Zusammenfassung
Es ist nicht Absicht vorliegender Studie, eine in jeder Hinsicht erschöpfende Darstellung der philosophischen Anthropologie Max Schelers zu geben. Deshalb kann in diesem kritischen und weiterbauenden Schlußkapitel auch nicht zu allen Einzelheiten des Schelerschen Menschenbildes Stellung genommen werden, sondern nur zu jenen, allerdings zentralen Inhalten, die unter dem hier leitenden Gesichtspunkt der christlichen und theologischen Implikationen maßgebend sind: Schelers anthropologische Methode, sein Personalismus, Philosophie und Anthropologie als Weltanschauung.
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Literatur
Philosophische Anthropologie V.
P. Häberlin, „Anthropologie u. Ontologie“; in: Zeitschrift f. phil. Forschung 4 (1949), 15.
Vgl. u.a. „Macht u. menschliche Natur. Ein Versuch zur Anthropologie d. geschichtlichen Weltansicht“; in: Zwischen Philosophie u. Gesellschaft 251–262 sowie unsere Studie: Die exzentrische Position d. Menschen 32–53 und 198–202.
Probleme d. Kulturanthropologie; Bonn 21965, 8.
Vgl. Der Mensch 9–20 und unseren Beitrag: „Der Mensch — Geist- oder Mängelwesen?“; in: Zeitschrift f. kath. Theologie 88 (1966), 424–427.
Vgl. „Phänomenologie u. Erkenntnistheorie”: GW X, 382: „Die Kriteriumsfrage ist die Frage des ewigen,anderen‘— dessen, der nicht im Erleben, im Erforschen der Tatsachen das wahr und falsch oder die Werte gut und böse usw. finden will, sondern sich über das alles stellt — als ein Richter. Ein solcher aber macht sich nicht klar, daß alle Kriterien erst aus der Berührung mit den Sachen selbst abgeleitet sind -und auch,die‘Kriterien so abzuleiten sind.“
„An erster Stelle ist Phänomenologie… der Name für eine Einstellung des geistigen Schauens, in der man etwas zu er-schauen oder zu er-leben bekommt, was ohne sie verborgen bleibt: nämlich ein Reich von,Tatsachen‘eigentümlicher Art. Ich sage,Einstellung‘— nicht Methode. Methode ist ein zielbestimmtes Denkveriahren über Tatsachen, z.B. Induktion, Deduktion. Hier aber handelt es sich erstens um neue Tatsachen selbstf die vor aller logischen Fixierung liegen, zweitens um ein Schau verfahren.“(„Phänomenologie u. Erkenntnistheorie“: GW X, 380.)
Damit ist nicht behauptet, daß I Jo 4, 8.16 überhaupt nichts über die Seinswirklichkeit Gottes ausgesagt ist. Der Satz darf jedoch nicht als erschöpfende und letzte Definition Gottes angesehen werden; er bezeichnet vielmehr „die eigentlichste Wesensäußerung Gottes uns gegenüber.” (V. Warnach. A gape. Die Liebe als Grundmotiv d. neutestamentlichen Theologie; Düsseldorf 1961, 168.)
Vgl. L. Binswanger, Grundformen u. Erkenntnis menschlichen Daseins 110, 555f.
H. G. Gadamer, Wahrheit u. Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik; Tübingen 21965, 335.
E. Ströker, „Zur gegenwärtigen Situation d. Anthropologie“; in: Kant-Studien LI (1959/60), 462.
P. L. Landsberg, Einführung in die philosophische Anthropologie; Frankfurt a.M. 21960, 12.
Schon Heidegger schreibt: „Zugänglich wird uns das Sein des Daseins, das on-tologisch das Strukturganze als solches trägt, in einem vollen Durchblick durch dieses Ganze auf ein ursprünglich einheitliches Phänomen, das im Ganzen schon liegt, so daß es jedes Strukturmoment in seiner strukturalen Möglichkeit ontologisch fundiert.“(Sein u. Zeit 181.)
Vgl. Die Stufen d. Organischen u. der Mensch 288f.
Das Menschliche. Wege zu seinem Verständnis; Stuttgart 1958, 58.
Der philosophische Glaube; München 1954, 431.
Tier u. Mensch. Beitrag zur Wesensbestimmung d. Menschen; Frankfurt a.M. 1958, 38f.
Vgl. Die Schichten d. Persönlichkeit; Bonn 71966, 1f., 7, 16f., 20f., 149, 156, 162.
Der Formalismus…: GW II, 293.
Vielleicht ist der Verlust dieses Vorverständnisses, den die Gott-ist-tot-Theologie gar nicht mehr beklagt, Folge eines freiwilligen und aktiven Ausbrechens des modernen Menschen aus der formalen und materialen Inhaltlichkeit des christlichen Gottesbegriffs. Hier könnte Nietzsche deutlicher gesehen haben mit dem Schrei des „tollen Menschen“:,,Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet!” (Die fröhliche Wissenschaft 125) als W. Hamilton, der die Erfahrung vom Tod Gottes als notwendige und unabwendbare Folge der fortschreitenden Technisierung der Welt auffaßt (vgl. „Bemerkungen zur,Radical Theology‘“; in: Concilium 3 [1967], 734).
E. Rothacker, Philosophische Anthropologie 88.
J. Ratzinger, „Schöpfung“; in: Lexikon f. Theologie u. Kirche, Bd. IX, 21964, 460. — Man wird fragen müssen, ob selbst die christliche Theologie neben der Anerkennung der beiden Fakten, Schöpfung und Eigenständigkeit des Geschaffenen, und darüber hinaus schon in genügendem Maß eine echte „Theorie“des Geschaffenseins entwickelt hat.
Vgl. dazu W. Weischedel, Philosophische Grenzgänge. Vorträge u. Essays; Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1967, 67f.: „Auch im Felde der Philosophie hat sich immer wieder gezeigt, daß der Gedanke der menschlichen Freiheit untergehen muß, wenn der metaphysische Gedanke Gottes als des Absoluten konsequent gedacht wird… Doch auch hier… erhebt sich die Frage, ob der ganzen Problematik nicht gewisse Vorentscheidungen zugrunde liegen und ob nicht sie es sind, die zur Unlös-barkeit führen. Das scheint in der Tat der Fall zu sein. Offenbar wird hier ein bestimmter Begriff von Gott und vom Absoluten vorausgesetzt; diese werden als oberste Ursache, als höchstes Ziel oder als innerster Grund verstanden. Wird dieser Gedanke radikal gedacht, dann muß entweder die Antinomie unlösbar werden, oder das endlich Wirkliche muß geopfert werden…
Vgl. dazu K. Rahner, Gotteslehre; in: Lexikon f. Theologie u. Kirche IV, 21960, 1123f.
Wohl aber sei noch auf eine Stelle verwiesen, wo bei Scheler der Unterschied zwischen spekulativ-philosophischem Gottesbegriff und dem geoffenbarten Wesen Gottes mit einiger Deutlichkeit hervortritt: „Dieses Sein [des Absoluten] selbst ist Augustin bis in seinen Kern schöpferische Liebe und gleichzeitig allbarmherziger Drang der Selbstmitteilung, der Selbsterschließung. Ist aber solches das Wesen des absoluten Seins — sind es also nicht bloß nachträgliche, durch Spekulation gefundene Bestimmungen seiner —, so kann es dem Menschen gar nicht anders zur Gegebenheit kommen als so, daß er seiner Seele Quell unmittelbar in diesen Urquell alles bloß statischen Seins hineingestellt und von ihm gespeist erlebt; daß er also die Liebesbewegung, die ja eben Gott ist, nachvolizieht, mitvollzieht.“(„Über östliches u. westliches Christentum”: GW VI, 110.)
Vgl. K. Rahner, „Existential, übernatürliches“; in: Lexikon f. Theologie u. Kirche, Bd. III, 21959, 1301.
Zur Verkürzung der Gottebenbildlichkeitslehre durch die Scholastik gegenüber vor allem der griechischen Patristik vgl. F. Lakner, ,,Gottebenbildlichkeit, dogmatisch“; in: Lexikon f. Theologie u. Kirche, Bd. IV; 21960, 1090–1092.
