Das Ereignis Nietzsche und Seine Umgebung

Zusammenfassung

Heute über Friedrich Nietzsche handeln, setzt voraus, sich in rücksichtsloser Ehrlichkeit das folgende zu fragen: Leben wir nicht immer noch in jenem ‘unvollständigen Nihilismus’, an den sich die Herausforderung von Nietzsches Philosophieren wandte, — sein Wort ‘Gott ist tot’ und was es philosophisch und geistesgeschichtlich in sich schliesst? Oder sind wir in Wahrheit schon in jenem ‘vollkommenen Nihilismus’ mitten drin, den Nietzsche für unsere Epoche vorausgesehen hat? Oder aber: Sind wir dabei, den Nihilismus zu überwinden — in der Richtung, die Nietzsche allein für möglich hielt, nämlich im Verzicht auf alle Illusion und Lüge? Oder haben wir den Nihilismus — Nietzsche widerlegend — überwunden, indem wir zurückfanden in das, was Nietzsche das ‘alte Vertrauen’ nannte? ‘Nihilismus’ heisst bei Nietzsche: das Wertlos-Werden aller bisherigen Werte unserer griechisch-christlichen Kultur, das Sinnlos-Werden alles bisherigen Sinns in Bezug auf den Menschen und auf den Kosmos. Philosoph-Sein heisst bei Nietzsche: das Eingestehen, das zur Sprache Bringen, das Schauen dieses Zustandes und seiner Gründe und Konsequenzen, zugleich aber auch das Hinausschauen über diesen Zustand und über die Kulturwelt, deren Konsequenz der Nihilismuszustand ist. Das letztere kann nach Nietzsche nur ein Fertigwerden mit diesem Zustand bedeuten unter der Voraussetzung des ihn radikal Durchlittenhabens und Ausgedachthabens.