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Bewegung und Dynamis und Energeia des Endlich-Seienden. Kinesis und Kategorien; Phänomenale und Ontogonische Bewegung; die Ungeklärte Zweideutigkeit des Proton Kinoun: Gott oder Welt?

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Zur Ontologischen Frühgeschichte von Raum — Zeit — Bewegung
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Zusammenfassung

Die Lehre des Aristoteles von Raum, Zeit und Bewegung bildet ein so innig verklammertes Ganzes, daß jede isolierende Betrachtung eines Moments immer zu kurz trägt; die Momente erhellen sich wechselseitig. Ausserdem stellt diese Lehre nicht einen Inbegriff von Thesen dar, die satzmässig verwahrte fixe Resultate wären, — diese Lehre ist eher ein Gang, eine Denkbewegung, ist die Entfaltung eines Problems, sie hat einen langen Atem, ohne weitschweifig zu sein; im Gegenteil, sie hat eine Schärfe der begrifflichen Durcharbeitung, eine intellektuelle Architektur, die höchsten Ranges ist. Dazu kommt, daß die spekulative Interpretation sich in einer solchen Nähe zum Phänomen, zum sich von sich selbst her zeigenden Seienden, hält, dass der Anschein einer unmittelbaren Beschreibung der „Sachen selbst“ entsteht, obgleich diese „Phänomen-Nähe” erst die Folge einer denkerischen Grundentscheidung ist, der Entscheidung nämlich, daß das „Sein“ im „Erscheinen” besteht. Das Anwesen als das Hervorkommen und Herauskommen ins Offene der Lichtung bildet den Grundzug dessen, was Aristoteles als „Sein“ versteht. Deswegen hat für ihn das abgegrenzte, endliche Ding, das eingerückt ist in die feste Bestimmtheit seines Aussehens, einen entschiedenen Vorrang; das H O R I S M E N O N ist das L e i tbild des ON. Das bedeutet allerdings nicht, daß Aristoteles gleichsam nur „Dinge” kennt, er begreift das Dingsein im Rückgang von dessen ontologischem Bau als „gegründetem“ auf Gründe und Ursachen (AITIA KAI ARCHAI); er geht in mannigfachen Weisen zurück vom Anwesenden auf das Anwesen: von den PHYSEI ONTA auf die PHYSIS, — VOM Ding als ERGON auf das Sein als ENERGEIA, — von den Einzeldingen auf den KOSMOS. Es bedeutet eine mehr als fragwürdige Vereinfachung, wenn wir aus dem Riesenbau der aristotelischen Philosophie einige Gedankenmotive herauslösen. Aber auch in solcher Vereinfachung ist es keine ausreichende „Darstellung” einiger seiner Lehren; uns kommt es vielmehr nur auf eine bestimmte Perspektive an. Darauf nämlich, inwieweit seine Begriffe von Raum, Zeit und Bewegung durch seinen ontologischen Ansatz bedingt sind, anders formuliert, inwieweit jene Weltmomente unter die Herrschaft der O U S I A geraten. Der Raum, als Ortsraum, als TOPOS gefaßt, ist für Aristoteles die ruhende äusserste Grenze des umfassenden Körpers — und zwar für das darin befindliche Bewegliche; Zeit ist Zahl der Bewegung in bezug auf das Vor-gängige und Nachgängige. Raum und Zeit sind ihm nichts „Selbständiges“, nichts, was für sich besteht, sie sind nur in bezug auf Bewegung und Bewegliches; sie sind strukturelle Momente für die Bewegung, sind Bedingungen der Bewegung; aber sie sind nicht am bewegten Ding, sie sind gleichsam am Bewegungsfeld, sie bilden den Bewegungsspielraum. Dieser Ansatz zeigt deutlich, daß zwar Aristoteles Raum und Zeit nicht zu Momenten der seienden Dinge macht, andererseits sie aber auch nicht als reine Weltmomente anerkennt; sie sind bei ihm gleichsam Zwitter zwischen Welt und Ding. Die äusserste ruhende Grenze des umfassenden Körpers ist die Schale des Himmelsgewölbes. OURANOS ist zwar kein Ding, weil er nicht im Ort ist, andererseits wird er doch als der größte umfassende Körper aufgefaßt, er ist das größte PERIECHON. Und ebenso ist die Zeit letztlich die Zahl der Bewegung des Himmelsumschwungs; sie ist als himmlische Zahl. Ouranos, der Himmel, ist für Aristoteles die seiende, stehend-ständige Schale, worin oder worunter alles Bewegliche bewegt ist. Im Gewölbe des Himmels ist der Weltort des Anwesens, er sammelt und versammelt alles Bewegte; sofern der unvergängliche Himmel ist, ist auch alles unter ihm Wirbelnde, Aufscheinende und Wegsinkende, Wachsende und Schwindende, Sich-Wandelnde und Ortsveränderliche, im Sein gehalten und festgemacht; sowohl des Aristoteles Lehre vom Raum, als die von der Zeit, als auch die von der Bewegung vollendet sich in einer Theorie des Himmels.

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Fink, E. (1957). Bewegung und Dynamis und Energeia des Endlich-Seienden. Kinesis und Kategorien; Phänomenale und Ontogonische Bewegung; die Ungeklärte Zweideutigkeit des Proton Kinoun: Gott oder Welt?. In: Zur Ontologischen Frühgeschichte von Raum — Zeit — Bewegung. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-011-9630-7_19

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