Zusammenfassung
Gehen wir von einer konkreten Analyse Husserls aus, die wir für aufschlußreich halten. Inmitten der äußerst abstrakten und schwierigen fünften Cartesianischen Meditation erörtert unser Philosoph eine scheinbar einfache Frage: Wie lernt ein Kind „erstmalig, den Zweck einer Schere“ kennen (Hua I, 141). Die Erörterung beruht allerdings auf einer Reihe von Voraussetzungen. Husserl gibt im Vorhergehenden zu verstehen, daß der Zwecksinn des Dinges in der Alltagserfahrung verankert ist und durch ein leibliches Subjekt infolge einer „analogisierenden Übertragung“ verstanden wird. Was Husserl nicht sagt, aber auch nicht ausschließt, betrifft die folgenden Umstände:
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1)
Die Alltagserfahrung, in deren Rahmen das Kind den Zwecksinn einer Schere kennenlernt, hat eine bestimmte Praxis zum Gegenstand.
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2)
Diese Praxis ist eine intersubjektive Praxis. Die analogisierende Übertragung, von der Husserl spricht, beruht keineswegs auf einer Wahrnehmung oder einer theoretischen Erkenntnis. Vielmehr versteht das Kind mit seinem Leib, an seinem Leib und infolge seines Leibes die Art und Weise, wie andere leibliche „Subjekte“ mit Scheren hantieren.
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3)
Die Handlung „Schneiden mit einer Schere“ gehört einem bestimmten „Handlungsfeld“ an. Das Kind versteht, daß man mit einer Sehere Papier, Stoffe, Faden sehneidet, aber nieht Brot oder Bretter. Es begreift dies, weil es bereits in eine bestimmte intersubjektive Praxis aufgenommen ist.
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Strasser, S. (1991). Normativität der Lebenswelt. In: Welt im Widerspruch. Phaenomenologica, vol 124. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-011-2484-3_19
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