Zusammenfassung
Geschichtlichkeit in unserem Sinn (die’ sogenannte Weltgeschichte’ sagt Nietzsche) ist das Produkt einer an der Demarkationslinie zwischen Vor-Ge-schichte und Geschichte geschehenen Umwertung. Es ist die grösste Umwertung der menschheitlichen Gesamtgeschichte schlechthin. Es geschieht dabei der Umbruch von Gebundenheit und Festhalten zu Lösung und Auflösung, -von der Vorhistorischen Arbeit’ in den ‘ungeheueren Zeitstrecken der “Sittlichkeit der Sitte’”, der ‘wirklichen und entscheidenden Hauptgeschichte’, zur ‘sogenannten Weltgeschichte’, zum ‘Bewegen des Sumpfes’, zum ‘Fortschreiten’. Zum letzteren, welches das Gesetz der Sitte bricht, kommt es durch individuelle Revolten gegen die absolut gesetzte Wertordnung der Sittlichkeit der Sitte, — Revolten, die als Verbrecher-, Wahnsinns-, Märtyrer-, Heilbringertaten bewertet und umbewertet wurden: ‘… Man hat viel von der Verunglimpfung wieder zurückzunehmen, mit der die Menschen alle jene bedacht haben, welche durch die Tat den Bann einer Sitte durchbrachen, — im allgemeinen heissen sie Verbrecher. Jeder, der das bestehende Sittengesetz umwarf, hat bisher zuerst immer als schlechter Mensch gegolten: aber wenn man, wie es vorkam, hinterher es nicht wieder aufzurichten vermochte und sich damit zufrieden gab, so veränderte sich das Prädikat allmählich; — die Geschichte handelt fast nur von diesen schlechten Menschen, welche später gutgesprochen worden sind!’: Sätze zugleich von grösster Dämonie der Ausdrucksgewalt wie von realistischer Wahrheit 1.
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References
M 20.
Vgl. WM 966.
Vgl. MA II, 179 u.a.O.; sowie Roderick Seidenberg, Posthistoric Man, The university of North Carolina Press 1950.
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© 1962 Martinus Nijhoff, The Hague, Netherlands
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Wein, H. (1962). Geschichte als Umwertungs-Geschichte: Die Theorie der ‘Sittlichkeit der Sitte’. In: Positives Antichristentum. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-011-9385-6_24
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-94-011-9385-6_24
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