „Experimentelle Anthropologie und emanzipatorische Praxis, Überlegungen zu Marx und Freud“, in Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 1970/LVI/1, S. 61–121.
Horkheimer, a.a.O.
M. Horkheimer; „Zum Rationalismusstreit in der gegenwärtigen Philosophie“, Zschr.f. Sozialforschung; 1934, a.a.O., S. 166.
Hierzu die oben (Anm. 7) zitierten Werke von Macpherson und Willms.
Die kategoriale Bedeutung der Mitgliedschaft (im liberalen Sinne) für System- und Funktionalanalysen z.B. gut erfasst bei N. Luhmann, Funktionen und Folgen formaler Organisation, Berlin, 1964, z.B. Kap. 3: Mitgliedschaft als Rolle, Kap. 7: Motivation der Mitglieder.
In Frankreich wurden die Abgeordneten, die dem „Ermächtigungsgesetz“ für Pétain 1940 zustimmten, nach der Liberation zur Verantwortung gezogen (Grosser, a.a.O., S. 98). — Vgl. demgegenüber die zurückhaltenderen Formulierungen zur Abstimmung vom 23. März 1933 bei W. Hoegner (Die verratene Republik, Geschichte der deutschen Gegenrevolution, München, 1958, S. 356–358), die in dem metaphorischen Urteil gipfeln: „Der Deutsche Reichstag hatte einen Selbstmord vollzogen“ (ebd., S. 358).
Der letztere Ausdruck bei R. Altmann, Das Problem der Öffentlichkeit und seine Bedeutung für die moderne Demokratie, Diss. Marburg, 1954.
Dies auch das Thema der von F. Schiller in seinen Wilhelm Teil hineinkonstruierten Auseinandersetzung zwischen Teil und Parricida.
H. J. Albrecht, Verratener Sozialismus, o.O. 1939.
Der Titel der von einem Apostaten verfassten Reissers bürgerte sich als Sprachmünze ein, weniger jedoch L. Trotzki, Verratene Revolution, Was ist die USSR und wohin treibt sie?, Antwerpen, 1936, und die o. in Anm. 27 erwähnte Verratene Republik von W. Hoegner.
Es ist bezeichnend, dass M. Boveri in ihrer vierbändigen Verratsanthologie keinen geborenen — und nicht später naturalisierten — Staatsbürger eines sozialistischen Landes behandelt. „Der Kommunismus“ wird in Band 3 unter dem Titel Zwischen den Ideologien abgehandelt, „Abfall vom Kommunismus“, meint aber durchweg: „Abfall“ von Kommunisten, die ursprünglich nicht sowjetische (oder anderer sozialistischer Staaten) Staatsbürger waren oder es nie wurden. — Die Ausklammerung des gesamten sozialistischen Raumes als Staatsraumes kann nicht allein mit der Quellenlage begründet werden.
Die Koppelung zwischen der Forderung, der Abgeordnete müsse als Vertreter „des ganzen Volkes“ handeln, und der, er sei „nur seinem Gewissen unterworfen“, wie sie sich bis heute in vielen Verfassungen findet, zeugt von diesem ursprünglichen Geheimnis.
R. Koselleck (Kritik und Krise, Ein Beitrag zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Freiburg/München, 1959) stellt im 2. Kapitel am Beispiel der Vorrevolutionszeit in Frankreich anschaulich „Die Entfaltung indirekter Gewalt“ dar durch die „Integrierende Funktion des Logengeheimnisses“ (III, S. 61–68) und wertet „Die politische Funktion des Logengeheimnisses“ als „Die verborgene Wendung gegen den Staat“ (IV, S. 68–81).
In ihrer Allgemeinheit ist die Formel „Macht beruht auf der Wahrung von Geheimnis“, wie sie R. Schroers aufstellt, schwer zu halten (in Frankfurter Hefte, VIII (1953), Heft 4, S. 267–286).