Zum vollen Inhalt der Gottebenbildlichkeit vgl. ferner W. Seibel, „Die Gottebenbildlichkeit d. Menschen“; in: Mysterium Salutis. Grundriß heilsgeschichtlicher Dogmatik, hrsg. v. J. Feiner u. M. Löhrer; Bd. II: Die Heilsgeschichte vor Christus; Einsiedeln-Zürich-Köln 1967, 806–817, bes. 814–817.
R. Prenter, „Anthropologie, dogmatisch“; in: Die Religion in Geschichte u. Gegenwart. Handwörterbuch f. Theologie u. Religionswissenschaft, hrsg. v. K. Galling, Bd. I; Tübingen 31957, 421.
Vgl. „Über östliches u. westliches Christentum“: GW VI, 102 mit Anm. 1, 109, 113 und: „Probleme d. Religion“: GW V, 118.
H. U. v. Balthasar, Apokalypse d. deutschen Seele, Bd. III, 172.
In diesem Sinn meinen wir K. Rahner recht zu verstehen, wenn er von der richtig aufgefaßten „Erfahrung der Gnade“schreibt: „Und nun: wenn wir diese Erfahrung des Geistes machen, dann haben wir (wir als Christen mindestens, die im Glauben leben) auch schon faktisch die Erfahrung des Übernatürlichen gemacht. Sehr anonym und unausdrücklich vielleicht. Wahrscheinlich sogar so, daß wir uns dabei nicht umwenden können, nicht umwenden dürfen, um das Übernatürliche selber direkt anzublicken.“(„Über die Erfahrung d. Gnade“; in: Schriften z. Theologie, Bd. III; Einsiedeln-Zürich-Köln 1956, 108; vgl. ders., „Gnadenerfahrung“; in: Lexikon f. Theologie u. Kirche, Bd. IV, 21960, 1001f.)
Beides, Mittelbarkeit und Glaubensbasis der Gnadenerfahrung, gilt grundsätzlich auch für den Mystiker; vgl. dazu: K. Rahner, „Mystik, theologisch“; in: Lexikon f. Theologie u. Kirche, Bd. VII, 21962, 743, 744.
Vgl. zu den folgenden Ausführungen: K. Rahner — J. B. Metz, „Grundstrukturen im heutigen Verhältnis der Kirche zur Welt“; in: F. X. Arnold — K. Rahner — V. Schurr — L. M. Weber (Hrsgb.), Handbuch d. Pastoraltheologie, Bd. II/2; Freiburg-Basel-Wien 1966, 203–267, bes. § 3: J. B. Metz, Versuch einer positiven Deutung d. bleibenden Weltlichkeit d. Welt, a.a.O. 239–267.
J. B. Metz, in: Handbuch d. Pastoraltheologie, Bd. II/2, 249.
Um ein Beispiel zu nennen: Ehe ist nicht gut und heilig, erst weil sie Sakrament ist; vielmehr wird sie wegen ihrer innersten Natur als bleibend treues Liebesgeschehen förmlich „Anlaß“zur Sakramentalität; vgl. dazu: K. Rahner, „Die Ehe als Sakrament“; in: Schriften z. Theologie, Bd. VIII; Einsiedeln-Zürich-Köln 1967, 533.
K. Rahner, „Philosophie u. Philosophieren in der Theologie“; in: Schriften z. Theologie, Bd. VIII, 72.
Und K. Barth, dem man eine Überbewertung der philosophischen Vernunft nicht wird vorwerfen können, hält eine eigenständige (vor allem „theistische“— was nicht heißen muß: eine Gott methodisch an den Anfang stellende) philosophische Anthropologie für „möglich, grundsätzlich berechtigt und grundsätzlich notwendig. Gottes Wort und Offenbarung ist nicht die Quelle, aus der diese Wissenschaft… ihre Kunde vom Menschen schöpft. Sie ist in allen ihren Gehalten die allgemeine Wissenschaft des sich selbst über sich selbst belehrenden Menschen… Die theologische Anthropologie ist offen gegenüber jeder solchen allgemeinen Wissenschaft vom Menschen.“(Die kirchliche Dogrnatik, Bd. III/2: Die Lehre von der Schöpfung: Zürich 1948, 241.)
J. B. Lotz, „Christliche Anthropologie”; in: H. Rombach (Hrsgb.), Die Frage nach dem Menschen 73; 76.
Vgl. Th. Litt, „Empirische Wissenschaft u. Philosophie“; in: K. Ziegler (Hrsgb.), Wesen u. Wirklichkeit d. Menschen. Festschrift f. Helmuth Plessner; Göttingen 1957, 22f.
S. Strasser, „Geisteswissenschaften oder Erfahrungswissenschaften vom Menschen?“; in: ders., Bouwstenen voor een filosofische anthropologie; Hilversum-Antwerpen 1965, 236.
S. Strasser, Phänomenologie u. Erfahrungswissenschaft vom Menschen. Grundgedanken zu einem neuen Ideal der Wissenschaftlichkeit; Berlin 1964, 215.
P. Häberlin, „Anthropologie u. Ontologie“; in: Zeitschrift f. phil. Forschung 4 (1950), 10. A. G. M. Van Meisen, Evolution u. Philosophie; Köln 1966, 227.
Vgl. oben 135–137.
„Mensch u. Geschichte“: Phil. Weltanschauung 62.
W. Keller, „Über philosophische Anthropologie“; in: Studia philosophica XX (1960), 38.
Man wird daher mit E. Ströker zwar sagen, philosophische Anthropologie sei „im eigenen Ansatz gänzlich neutral gegen jede spezialwissenschaftliche Fixierung des Menschen“, nicht aber zugestehen, es sei nur ihre Aufgabe, „mit den ihr eigenen Möglichkeiten reflektierenden Denkens wissenschaftliche Resultate zu interpretieren und die den mannigfaltigen Forschungsaspekten zugrunde liegende Einheit zu suchen…“(„Zur gegenwärtigen Situation d. Anthropologie“; in: Kant-Studien 51 [1959/60], 462.) Die bloße Zusammenschau einzelwissenschaftlicher Daten als Aufgabe einer philosophischen Anthropologie berücksichtigt ausreichend weder die Legitimität einer genuin philosophischen Idee vom Menschen noch die geforderte Offenheit, diese Idee nötigenfalls vom konkreten Phänomenbestand her zu modifizieren.
M. Thiel, „Das Problem einer fundamentalen Anthropologie. Ein Anliegen unserer Zeit“; in: G. Funke (Hrsgb.), Konkrete Vernunft, Festschrift f. Erich Rothacker; Bonn 1958, 167.
H. Thomae, „Grenzprobleme zwischen philosophischer u. psychologischer Anthropologie“; in: Studium Generale 9 (1956), 441. — Ähnlich verweist S. Strasser auf den legitim einschränkenden Sinn der anthropologischen Einzelwissenschaften bei der Bestimmung der menschlichen Freiheit: Phänomenologie u. Erfahrungswissenschaft vom Menschen 255–259.
Der Formalismus…: GW II, 469.
Bekanntlich hat N. Hartmann seine Personlehre auf diesem ethischen Ansatz aufgebaut, wie schon seine Umschreibungen der Person zeigen: „Person ist das Subjekt insofern, als es mit seinen transzendenten Akten, d.h. in seinem Verhalten, Träger sittlicher Werte und Unwerte ist.“(Ethik 227.) „Unter Personen verstehen wir die menschlichen Individuen, sofern sie als handelnde, redende, wollende und strebende, als Vertreter ihrer Meinungen, Einsichten, Vorurteile, als Wesen mit Ansprüchen und Rechten, Gesinnungen und Wertungen irgendwie Stellung nehmen.“(Das Problem d. geistigen Seins. Untersuchungen zur Grundlegung d. Geschichtsphilosophie und der Geisteswissenschaften; Berlin 31962, 125.) Nach Hartmann ist es die Ethik, „die es fast auf der ganzen Linie ihrer Probleme mit der Person als solcher zu tun hat. Der philosophischen Arbeit auf ihrem Gebiete verdanken wir das meiste, was wir über Personalität wissen.“(Das Problem d. geistigen Seins 133.)
