Zusammenfassung
Die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Arbeit beruhen auf dem Aufweis des Vorkommens vorprädikativer Erfahrung und der Darstellung ihrer verschiedenen Formen. Es konnte gezeigt werden, daß die vorprädikative Erfahrung bei Hume, Kant und Husserl einen Untersuchungsgegenstand darstellt und zumindest einen der Korrespondenzpunkte wahrer Erkenntnis bildet. Schließlich ließ sich zeigen, daß der vorprädikativen Erfahrung sowohl in der Form der assoziativen Verbindung als auch in der Form des erfahrungsgewirkten Typus eine transzendentale Funktion für die schlichte Gegenstandskonstitution und das Erkennen zukommen.
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Notes
Vgl. zu den alltäglichen, vorexakten Kategorien Hua IV, 38, 89, 142 f., 222 ff. u.ö., Hua XXIX, 323.
Natürlich ist auch der praktische und politische Nutzen einer Urstiftung (die sich nicht unmittelbar auf sinnliche Anschauung stützen kann) ein wichtiger Faktor für ihre Verbreitung. Geeignete Beispiele können die Vorstellungen des Rechts im allgemeinen und der meisten politischen und religiösen Institutionen geben.
Vgl. L1, AA XXVIII, 233.
Vgl. hier Kap III, 6, d) und die Diskussion der Alternative von ‘Umwandlungs-’ und ‘Neuvollzugs-Modell’ bei Hume hier Kap. I,3 und Husserl, hier Kap. III, 4 und III, 8, b.
Vgl. zu Kant hier Kap. II, 7, a) und Kap. II, I1, b) und zu Husserl Kap. III, 4 und III, 8, b.
H. Wagner kritisiert in diesem Punkt z.B. die vermeintliche Zirkularität von Prinzip und Prinzipiiertem in Husserls Versuch, die Evidenz der logischen Prinzipien auf die Evidenz vorprädikativer Synthesen zurückzuführen. Vgl. H. Wagner: Kritische Bemerkungen über Husserls Nachlaß. In: Philosophische Rundschau 1 (1953/54), 119 ff. Auch bei W. Ehrlich findet man den Vorwurf, daß in der phänomenologischen Analyse des Gegenstands lediglich dasjenige wieder hervorgeholt wird, was zuvor in der Gegenstandskonstitution — zumindest in Kants Sicht — bereits hineingesteckt worden war (vgl. W. Ehrlich: Kant und Husserl. Kritik der transzendentalen und der phänomenologischen Methode. Halle 1923, 70 f.).
Kants Begründung für die Notwendigkeit der Reproduktion und des begrifflichen Festhaltens läuft auf dieselbe Gegenvorstellung des Vergessens und Nicht-zusammenhalten-Könnens hinaus. Kant schreibt: “Würde ich aber die vorhergehende (die ersten Teile der Linie, […] immer aus den Gedanken verlieren, und sie nicht reproduzieren, […] so würde niemals eine ganze Vorstellung […] entspringen können” (A 102) und: “Vergesse ich im Zählen: daß die Einheiten, die mir jetzt vor Sinnen schweben, nach und nach von mir hinzugetan worden sind, so würde ich […] auch nicht die Zahl erkennen” (A 103).
Vgl. Hua XIX, 390, 363 und die 1. Auflage der Logischen Untersuchungen S. 325.
Dies gilt entgegen den kantianisierenden Wendungen Husserls in den Ideen I, Hua III/1, 123 und der Interpretation von F. Kreis, Phänomenologie und Kritizismus. Tübingen 1930, 52 ff.
Vgl. hierzu Hua XVII, 269, 293, 320, Hua I, 101, 129 und Hua VI, 174 ff.
Vgl. Hua III/1, 185 f., Hua X, _ 39 und auch E. Marbach, Das Problem des Ich in der Phänomenologie Husserls, Den Haag 1974.
Vgl. zu Kant hier Kap. II, 9-11 und zu Husserl Kap. III, 6, a) und III, 8, a).
Vgl. zu diesem ‘Anfangsproblem’ die ausführliche Darstellung in Kap.III, 6, d).
Wenngleich Husserl in Erfahrung und Urteil seine Analysen scheinbar ‘eurozentrisch’ an der Struktur indogermanischer Sprachen orientiert, so ist ihm das Problem doch bewußt. Er weist mit Recht immer wieder darauf hin, daß es ihm um die Aufdeckung von apriorischen, universalen Funktionen geht (vgl. EU, 248 f., 254, Anm. 2, 266, 271).
Vgl. z.B. die Analyse von Kants Argumentation in der transzendentalen Deduktion bei K. Düsing, Hegel und die Geschichte der Philosophie. Darmstadt 1983, 223.
Vgl. hierzu meinen Versuch in Grundzüge eines Synthesis-Modells der Auffassung. Kant und Husserl über den Ordnungsgrad sinnlicher Vorgegebenheiten und die Elemente einer Phänomenologie der Auffassung. In: Husserl-Studies 10 (1994), 111-141.
Man könnte gegen diese ganze Untersuchungsrichtung einwenden wollen, daß sie auf einem zu großen Optimismus bezüglich der Authentizität von Erfahrung und Urteil beruhe, welches doch erst posthum von L. Landgrebe herausgegeben wurde. Dieser Optimismus ist jedoch nicht grundlos, wie ich in meiner Untersuchung Zu der Entstehung und den Ausgangsmaterialien von Edmund Husserls Werk ‘Erfahrung und Urteil’. (In: Husserl Studies 13 (1996), 31-71) gezeigt habe, die also in dieser Hinsicht ein unentbehrliches Bestandteil der vorliegenden Arbeit darstellt.
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Lohmar, D. (1998). Phänomenologie und Kantianismus in gegenseitiger Kritik. In: Erfahrung und Kategoriales Denken. Phaenomenologica, vol 147. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-011-5120-7_5
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