Einleitung: Der Begriff “Volksdiplomatie”

Zusammenfassung

Anlässlich des 50. Jahrestages der Oktoberrevolution hat man sich in der Sowjetunion nicht nur an das revolutionäre Geschehen und seine Folgen für Russland erinnert und dieses Geschehen gewürdigt, sondern man hat auch die Auswirkungen der Oktoberrevolution auf die internationalen Verhältnisse dargestellt. Unter den Abhandlungen über die Auswirkungen der Oktoberrevolution auf die internationalen Beziehungen befinden sich einige kleine und kaum beachtete Beiträge über die Diplomatie des Sowjetstaates. Zwei besonders interessante Aufsätze sind in der Moskauer Zeitschrift “Neue Zeit” im Herbst 1967 abgedruckt worden. In dem einen gibt Iwan Maiski unter dem Titel “Ein Diplomat der Leninschen Schule” ¹ eine Würdigung des Lebens und Wirkens Tschitscherins, des Nachfolgers Trotzkis als Volkskommissar für Auswärtige Beziehungen. Er schreibt dort von dem “Kampf, den Tschitscherin in den Jahren des Bürgerkrieges und der ausländischen Intervention gegen die kapitalistische Umkreisung führte” und hebt hervor, dass “unter unmittelbarer Leitung Lenins… Tschitscherin und seine Mitarbeiter eine Vielzahl von Aufrufen und Appellen an die Massen der Arbeiter, Bauern und Intellektuellen des Auslands” verfasst hätten. Dabei sei “auch wiederholt eine Neuform des diplomatischen Kampfes” benutzt worden, “die darin bestand, dass sie sich über den Kopf der ausländischen Regierungen hinweg unmittelbar an die Arbeiter Englands, Frankreichs, Deutschlands und der Vereinigten Staaten wandte” ². Die Umschreibung der sowjetischen diplomatischen Methoden mit der Formel “über die Köpfe der Regierungen hinweg” findet sich bereits in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts, und zwar in dem ersten Werk der sozialistischen Völkerrechtslehre, dem “Völkerrecht der Übergangszeit” von Korovin³.