Letzteres scheint N. Hartmann zu übersehen, wenn er im Zusammenhang mit seiner Kritik an Schelers Lehre von der Gesamtperson von einer „Einbeziehung Gottes“(statt von einem Ausgehen von Gott) spricht und anfügt, man habe „gar keinen Grund, von den ethischen Problemen zu erwarten, daß sie irgendwelche theologischen Nebenresultate ergeben.“Genau umgekehrt — und richtig — umschreibt Hartmanns unmittelbar folgende Bemerkung den Sachverhalt: „Der Schelersche Personalismus begeht, bei aller Ablehnung Kants im allgemeinen und der Postulaten-lehre im besonderen, eine ganz analoge Grenzüberschreitung“wie „Kants Verfahren, die theologischen Grundbegriffe moralisch zu basieren…“(Vgl. Ethik 248.)
Daß mit dieser Kritik an Scheler weder die von Hartmann a.a.O. gelehrte Unper-sönlichkeit Gottes — bereits Scheler hielt bekanntlich die Personalität Gottes für philosophisch unerweisbar — noch seine postulatorisch atheistische Ethik überhaupt übernommen werden muß, braucht nicht eigens betont zu werden. Nur Schelers ursprüngliches Ansetzen bei der Personalität Gottes soll — um es nochmals zu sagen -als für eine philosophische Anthropologie unzulänglich dargetan werden. Auch ein Denken, wonach der „Mensch, auch schon philosophisch, im letzten durch seine Herkunft von Gott, durch seine Gegenwart vor ihm und seine Beziehung zu ihm seinshaft Person“ist, muß fortfahren: „So wahr diese Aussage ist, das menschliche Personsein kann in philosophischer Begründung nicht in einer vorschnellen Gott-unmittelbarkeit angesetzt werden… Die personale Beziehung zu Gott ist ontologisch vermittelt, sie kann sich den Durchgang durch das Sein nicht ersparen. Die Seinsoffenheit des Menschen, der er verdankt, daß er,Welt‘hat und nicht nur,Umwelt‘wie das Tier, ist die Wurzel seiner Personalität. Daraus entspringen das Selbst in seiner personalen Grundprägung, die Allbezüglichkeit (Kommunikationsfähigkeit) der Person, ihre Endlichkeit und ihr ungegenständlicher Charakter.“(A. Guggenberger, Person; in: H. Fries, Hrsgb., Handbuch theologischer Grundbegriffe, Bd. II; München 1963, 299.)
„Nach diesen den theoretischen Sinn des Personbegriffs und seine Stellung betreffenden Untersuchungen, ohne die auch das Folgende ohne Halt geblieben wäre, wenden wir uns nunmehr der Frage zu,… was in ethischen Zusammenhängen das Wort Person überhaupt bedeutet.“(Der Formalismus…: GW II, 469.)
Der Formalismus…: GW II, 469 (Sperrung von uns).
Dies zumindest ist der positive und berechtigte Sinn des von Scheler urgierten emotionalen „Wertapriori“, das in den eigenständigen Akten des,,Vorziehens und Nachsetzens“bzw. „Liebens und Hassens“in „intuitiver Vorzugsevidenz“nach Art von Pascals ordre du cœur erfaßt wird; vgl. Der Formalismus…: GW II, 81–84; 871.; 104–107; 159–261; 265–267 u.a.
Dieser Position zufolge ist nach M. Theunissen „menschliche Personalität radikale Relationalität. Für sie gibt es nicht zunächst eine Person, die dann noch in Beziehungen einträte und als deren Träger immer schon vorausgesetzt werden müßte. Vielmehr ist, so meint man, das Sein der Person ein Sein in und aus der Beziehung. Es ist Endlichkeit in der Gestalt totaler Angewiesenheit… Die Person ist sowohl Partner eines Dialogs wie auch Glied einer Gesellschaft, und zwar so, daß sie sich erst in Glied- und Partnerschaft konstituiert.” („Skeptische Betrachtungen über den anthropologischen Personbegriff“; in: H. Rombach, Hrsgb., Die Frage nach dem Menschen 463.)
Diese Theorie findet sich mit „gewissen Einschränkungen“(Theunissen, a.a.O. 464) bereits bei Husserl. Zwar ist seine Ausgangsbasis „meine primordinale Welt als die zum Phänomen gewordene pure Dingwelt,… in deren Mitte ich mich als primordinal personales, psychophysisches Ich… konstituiert hatte.“Aber über vier Schritte zum Anderen kommt es „im fünften und letzten Schritt“zur Übertragung der Gegenstandseinheit,Mensch‘auf mich selbst, indem ich mir einfühlend vergegenwärtige, wie und als was mich der Andere vorstellt“, so daß als Resultat dieses Prozesses gelten kann: „Durch den Anderen werde ich zum objektiven, realen Ich, als das ich mich in der natürlichen Einstellung vorfinde. Als objektives Ich bin ich Mensch und als Mensch bin ich einerseits Mensch unter nichtmenschlichen Weltobjekten, andererseits Mensch unter Menschen.“(Vgl. M. Theunissen. Der Andere. Studien zur Sozialontologie d. Gegenwart; Berlin 1965, 78, 84.) Dazu Husserl selbst: „Zur Auffassung des Menschen (im geistigen Sinn) komme ich in Beziehung auf mich selbst durch Komprehension der Anderen, nämlich insofern ich sie nicht nur komprehen-diere als Zentralglieder für die sonstige Umwelt, sondern auch für meinen Leib, der für sie umweltliches Objekt ist.… Durch diese kompliziert gebaute Auffassungsart ordne ich mich dem Menschheitsverbande ein… Nun erst bin ich eigentlich Ich gegenüber dem Anderen…“(Ideen zu einer reinen Phänomenologie u. phänomenologischen Philosophie. II. Buch: Phänomenologische Untersuchungen zur Konstitution [Husserliana IV]; Den Haag 1952, 242.)
Die späteren dialogisch orientierten Denker schreiten von einer einseitigen Konstitution des Ich durch den Anderen fort zu einer wechselseitigen und schließlich zu einer Konstitution von Ich und Du aus einer den Partnern vorausliegenden dualen Einheitssphäre: So schreibt N. Hartmann, ohne jedoch die Stellung des individuellen Einzelnen anzutasten (vgl. etwa seine Kategorie der personalen, sich in sich schließenden „Ganzheit“, Das Problem d. geistigen Seins 128, 131f., 140, die echte Gegenüberstellung von Ich und Du, Ethik 233 u.a., oder seine Kritik an Schelers „Gesamtperson“, Ethik 241–243): „Die Person wird, wenn man sie aus der Korrelation von Ich und Du — in der allein wir sie kennen — herauslöst, zu etwas Absolutem umgestempelt…“(Ethik 234.) „Im Verhältnis der Personen erst ist das,Ich‘das, was es eigentlich ist. Es ist die innere Form des Wissens der Person um sich — im Wissen um die anderen Personen.“(Das Problem d. geistigen Seins 127.)
Die späteren dialogisch orientierten Denker schreiten von einer einseitigen Konstitution des Ich durch den Anderen fort zu einer wechselseitigen und schließlich zu einer Konstitution von Ich und Du aus einer den Partnern vorausliegenden dualen Einheitssphäre: Nach F. Ebner ist der (mögliche) Rückzug des Ichs auf sich selbst Schuld und Abfall; vgl. Das Wort u. die geistigen Realitäten. Pneumatologische Fragmente; Wien 1952, 127, 33 u.a.
Die späteren dialogisch orientierten Denker schreiten von einer einseitigen Konstitution des Ich durch den Anderen fort zu einer wechselseitigen und schließlich zu einer Konstitution von Ich und Du aus einer den Partnern vorausliegenden dualen Einheitssphäre: Auch bei M. Buber besteht noch die „Schwierigkeit… der Vereinbarung“von „Zugang zur Begegnung von je meinem Ich her und… der Herkunft je meines Ich und des Anderen aus der Begegnung“, wobei jedoch „Buber in diesem Streit prinzipiell dem Zwischen beipflichtet.“(Vgl. M. Theunissen, Der Andere 272.)
Die späteren dialogisch orientierten Denker schreiten von einer einseitigen Konstitution des Ich durch den Anderen fort zu einer wechselseitigen und schließlich zu einer Konstitution von Ich und Du aus einer den Partnern vorausliegenden dualen Einheitssphäre: Nachdem schon bei K. Löwith die Partner erst im „einheitlichen Einander“bzw. „im Verhältnis selbst“ihre eigene Selbständigkeit erhalten (vgl. Das Individuum in der Rolle d. Mitmenschen; München 1928, 55f., 62f.; 102, 71,128), formuliert schließlich L. Binswanger bisher am radikalsten: „Erst aus der Wirheit,entspringt‘hier die Selbstheit. Wir sind,früher’ als Ich-selbst und Du-selbst.” „Diese Wirheit ist… eine ursprüngliche Seinsart des,Daseins‘, der gegenüber… die Selbstheit, ja die Individualität überhaupt als etwas Sekundäres erscheinen.“(Grundformen u. Erkenntnis menschlichen Daseins; München-Basel 31902, 126, 150f.)
