Zusammenfassung
Ich bezweifle, ob in irgend einem andern Lande die Hetzpredigt von solchem Inhalt und in solcher Form möglich gewesen wäre oder mit solchem Resultat; und es liegt ein vernichtendes Urteil über die heutige Generation der Deutschen in der Tatsache, daß da noch kaum einer zu finden, der nicht Nationalsozialist werden konnte und kann. Wo sind alle die geblieben, die den Nationalsozialismus nicht leiden konnten? Die Unreife hat die Wohnung der Tollheit bezogen — wer mag wissen, wie lang es die Deutschen in dieser Wohnung aushalten werden? Dazu müßte man auch wissen, wie lang noch die Zeiten so hart bleiben und ob der Tyrann ein Tyrann bleibt. — übrigens sind die Deutschen ein tüchtiges Volk, trotz einem, und ein gutes Volk. Auch die heute unter ihnen so Bösen sind gut — wir sprechen von Menschen, die das Natum in sich tragen: heute ist die Gelegenheit in der Geschichte, daß es auskann und viele hoffen dürfen, mit ihrem „Richtigen“ durchzukommen; wenn der Richtige blüht, ist er fürchterlich! Wenn der Hochmut blüht; wenn er zu unnatürlich großen Blüten gezüchtet wird! Und darüber wollen wir uns nicht verblenden, daß der deutsche Charakter viel Stoff des Hochmuts auf sein Richtigsein enthält, und daß hinter jedem Deutschen ein fürchterlicher Schulmeister lauert, um so fürchterlicher, als kein Humor ihn ledig macht. Ganz im Gegenteil; je mehr die Stärke seiner Narrheit zunimmt, ein desto ernsthafterer Narr wird er, dünkt sich ein Held der Helden und zieht aus auf Heldentaten — wann endlich kommt unser Cervantes, mit seinem Gelächter diesen Narrenhelden zu demütigen?! Jetzt erst gar hat man den Schulmeister geweckt und seinen humorlosen Hochmut noch fürchterlicher gemacht, indem man ihm sagte: Ja, du hast es dazu und du bist es! Der Schulmeister-Tyrann sagt: Ja! und hat sich selbst in eine Formel gebracht, verwerfend nun alles, was sich dieser keineswegs schönen, noch auch wirklich auf ihn passenden Formel nicht beugen will, der sich aber doch alles beugen müßte; denn die Formel sagt doch, daß er es ist, weil er es hat.
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© 1951 Martinus Nijhoff, The Hague, Netherlands
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Brunner, C., Bickel, L. (1951). Aus den Nachworten. In: Bickel, L. (eds) Der Entlarvte Mensch. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-011-9018-3_11
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