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Manders Methode der Kunstgeschichtsschreibung

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Das Lehrgedicht des Karel van Mander

Part of the book series: Quellenstudien zur Holländischen Kunstgeschichte ((QHK))

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Zusammenfassung

Auf das Lehrgedicht folgt im Malerbuch der eigentliche kunstgeschichtliche Teil, die dreiBücher mit den Biografien der antiken, der italienischen, der niederländischen und hochdeutschen Maler, Da die Heuristik und historische Kritik Manders in diesem seinen Hauptwerke, durch das allein uns von dem Entstehen und Werden der alten niederländischen Kunst und dem Leben der Maler Kunde wurde, in mustergültiger Weise bearbeitet worden ist 135) soll hier nun untersucht werden, wie Mander das Problem der Auffassung, d.h. der Erkenntnis der Bedeutung und des Zusammenhangs der Tatsachen, und der Darstellung, welche die in ihrem Zusammenhang erkannten Tatsachen in kenntnisgemässem Ausdruck wiedergibt 136) löst, umsomehr als das Malerbuch zu einer Zeit geschrieben wurde, in der die Historiografie bereits eine entschiedene Entwicklung hinter sich hatte137). Zur Gewinnung eines Standpunktes zur Beurteilung der Manderschen Leistung ist es nützlich, das Werk, das Mander sowohl wie der Folgezeit, die sich ähnlichen Aufgaben zuwandte, prinzipiell Vorbild gewesen war, zur Vergleichung, heranzuziehen, weil es auch eine bestimmte Stufe in der Geschichte der Kunstgeschichtsschreibung überhaupt bildet, ohne aber auf eine nähere Untersuchung einzugehen, die darum gegenwärtig noch unmöglich ist, als jegliche Vorarbeit zur Beurteilung dieser Vorlage als Geschichtswerk fehlt,Als das die Anlage des kunstgeschichtlichen Teiles des Malerbuches im wesentlichen bestimmende Werk wurde schon immer Vasaris Vitensammlung der zweiten Ausgabe (Giunta) von 1568 erkannt 133). Abgesehen von textlichen Erweiterungen und ver-schiedenen nur die historische Richtigkeit beeinflussenden Aenderungen lassen sich aber in beiden Ausgaben die leitenden Ideen als dieselben erkennen, nur dass sie in der zweiten Ausgabe etwas weniger klar zum Ausdruck kamen 139). Danach ging nun Vasari bei der Anlage seines Werkes einmal von der pragmatischen Absicht aus, in gleichsam konstruirter Entwicklung die Geschichte der Künste bis zu ihrer Vollendung in Michelangelo zu zeigen und damit zugleich auch das Andenken der Künstler festzuhalten 140) wie zweitens von der didaktischen den rationalteleologischen Zusammenhang in der Entwicklung der Künste: Malerei, Skulptur und Architektur aufzuzeigen und durch Einsicht in denselben die Künstler zu fördern 141). Diese pragmatische wie didaktische Tendenz führte Vasari dazu, sein Hauptaugenmerk auf die einzelne Künstlerpersönlichkeit zu richten, der zu Liebe er oft gezwungen wurde den rationalen Entwicklungsgang zu unterbrechen. An der einzelnen Persönlichkeit zeigte er dann die Wirkung der für die Entwicklung des Einzelnen hauptsächlich massgebenden Faktoren, das Walten des Schicksals wie besonders auch den Einfluss psychischer Momente, des Strebens des Künstlers nach Ruhm (Ehrgeiz) und nach Sittenvollkommenheit. Als Folge dieser pragmatischen Auffassung ist es zu erklären, dass Vasari in der ersten Auflage nur die italienischen Künstler berücksichtigte; der Wunsch jedoch seine national isolirte Künstlergeschichte in einen grösseren historischen Zusammenhang zu bringen, brachte ihn dazu, seinen Viten ein Kompendium aus Plinius, das Adriani für ihn verfasst hatte, vorzusetzen und ihnen einen Abriss über die berühmten niederländischen Künstler folgen zu lassen, doch so, dass weder die antiken noch die niederländischen Künstler in seine Entwicklungsgeschichte miteinbezogen. wurden. Die italienische Künstlergeschichte teilte er in drei Epochen, deren historische Charakteristiken, die er bestimmt unterscheiden zu können glaubte, er in den dazugehörenden Vorreden gab 142) und aus denen besonders sein konstruktiver Entwicklungsgedanke klar wird, eben die gesetzmässige Zielstrebigkeit der italienischen Kunst aus der gofferia der Byzantiner zu ihrer Vollendung im Cinquecento, in der Kunst Michelangelos zu zeigen Für Vasaris Geschichtsbild ist das Auffinden dieser Gesetzlich-keit bestimmend, wonach sich das Trecento stark vom Quattrocento und dieses wieder vom Cinquecento unterscheidet, sie ist auch massgebend für seine künstlerischen Urteile, denn es kommt ihm nicht darauf an, objektiv zu beurteilen und zu verstehen, sondern er will nur feststellen, bis zu welchem Punkt in der Entwicklung der einzelne Künstler gekommen ist, wodurch das; Kunstwerk aber doch in seiner historischen Bedeutung erfasst und relativ richtig beurteilt wurde. Ein rein objektives Urteil wird trotzdem nicht gegeben, da er immer mit dem Gefühl der Ueberlegenheit an die Werke älterer Meister herangeht, wozu er sich als in der Epoche der künstlerischen Vollendung lebend wohl berechtigt glaubte. Für die Ausarbeitung seiner Künstlerleben ist dann auch der Gedanke an diese Entwicklung massgebend; so wird denn die Einzelvite als typisches Beispiel in der Stufenfolge gefasst und nur mit Rücksicht hierauf ausgearbeitet. Es wird also auf absolute Wahrheit weniger Wert als auf möglichst grosse. Beweiskraft zur Sicherung seiner Hypothese gelegt. Vasari verfuhr bei seiner Methode der Geschichtsschreibung synthetisch, aber progressiv schliessend, wodurch allein ihm die Konstruktion eines Höhepunktes logisch möglich wurde, die ihn oft zu falschen Resultaten gelangen liess, die ihn jedoch vor dem Fehler einer einseitig ästhetisch-dogmatischen Kunstgeschichtsauffassung, vor der Bildung der Verfallsbegriffes, bewahrte143)

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Hoecker, R. (1916). Manders Methode der Kunstgeschichtsschreibung. In: Das Lehrgedicht des Karel van Mander. Quellenstudien zur Holländischen Kunstgeschichte. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-011-8931-6_17

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