Diese Form des Personalismus spaltet sich nach M. Theunissen in zwei Richtungen. „Das eine Lager sieht die Absolutheit der Person in der Losgelöstheit des Für-sich-Seins, das andere in der Autarkie des Durch-und-aus-sich-Seins.“Für beide gilt, „daß man trotz Annahme der Absolutheit sehr wohl das personale In-Beziehung-Sein thematisieren kann, solange man der Relationalität keine konstitutive Bedeutung einräumt.“(„Skeptische Betrachtungen über den anthropologischen Personbegriff; “in: Die Frage nach dem Menschen 463.)
Für die erste Form des Personalismus des Für-sich-Seins stehe beispielhaft D. v. Hildebrand, der auf Grund scholastischer Ansätze Selbststand und Gemeinschaftsbezogenheit der Person zu verbinden sucht: „Die menschliche Person stellt unter allen in der Erfahrung uns gegebenen geschöpflichen Entitäten am meisten eine,Welt für sich’ dar. Daß sie überhaupt den Charakter eines,für sich Seienden‘besitzt, ist freilich schon mit ihrem Substanz-Sein gegeben; und noch mehr damit, daß sie eine komplete Substanz darstellt, die als solche in ihrem konstitutiven Sein nicht ergänzungsbedürftig ist.“„Die Betrachtung des Wesens der menschlichen Person… zeigt uns einerseits den Menschen in seinem einzigartigen,Substanzcharakter‘… — aber andrerseits auch in seiner eindeutigen Angelegtheit auf,moralische‘Ergänzung durch andere, in seiner Bestimmung für Gemeinschaft mit anderen.“(Metaphysik d. Gemeinschaft. Untersuchungen über Wesen u. Wert d. Gemeinschaft; Regensburg 1955, 17, 21.)
Anders als Theunissen unterscheidet B. Häring drei Formen des Personalismus, den „Ich-orientierten, humanistischen“, den „sozialen“und den „radikalen Ich-Du-Wir-Personalismus“. N. Hartmann rückt dabei (nicht ohne Berechtigung) unter den ich-orientierten, Scheler (zu Unrecht, da bei ihm Liebe primär Liebe zu Gott ist und er mehr als Hartmann von der Einzelperson ausgeht) unter den radikalen Ich-Du-Wir-Personalismus (vgl. Personalismus in Philosophie u. Theologie; München-Freiburg i.B. 1968, 11, 14, 20).
Ethik 243.
A.a.O. 252.
Vgl. Der Formalismus…: GW II, 103f.; N. Hartmann, Ethik 251.
Kritik d. praktischen Vernunft A 226.
N. Hartmann, Ethik 809.
A.a.O. 810.
Daß gerade der moderne dialogistische Personalismus wesentlich religiös-theologisch mitbestimmt ist, erklärt nicht zuletzt seine vielfältigen Auswirkungen auf die Theologie der beiden großen christlichen Konfessionen (vgl. dazu B. Langemeyer, Der dialogische Personalismus in der evangelischen u. katholischen Theologie d. Gegenwart; Paderborn 1963). — Für Ebner steht fest, „daß es nur ein einziges Ich gibt, und daß das Ich das,Einzige’ ist — vor Gott… Es gibt aber auch nur ein einziges Du und das eben ist Gott.“(Das Wort u. die geistigen Realitäten 36; wie so oft bei Ebner, steht auch dieses Zitat für viele gleichlautende.) Deshalb gilt von Ebner: „Fragen wir hier, wie bei Kierkegaard, nach dem Letztgültigen, so stehen wir wieder vor dem zwar weltschauenden, aber letztlich ananthropisch sich verhaltenden Einzelnen.” (M. Buber, Zur Geschichte d. dialogischen Prinzip; in: Werke I; München-Heidelberg 1962, 296f.) — Bubers religiösen Ausgangspunkt und theologisches Ziel hat M. Theu-nissen (Der Andere 257–259, 330–346) aufgewiesen.
Zur vorschnellen Übertragung des Personbegriffs gerade in seinem relationistischen Sinn von Gott auf den Menschen sei hier nur so viel bemerkt: Wenn W. Pannenberg erwähnt, bereits Augustinus habe „die trinitarischen Personen als Relationen verstanden“und Richard v. St. Viktor habe daraus „die Konsequenz für den allgemeinen Personbegriff gezogen“(„Person“; in: Die Religion in Geschichte u. Gegenwart, Bd. V, 231), dann müßte der dogmengeschichtliche Hintergrund zu denken geben. Augustinus betont gerade auch in seiner Trinitätslehre die Einheit und un verwiesene Geschlossenheit Gottes, seine Relationslehre ist „Ausdruck für die personale Differenzierung des einen Gottes“(L. Scheffczyk, „Lehramtliche Formulierungen d. Dogmengeschichte d. Trinität“; in: Mysterium Salutis, Bd. II, 203); sie ist „die zarteste und weichste Linie, die ausfindig gemacht werden konnte, um irgendwie die Differenzen im göttlichen Sein zu markieren, ohne doch dabei die Einheit durch schwere Kategorien zu zerstören… Die Einheit Gottes ist bei Augustin überaus klar, die Dreiheit ist trotz der,Relationen‘für ihn etwas Problematisches geblieben…“(R. Seeberg, Lehrbuch d. Dogmengeschichte, Bd. II: Die Dogmenbildung in der alten Kirche; Basel-Stuttgart 1960, 5159f.) Und Richard v. St. Viktor geht vom Gottesbegriff Anselms (vgl. dazu oben 92, Anm. 120) aus und damit von Gottes Vollkommenheit und Selbstgenügsamkeit, die völlig frei sich erschließt und gerade im trini-tarischen Leben die göttliche Wesenseinheit wahrt (vgl. L. Scheffczyk, a.a.O. 210). Beides aber, Gottes Einheit und Selbstgenügsamkeit — und damit der trinitarische Personbegriff — ist nicht einfach auf die Verhältnisse unter real voneinander geschiedenen und notwendig aufeinander verwiesenen Menschenindividuen zu übertragen.
Gleichsam die Gegenprobe zu diesen Überlegungen bilden die Schwierigkeiten, welche sich ergeben, will man den anthropologischen, am Phänomen des vom Anderen geschiedenen Individuums orientierten Personbegriff einfach auf den dreifaltigen Gott übertragen. „Wer z.B. heute,drei Personen‘hört, verbindet… mit dem Wort fast zwangsläufig die Vorstellung von drei verschiedenen Bewußtseins- und Aktzentren, was zu einem häretischen Mißverständnis des Dogmas führt.“(K. Rahner, „Der dreifaltige Gott als transzendenter Urgrund d. Heilsgeschichte“; in: Mysterium Salutis, Bd. II, 353.)
Freilich ist zu beachten, daß das dabei herangezogene Phänomen der Mitverantwortlichkeit zunächst (und zu Recht) nur für die Zugehörigkeit des Einzelnen zu einemmöglichen oder faktischen Sozialverband geltend gemacht wird:,,Ethisch erscheint dieses Erleben ihrer [der Einzelperson] notwendigen Gliedschaft in einer Sozialsphäre überhaupt in der Mitverantwortlichkeit für das Gesamt wirken dieser.“(Der Formalismus…: GW II, 509.) Erst die unter Zuhilfenahme anderer Daten übersteigerte Mitverantwortlichkeit führt zur Annahme einer überindividuellen Ge-samtperson; vgl. oben II. Kap., § 3; zur teilweise ethischen Fundierung der Gesamtpersonlehre bes. 111f.