In der Verfassung der DDR ist diese Lehre sogar im Art. i mit der Formel „unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei“ ausdrücklich verankert. — Reziprok findet sich in der Verfassung der UdSSR von 1936, Art. 129, die Verankerung eines politisch konkret definierten Asylrechts: „Die UdSSR gewährt Bürgern auswärtiger Staaten, die wegen Verfechtung der Interessen der Werktätigen oder wegen wissenschaftlicher Betätigung oder wegen nationalen Befreiungskampfes verfolgt werden, das Asylrecht“.
Dieser — sozusagen system-unkonforme — Bewegungscharakter ist nicht mit einer „Revolution in Permanenz“ oder einer „Kulturrevolution“ zu verwechseln.
In der Weimarer Nationalversammlung wurde die Kontinuität des Deutschen Reiches u.a. ausdrücklich mit dem Weitergelten von Strafrechtsnormen begründet (s.H. Preuss; Reich und Länder, Kommentar zur Weimarer Verfassung, a.d. Nachlass hrsg. v. H. An-schütz, Berlin, 1928, S. 5).
Wenn auch ein Hinweis auf Sabotageakte gegen kommerzielle oder staatliche Luftverkehrslinien diese Anwendung weniger abwegig erscheine lässt.
Hingegen kommen zeitgenössische Revolutionäre nicht darum herum, auf eingeschliffenes „Überfluss“-Verbrauchs-Verhalten von Bevölkerungen Rücksicht zu nehmen: Streiks sind z.B. in Frankreich schon einige Zeit vor der grossen Ferienpause schwer zu beginnen oder durchzuhalten; der 13. Mai 1958 z.B. lag für einen Generalstreik aus rein „konsumptiven“ Gründen bereits fast zu spät.
Die Untersuchung von R. Cobb, Terreur et Subsistances 1793–95, Paris, 1965, handelt zum Beispiel durchweg von Versorgungsschwierigkeiten in grossen Städten (Paris, Lyon).
Unter den „ausserparlamentarischen“ Kräften spitzte sich z.B. anlässlich der Notstandsgesetzgebung in der Bundesrepublik 1968 die Debatte zum Schluss wesentlich auf das Verhalten der Gewerkschaften zu, die als Gegengewicht zur Bundeswehr im Notstandsfall angesehen wurden.
Vgl. H. Marcuse, „Triebstruktur und Gesellschaft“, dtsch. Ffm., 1969, S. 48: „zusätzliche Unterdrückung“.
Man vergleiche hier den Versuch, eine eigene, „legitime“ Bürokratie von der „illegitimen“ Bürokratie der anderen zu unterscheiden (z.B. in Imperialismus Heute, Autorenkollektiv des Instituts für Gesellschaftswissenschaft beim ZK der SED, 5. Aufl., 1. Aufl. Berlin 1965). Die Unterscheidung kann nur in der Verwendung und Funktion konstruiert werden, nicht jedoch im topos des immanenten, sozialtechnischen Tuns: „Das Wesen des Bürokratismus besteht in der Entfremdung des Leistungs- und Machtapparates sowohl gegenüber dem Volk, den Interessen, Sorgen und Wünschen der Werktätigen als auch gegenüber der objektiv notwendigen und im allgemeinen Sinne produktiven Funktion, das wirtschaftliche, kulturelle und politische Leben der Gesellschaft in organisierter Form zu leiten, das heisst den weiteren Fortschritt zu organisieren“ (ebenda S. 209). Wenig Einsicht in dies Problem z.B. bei dem oben (Anm. 21) zitierten Werk des Austromarxisten Marek (Philosophie der Weltrevolution, a.a.O., S. 117).
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Arndt, HJ. (1971). Vernunft und Verrat Zum Stellenwert des Treubruchs in der Politischen Theorie. In: von Beyme, K. (eds) Theory and Politics / Theorie und Politik. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-015-1063-9_29
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