M. Müller, „Person u. Funktion“; in: Phil. Jahrbuch 69 (1961/62), 380f.
Beides, leiblich bedingte Trennung und Zusammenhang zwischen den Einzelpersonen, zeigt Schelers Ansatz in dem bekannten Anhang zum Sympathie-Buch,,Vom fremden Ich“: Die raum-zeitliche, unter die,,äußere“Wahrnehmung fallende Trennung soll überwunden werden durch jene,,innere“Wahrnehmung, die von vornherein über ein nach Ich und Gegenüber noch ungeschiedenes Seelenreich beim Anderen ist. Wir haben diesen Ansatz schon oben (168–170) kritisiert. Er mutet (wenigstens gnoseologisch) geradezu dialogistisch im Sinne einer Ich und Du aus sich entlassenden Einheitssphäre an; so etwa, wenn Scheler schreibt:,,Es ist eben derselbe Aktus der Unterscheidung in einem zunächst wenig geschiedenen Ganzen, durch den uns gleichzeitig das Eigene und Fremde zum klaren Bewußtsein kommt.“(Wesen u. Formen d. Sympathie 290.) K. Löwiths Kritik am Anhang „Vom fremden Ich“— nach Scheler werde das eigene Ich,,unter die anderen Ichobjekte sachhaft eingeordnet“, die anderen „gelten als nebeneinander vorhandene Individuen, die,an sich‘sind, was sie sind und außerdem noch aneinander teilhaben können“(vgl. Das Individuum in der Rolle d. Mitmenschen 130) — ist also auch vom Standpunkt eines betonten Dialogismus aus überspitzt und ungerecht.
Der Formalismus…: GW II, 470.
Person erscheint im ethischen Sinn viel deutlicher als früher (vgl. die Persondefinitionen oben 81, Anm. 86) als konkretes, individuelles und als solches erlebbares geistiges Zentrum: Der Formalismus…: GW II, 470, 471, 475 u.a.; in diesem Sinn ist Person zwar immer noch verschlossen jeder psychologischen Objektivierung, die für Scheler offenbar notwendig „erklärend“verfährt; dem „Verstehenden“ist jedoch Person „als Vollzieher intentionaler Akte gegeben, die durch die Einheit eines Sinnes verbunden sind.“(A.a.O. 471.)
P. Ricœur gibt in diesem Zusammenhang eine bedeutsame Neuinterpretation der phänomenologischen Reduktion Husserls, die als Rückgang auf ein sinngebendes Subjekt allererst mannigfaltige, vor allem sprachlichen Ausdruck liegende Bedeutung erschließt und damit begegnende Interkommunikation dieses Sinnes möglich macht: vgl. „Die Zukunft d. Philosophie u. die Frage nach dem Subjekt“; in: H. R. Schlette, Hrsgb., Die Zukunft d. Philosophie; Olten-Freiburg i.B. 1968, 156.
Der Formalismus…: GW II, 472.
So F. Ebner; vgl. oben 222 (Anm. 56).
Der Formalismus…: GW II, 486.
A.a.O. 486; 490.
Den engen Zusammenhang zwischen Sittlichkeit und der sie verwirklichenden individuellen Person lockert Scheler bezeichnenderweise dort zugunsten einer Beziehung des Sittlichen auf Personakte überhaupt, wo er die christliche Erbschuldlehre philosophisch rechtfertigen will als „eine völlig sinnvolle und keineswegs widerspruchsvolle Idee.“(Der Formalismus…: GW II, 487.)
Der Formalismus…: GW II, 490.
A.a.O. 491.
A.a.O. 491f.; vgl. 99, Anm. 1.
Auch hier heißt es überspitzt: „Und nur wo der Leib als Sache gegeben ist, die einem Etwas,eigen‘ist, das sich in dieser Sache auswirkt und sich unmittelbar als auswirkend weiß, ist eben dieses,Etwas‘eine Person.“(Der Formalismus…: GW II, 473.)
Der Formalismus…: GW II, 473.
Hier wäre auch der Ort, die Radikalität der Todeserfahrung einzubauen als einer Erfahrung der „im Tode eines jeden von uns uns bedrohenden Vernichtung des,Leibhaften‘, also meiner selbst als dieses unwiederholbar-einmaligen,Selbsthaften‘“(M. Müller, „Person u. Funktion“; in: Phil. Jahrbuch 69 [1961/62], 386.) Im Tode bedeutet gerade auf Grund des leiblichen Zusammenbruchs der Person ihr Aufhören „das Ende aller Entscheidung. Damit ist Person ganz anders getroffen, als in jener metaphysischen Todesinterpretation, wo der Geist sich mit metaphysischer Notwendigkeit immer rettet, indem er sich löst aus jenem,Zugleich‘und jenem gegensätzlichen,Zusammen‘des Lebens, das nur den Charakter vorläufiger,Vermischung‘aufgeprägt erhalten hat.“(A.a.O. 387.)
Die letzten Worte Müllers könnten gegen Scheler gerichtet sein. Bei ihm wird wahrlich dem Tod schon philosophisch der „Stachel“genommen, wenn einerseits in der Frage nach Tod und „Fortleben“die Leiblichkeit vernachlässigt (vgl. oben 931.), anderseits der Tod zum notwendigen, naturalen „Urphänomen“allen Lebens verharmlost wird (vgl. GW X, 32; 17, 22, 23, 26, 35.) Am Ende eines universalen biologischen Lebensprozesses steht dann „nicht das reine Was des Todes selbst, sondern nur sein zufälliges Gestorbenwerden, seine Verwirklichung von diesem oder jenem Individuum;“Tod ist dann nur noch „jene Veränderung des Teiles der Körperwelt, die im Übergang jenes Körpers in einen Leichnam besteht,… ein Wechsel des Herrschaftsbereiches der Person und des Schauplatzes ihrer Erlebnis-Äußerungen.“(GW X, 61.)
Vgl. Der Formalismus…: GW II, 134f.; zu „Gesinnung“a.a.O. 127–136.
So vor allem bei A. Gehlen; vgl. Der Mensch 32 u.a.; Anthropologische Forschung. Zur Selbstbegegnung u. Selbstentdeckung d. Menschen; Reinbek bei Hamburg 1961, 48–50. Daß indes die Handlung bei Gehlen nicht letzte Grundkategorie ist, sondern ihrerseits wieder durch den Charakter des Menschen als „Mängelwesen“bedingt wird, haben wir aufgezeigt in: F. Hammer, „Der Mensch-Geist- oder Mängelwesen?“; in: Zeitschrift f. kath. Theologie 88 (1966), 426, 427.
Für E. Rothacker gilt „als erster Satz: der Mensch ist ein handelndes Wesen. An dem Widerstand der Welt gestalten sich seine Kräfte…“(Probleme d. Kulturanthropologie; Bonn 21005, 10; vgl. auch Philosophische Anthropologie 146f.)
Im selben, wenn auch weiteren Sinn als die Genannten spricht M. Müller von der „Werkerfahrung“als der „wichtigsten personalen Grunderfahrung“(„Person u. Funktion“; in: Phil. Jahrbuch 69 [1961/62], 393f., 395.)
Der Formalismus… GW II, 476.
A.a.O. 476.
A.a.O. 142.
Scheler unterscheidet: „1. die Gegenwart der Situation und den Gegenstand; 2. den Inhalt, der durch sie realisiert werden soll; 3. das Wollen dieses Inhalts und seine Stufen…; 4. die Gruppe der auf den Leib gerichteten Tätigkeiten, die zur Bewegung der Glieder führen (das,Tunwollen‘); 5. die mit ihnen verknüpften Zustände von Empfindungen und Gefühlen; 6. die erlebte Realisierung des Inhaltes selbst (die,Ausführung‘).” (Der Formalismus…: GW II, 137.)
Der Formalismus…: GW II, 148.
A.a.O. 476.
„Zur Phänomenologie u. Metaphysik d. Freiheit“: GW X, 160.
„Zur Phänomenologie u. Metaphysik d. Freiheit“: GW X, 157.
A.a.O. 157, 158.
M. Müller, „Person u. Funktion“; in: Phil. Jahrbuch 69 (1961/62), 388.
Vgl. dazu: S. Strasser, „Endliche Freiheit“; in: Akten d. XIV. Internationalen Kongresses f. Philosophie, Wien 2.–9. Sept. 1968, Bd, I; Wien 1968,166–174, bes. i66f.
„Die Beziehung zum Anderen — Grund meiner individuellen Freiheit. Die Beziehung zum Anderen — jeweils älter, ehrwürdiger, gründender als meine individuelle Freiheit.“(„Endliche Freiheit“, a.a.O. 173.)
Vgl. „Endliche Freiheit“, a.a.O. 172.
Die Vollform des Freiheitsvollzuges und der Erfahrung davon liefert das Bewußtsein einer relativ in sich geschlossenen Existenz. Von dieser Erfahrung lebt jede reflexive Philosophie. Ihr,,proton pseudos“ist nicht, wie Strasser meint, diese Erkenntnis, sondern ihre Überspitzung zur „absoluten“Freiheit (vgl. „Endliche Freiheit“, a.a.O. 168–170). Zwischen dem Pathos einer rein auf sich selbst gestellten Freiheit und der Tendenz zum Aufgehen in der Dialogizität liegt die Mitte einer wahrhaft endlichen Freiheit, wobei die Möglichkeit des Abgleitens in beide Extreme nur ein neuer Hinweis auf die Endlichkeit und Gefährdung dieser Freiheit ist.
„Zur Phänomenologie u. Metaphysik d. Freiheit“: GW X, 174.
„Zur Phänomenologie u. Metaphysik d. Freiheit“: GW X,
A.a.O. 165.
M. Buber, Das Problem d. Menschen: Werke I, 367f. An Buber (und dem Dialogismus) soll keinesweges die wesentliche Relationalität des Menschen, die im personalen Dialog kulminiert, getadelt werden; bedenklich, weil der Erfahrung individuellen Selbstseins nicht entsprechend, erscheint bloß Bubers doch nicht ganz zu übersehende Tendenz, dem Individuum außerhalb der aktualen Beziehung zum Anderen die Wesenheit Mensch abzusprechen: „Der Einzelne ist Tatsache der Existenz, sofern er zu andern Einzelnen in lebendige Beziehung tritt… Die fundamentale Tatsache der menschlichen Existenz ist der Mensch mit dem Menschen.“(A.a.O. 404, vgl. auch 407.)
Der Formalismus…: GW II, 478.
A.a.O. 479.
vgl. a.a.O. 479, Anm. 1 — Auch die modernen Interpretationen der Verantwortlichkeit haben bei aller Verschiedenheit immer die Situationsgebundenheit (für etwas vor jemand) aller Verantwortlichkeit im Auge; vgl. dazu R. Wisser, Verantwortung im Wandel d. Zeit; Mainz 1967.
Der Formalismus…: GW II, 484.
„Das also ist das Erblicken des Wesenswertes meiner Person…: dieser eigenartige individuelle Wertgehalt, auf den sich erst das Bewußtsein des individuellen Sollens aufbaut; d.h. es ist evidente Erkenntnis eines An-sich-Guten, aber eben des,An-sich-Guten für mich‘…es ist gut gerade im Sinne des,unabhängig von meinem Wissen‘, denn das schließt,an sich gut‘ein; aber es ist gleichwohl das An-sich-Gute für,mich‘in dem Sinne, daß in dem besonderen materialen Gehalte dieses An-sich-Guten… ein erlebter Hinweis liegt auf mich, ein erlebter Fingerzeig, der von diesem Gehalte ausgeht und auf,mich‘deutet … Und dieser Gehalt weist mir damit eine einzigartige Stelle im sittlichen Kosmos an und gebietet mir sekundär auch Handlungen, Taten, Werke, die, stelle ich sie vor, alle rufen:,Ich bin für dich‘und,Du bist für mich‘“(Der Formalismus …: GW II, 482.)
Der Formalismus …: GW II, 481.
A.a.O. 484. „Das richtige Verhältnis von Wertuniversalismus und Wertindividualismus bleibt daher nur dann gewahrt, wenn jedes individuale sittliche Subjekt die nur für es allein faßbaren Wertquales einer besonderen sittlichen Pflege und Kultur unterwirft, ohne freilich die allgemeingültigen Werte zu vernachlässigen.“(A.a.O. 484.)
Der Formalismus …: GW II, 484.
Der Formalismus …: GW II, 485.
A.a.O. 484.
A.a.O. 325.
A.a.O. 326.
A.a.O. 324.
A.a.O. 325f.
A.a.O. 327.
Vgl. a.a.O. 327 u. 483.
Vgl. oben 46f.
Wesen u. Formen d. Sympathie 185; vgl. Der Formalismus …: GW II, 480.
Vgl. Wesen u. Formen d. Sympathie 176; 185.
A.a.O. 183. — Der hier immer wieder von Scheler gebrauchte Ausdruck „Gegenstand“ist unglücklich und steht, wie der Zusammenhang klar zeigt, für Person im Sinne von konkretem Individuum.
Diese Notwendigkeit verdunkelt Scheler insofern individualistisch, als er nach der die genannten Elemente zusammenfassenden Definition der Liebe schreibt: „Ob es sich hierbei um Selbstliebe oder Fremdliebe handelt, ist hier dahingestellt …“(Wesen u. Formen d. Sympathie 187.)
Der Formalismus …: GW II, 504.
A.a.O. 499.
A.a.O. 501.
Vgl. oben 97 f.
Der Formalismus …: GW II, 502–503.
vgl. M. Stirner, Der Einzelne u. sein Eigentum; Leipzig 81901.
Vgl. Der Formalismus …: GW II, 504f.
A.a.O. 511.
Die Person als Vollzugszentrum wertverwirklichender Akte ist dynamisch, im geschichtlichen Verlauf des Einzellebens wie von Individuum zu Individuum in verschiedenem Intensitätsgrad nicht nur gegeben, sondern auch zu verwirklichen.,,Erst eine bestimmte Stufe menschlicher Existenz“vermag zu zeigen, was Person ist und sein kann (vgl. Der Formalismus …: GW II, 470). In dieser Unterschiedlichkeit, die Scheler leider von der sittlich strebenden Verwirklichungsabsicht des Einzelnen ausschließt, um sie übertreibend nach Art gnadenhaft geschenkter Vergöttlichung aufzufassen (vgl. „Die Formen d. Wissens u. die Bildung“: Phil. Weltanschauung 32f.), liegt die Möglichkeit der „Idee einer Rangordnung reiner Wertpersontypen“(Der Formalismus …: GW II, 568.)
Indes läßt sich nur unter Einbeziehung des eigenen Beitrages zur Verwirklichung des persönlichen idealen Wertwesens die Ungleichheit der Personen in „Sein“und „Wert“, ihre „Aristokratie,im Himmel‘“(vgl. Der Formalismus …: GW II, 499, 500) einer alles und alle nivellierenden égalité gleichsam immer neu abtrotzen. Denn die Person „ist das geistige Wesen, das sich zu dem immer erst machen muß, was es in Wahrheit ist.“(N. Hartmann, Das Problem d. geistigen Seins 132.)
Der Formalismus …: GW II, 503.
„Wie reich und mannigfaltig die Gliedschaften nun aber auch sein mögen, in denen jede Person dem Ganzen des sittlichen Kosmos eingeflochten ist,…— niemals geht sie doch in diese Gliedschaften auf … Hinter allem Erleben, das in diese Gliedstellen eintritt und hineinreicht, … spürt jeglicher noch (in irgendeinem Maße), so er sich das Ganze dieser Gliedstellen und sein Sein darin zur klaren Anschauung zu bringen sucht, noch ein eigentümliches Selbstsein über dieses Ganze hinausragen (desgleichen Selbstwert, Selbstunwert), in dem er sich (deskriptiv gesagt) einsam weiß. Dasjenige aber, was jedem in dieser Wesensform möglichen Selbsterlebens zur Gegebenheit kommt, nenne ich die,intime Person‘und scheide sie ausdrücklich vom Erlebnisgehalte aller Formen des Selbsterlebens, die im ausdrücklichen oder doch irgendwie mitgegebenen Hinblick auf das bloße Trägersein irgendeiner Gliedpersonschaft überhaupt erfolgen, d.h. der sozialen Person.“(Der Formalismus …: GW II, 548.)
Derselbe Sphärenunterschied gilt auch für die Gesamtperson. Jedoch räumt Scheler ein, die Gesamtperson könne wegen der in ihr enthaltenen Einzelpersonen bloß,,relativ intim“sein, nur die Einzelperson kann „absolut intim“sein. (Vgl. a.a.O. 549, 551.)
Der Formalismus …: GW II, 502.
A.a.O. 552.
A.a.O. 549. — Th. Litt sieht in der notwendigen Icheinsamkeit ein Konstitutivum der (von ihm einseitig geistig aufgefaßten) Individualität, vgl. Individuum u. Gemeinschaft 40f.
Die Einsamkeit erfährt im Dialogismus eine unterschiedliche Beurteilung. Ebner kennt im Grunde nur die aktive, schuldhafte Abschließung des Ichs vom Du, die, einmal als solche erkannt, den Menschen auf jede Einsamkeit verzichten lassen müßte: vgl. etwa: Das Wort u. die geistigen Realitäten 34f.
Dagegen schätzt Buber die Einsamkeit als Anstoß zur anthropologischen Problematik, vgl. Das Problem d. Menschen: Werke I, 317; 353. Deshalb muß auch der alle ihm möglichen Beziehungen verwirklichende Mensch einer sein, „der die Einsamkeit überwindet, ohne ihre fragende Kraft einzubüßen.“(A.a.O. 400.)
Für Binswanger, der von der dualen Wirheit ausgeht, kann das Problem eines in-kommunikablen Personkerns gar nicht entstehen, wenigstens nicht im Raum der Liebe. Auf diesem Hintergrund erhält Einsamkeit einen völlig anderen Sinn: sie ist,,auf dem Grunde liebender Gemeinsamkeit ruhende,,geschenkte’ Selbstheit“, „Selbst-heit im Lieben, … Sehnsucht des Mich-Dir-Schenken-könnens, Mich-von-Dir-geschenkt-bekommen-könnens und Dich-als-Geschenk-empfangen-könnens.“(Grundformen u. Erkenntnis menschlichen Daseins 130 u. 136.)
Der Formalismus …: GW II, 556.
Vgl. oben 80.
Der Formalismus …: GW II, 557.
Vgl. dazu schon oben 84f.
Wesen u. Formen d. Sympathie 255.
Der Formalismus …: GW II, 417.
Die Stellung d. Menschen im Kosmos 41.
Vgl. Vorrede zur 2. Aufl. von Vom Ewigen im Menschen: GW·V, 23 und oben 84. Th. Litt (Individuum u. Gemeinschaft 93–96) hat in kritischer Auseinandersetzung mit Schelers intimer und sozialer Person mit Recht darauf hingewiesen, daß diese Scheidung nicht schichtenhaft verstanden werden darf. Wie die Ausdruckshaftigkeit der Person, die sich immer auf den Anderen, der Ausdruck versteht, richtet, auch noch den absolut intimen Personbereich zumindest als einen solchen verlautbart, so zieht sich anderseits auch die Unmitteilbarkeit als „Innenaspekt“aller, auch der sozialen Akte und Erlebnisse, durch den ganzen Bereich personaler Vollzüge.
In der ethischen Personlehre geschieht dies einmal unter der nicht näher geklärten Annahme, den Tieren käme,,ohne Zweifel auch eine Ichheit irgendwelcher Art“zu (Der Formalismus …: GW II, 469); ferner unter Verweis auf den Sklaven, dem bei erhaltenem Ichbewußtsein rechtlich die Personalität abgesprochen wurde und der, sofern er nur,,echt“(!) ist,,,nicht nur anderen, sondern auch sich selbst als Sache gegeben“wäre (a.a.O. 473). Der eigentliche Grund für die Trennung von Ich und Person ist auch hier die entsprechend dem ethischen Ansatz als Aufstieg vom Menschen zu Gott dargestellte Theorie von der ich- und dulosen Person Gottes (vgl. a.a.O. 474f.).
„Es ist ein verbreiteter psychologischer Irrtum, die Korrelation von Ich und Du auf das Subjekt zu beziehen. Vielmehr nur unter Personen gibt es das einzigartige Verhältnis, das schon die Umgangssprache mit den personalen Pronomina vor allen anderen Verhältnissen auszeichnet. Ich und Nichtich bilden einen gnoseologischen, und unmittelbar auch einen psychologischen Gegensatz; Ich und Du aber bilden einen rein ethischen Gegensatz. Dieser besteht nur im Verhältnis aktvollziehender, personaler Wesen und ist real vorhanden nur im Vollzug der von Person zu Person gerichteten transzendenten Akte. Es ist schon eine Verschiebung dieses in sich einsichtigen Verhältnisses, wenn Scheler behauptet, ein Ich könne weder handeln noch spazieren gehen. [Vgl. Der Formalismus …: GW II, 389.] Gerade nur ein Ich kann das…. Die Sprache sagt,ich handle’ und,ich gehe spazieren’. Darin liegt deutlich der personale Sinn des,Ich.’ (N. Hartmann, Ethik 233f.)
Selbst Ebners Kritik am „intelligiblen Ich der Ethiker“muß einräumen, es entspreche „dem Ich des Ethikers — weil das Ethische im Gegensatz zum Ästhetischen und Metaphysischen auf die Wirklichkeit des geistigen Lebens hin gerichtet ist — in gewissem Sinne ein Du“, fährt aber gleich fort, es sei das nur ein ideelles Du, welches das Ich zu sich selbst spricht — eine Einschränkung, die allenfalls noch Kants Autonomieethik, nicht aber den ethischen Ansatz als solchen trifft (vgl. Das Wort u. die geistigen Realitäten 1471.).
Das Individuum in der Rolle d. Mitmenschen 130.
Das Problem d. Menschen: Werke I, 356.
Das Individuum in der Rolle d. Mitmenschen 130. Auch Buber scheint dasselbe zu meinen, wenn er Schelers „Wesen u. Formen d. Sympathie“von den Beiträgen der Phänomenologie zum Dialogismus ausnimmt, „weil es dem Seins-Charakter unserer Fragestellung nicht entspricht.“(Zur Geschichte d. dialogischen Prinzips: Werke I, 300, Anm. 7.)
M. Theunissen, „Ich-Du-Verhältnis“; in: Die Religion in Geschichte u. Gegenwart, Bd. III, 555.
Vgl. E. Becher, Geisteswissenschaften u. Naturwissenschaften. Untersuchungen zur Theorie u. Einteilung d. Realwissenschaften; München u. Leipzig 1921, 283–293.
Vgl. Th. Lipps, „Das Wissen von fremden Ichen“; in: Psychologische Untersuchungen (hrsg. v. Th. Lipps); Leipzig 1907, 694–722.
Vgl. Wesen u. Formen d. Sympathie 273–281.
Scheler spricht in der richtigen Reihenfolge von der „Frage der Wesens-, Daseins- und Erkenntnisgründe der Verknüpfung von Menschenichen“und verweist zur „Lösung der axiologischen Probleme des Verhältnisses von Individuum und Gemeinschaft“sowie zur darin beschlossenen „ontisch-metaphysischen Seite“der Fremd Wahrnehmungsfrage auf seinen „Formalismus“(Wesen u. Formen d. Sympathie 244, 245.)
Scheler fragt ferner nach dem „Wesensverhältnis zwischen Ich und Gemeinschaft überhaupt — sowohl im ontischen Sinne als im Sinne des Wesenswissens“(a.a.O. 248); er urgiert gegen E. Becher die „Metaphysik“der „Erkenntnis von Gemeinschaft und fremdem Ich“„und damit auch die Wirk Verhältnisse von Seele auf Seele“(a.a.O. 259) und stellt als richtige (vom ihm im Gesamt seines sozialphilosophischen Ansatzes auch eingehaltene) „Sachordnung der Probleme“auf: „Gemeinsame Grundlage sowohl der erkenntnistheoretischen als der metaphysischen Untersuchung muß sein erstens die eidologische daseinsfreie Erkenntnis des Wesensverhältnisses von Ich und Gemeinschaft überhaupt; zweitens die genaue Eruierung des Tatbestandes in der natürlichen Weltanschauung. Auf sie folgt unmittelbar die erkenntnistheoretische Ursprungsfrage des Wissens ums fremde Ich, und auf diese Frage folgt die erkenntniskritische Rechtfertigung dieses Wissens im Falle empirischer Erkenntnis.“(A.a.O. 261f.)
,,Wenn aber der Individualismus nur einen Teil des Menschen erfaßt, so erfaßt der Kollektivismus nur den Menschen als Teil: zur Ganzheit des Menschen, zum Menschen als Ganzes dringen beide nicht vor.“(Das Problem d. Menschen; Werke I, 401.)
„Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 377; vgl. a.a.O. 381f.; Der Formalismus …: GW II, 522.
vgl. oben 128–131.
An zusammenhängenden Stellen dazu vgl. Der Formalismus …: GW II, 511; „Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 372f.; Wesen u. Formen d. Sympathie 269–272.
Der Formalismus …: GW II, 511. Wesen u. Formen d. Sympathie 265.
Der Formalismus …: GW II, 509.
Wesen u. Formen d. Sympathie 5.
A.a.O. 264f.
A.a.O. 187, 198.
Der Formalismus …: GW II, 511, Anm. 2; vgl. Wesen u. Formen d. Sympathie 197–199, 222–224.
Vgl. Der Formalismus …: GW II, 511; „Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt”: GW V, 373. Zum Gehorchen vgl. oben 229f., zu Mitfühlen 163–166.
Wesen u. Formen d. Sympathie 271.
A.a.O. 271.
A.a.O. 271, 272.
„Probleme einer Soziologie d. Wissens“: GW VIII, 57.
Daß sich eine solche Isolierung nicht als gezieltes Experiment durchführen läßt, leuchtet aus naheliegenden Gründen ein. Die einzige Möglichkeit, hier einigen Aufschluß zu erhalten, sind die bisher bekannt gewordenen Fälle von Kindern, die durch Tiere großgezogen wurden. Abgesehen von den vielfachen Schwierigkeiten der Berichterstattung und nach kritischer Prüfung anderer Einwände formuliert A. Portmann vorsichtig als Ergebnis aus den,,Wolfskinder“-Fällen:,,Es würde bezeugt, daß die eigentliche Festigung der menschlichen Weltbeziehung … sich nur in langen Jahren vollwertigen Sozialkontaktes verwirklicht und eine Eingliederung in die Gruppe möglich macht.“Der bei Wolfskindern stets beobachtete Schwachsinn „bestärkt die Auffassung, eine geistig normale Haltung und Weltbeziehung brauche den langen Kontakt mit der normalen Gruppe …“(Vgl. A. Portmanns Geleitwort zu J. A. L. Singh, Die „Wolfskinder“von Midnapore; Heidelberg 1964, 19.)
M. Theunissen, Der Andere 258. Buber selbst bekennt in seiner „philosophischen Rechenschaft:“„Ich muß es noch einmal sagen: Ich habe keine Lehre. Ich zeige nur etwas.“(Werke I, 1114).
Vgl. dazu Th. Litt, Individuum u. Gemeinschaft 12f.
Indes findet sich auch bei Scheler der religiöse Aufruf zur Wiederbelebung der christlichen Gemeinschaftsidee; vgl. den Vortrag: „Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 355–401.
Der Formalismus …: GW II, 509. Vgl. ferner: „Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 371 u. Wesen u. Formen d. Sympathie 272.
Der späte Scheler schließlich läßt nach der Absolutsphäre die Sphäre der Mitwelt sogar allen anderen Sphären wissens- und erlebensmäßig vorgegeben sein, vgl. „Probleme einer Soziologie d. Wissens“: GW VIII, 56, 57; 374f.
Zum „Menschen des Kriteriumstypus“vgl. „Phänomenologie u. Erkenntnistheorie“: GWX, 381f.
„Wir fragen, ob wir am Grunde doch aus dem Sein selbst leben, das der Kommunikation nicht bedarf, da es über alle Kommunikation, deren Notwendigkeit ein Mangel ist, hinaus ist, und ob wir nicht bloß aus dem Keim leben, der in Kommunikation sich erhellt, sondern aus jenem darüber hinaus Liegenden, das auch die Kommunikation lenkt. … Mitteilung ist das Mittel in der Zeit, zum Einen zurückzukehren. Verwirrung ist im Vielen, Ruhe im Ineinsschlagen. Dieses aber müßte wahrhaftig sein und total, wenn es die Kommunikation überwinden sollte.“(Von der Wahrheit. Bd. I d. Philosophischen Logik; München 1958, 380f.)
„Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 373.
Vgl. Der Formalismus …: GW II, 515–531. Dabei geht es um „eine Theorie von allen möglichen sozialen Wesenseinheiten überhaupt“, um „Wesensarten sozialer Einheit“, nicht um „bloß graduell verschiedene Entfaltungsstadien zufälliger historischer Natur“, sondern um,,wesenverschiedene notwendige Dauerioimen aller möglichen sozialen Verknüpfung überhaupt.“(A.a.O. 515, 522, 529.)
Vgl. dazu Gemeinschaft u. Gesellschaft; Leipzig 81935. Zur Weiterführung und metaphysischen Neubegründung der Lehre von Tönnies vgl. H. E. Hengstenberg, Grundlegungen zu einer Metaphysik d. Gesellschaft; Nürnberg 1949.
Der Formalismus …: GW II, 517, Anm. 1.
A.a.O. 515; Wesen u. Formen d. Sympathie 265.
Der Formalismus …: GW II, 515. Vgl. Wesen u. Formen d. Sympathie 7–9, 17, 25f. Im Anschluß an Scheler entwickelt E. Stein eine Phänomenologie der psychischen Ansteckung in ihren „Beiträgen zur philosophischen Begründung d. Psychologie und d. Geisteswissenschaften“; in: Jahrbuch f. Philosophie u. phänomenologische Forschung 5 (1922), 158–187. Die ganze Arbeit Steins wird von Scheler als Weiterführung seiner im „Formalismus“gegebenen Charakteristik der sozialen Wesensformen angesehen; vgl. „Probleme einer Soziologie d. Wissens“: GW VIII, 33, Anm. 2.
Wesen u. Formen d. Sympathie 25f.
Der Formalismus …: GW II, 518.
Der Formalismus …: GW II, 516. — Gegen diese Minderbewertung des Individuums in der Lebensgemeinschaft, die bei Scheler zur Annahme einer Mitverantwortlichkeit vor jeder erlebten Selbstverantwortlichkeit führt (vgl. a.a.O. 516), wendet E. Stein mit Recht ein, „daß in einer Gemeinschaft ohne irgendwelche Glieder, die frei aus sich heraus Akte vollziehen (wofern dergleichen überhaupt denkbar ist), von einer Verantwortlichkeit im strengen Sinne nicht gesprochen werden könnte, von einer Verantwortlichkeit der Gemeinschaft so wenig wie der der einzelnen.“(Jahrbuch f. Philosophie u. phänomenologische Forschung 5 [1922], 175.)
Hier macht sich die Einseitigkeit einer ungeachtet der empirischen Sozial verbände rein wesenssoziologisch arbeitenden Anthropologie bemerkbar: Man wird weder von einem mittelalterlichen,,Stand“noch von einer modernen Familie sagen können, es schwebe ein „einheitlicher Aktus … des Miteinandererlebens, -hörens, -sehens, -denkens, -hoffens, -Hebens und -hassens zwischen den Individuen als ein eigengesetzmäßiger Erlebnisstrom, dessen Subjekt die Realität der Gemeinschaft selbst ist.“(Der Formalismus …: GW II, 516.)
Der Formalismus …: GW II, 517; 519.
A.a.O. 518.
A.a.O. 517.
Keine faktische Gesellschaft könnte auf die Dauer bestehen, wenn Scheler Recht hätte mit seiner Behauptung, es sei,,grundloses und primäres Mißtrauen aller in alle die Grundeinstellung in der Gesellschaft.“Unter dieser Voraussetzung gäbe es wirklich gemeinsames Wollen und Handeln,,nur durch Fiktion und Gewalt“(Der Formalismus …: GW II, 518) — eine Behauptung, die durch die tatsächlichen Leistungen gesellschaftlicher Institutionen wohl hinreichend widerlegt wird. Nach E. Steins berechtigter Kritik erscheint die Gesellschaft bei Scheler,,als eine Verfallsform der Gemeinschaft, was sie prinzipiell nicht zu sein braucht.“(Jahrb. f. Phil. u. phän. Forschung 5 [1922], 235.)
Scheler bezieht den in der Lebensgemeinschaft erreichten Grad der Vergemeinschaftung als Fundament in die Sozialeinheit der Gesellschaft ein, vgl. Der Formalismus …: GW II, 520.
,,Sowenig diese Idee einer höchsten Form von Sozialeinheit eine bloße,Synthese‘von Lebensgemeinschaft und Gesellschaft darstellt, sind doch beider Wesensmerkmale in ihr mitgegeben: Selbständige, individuale Person wie in der Gesellschaft; Solidarität und reale Gesamteinheit wie in der Gemeinschaft.“(Der Formalismus …: GW II, 527.)
Der Formalismus …: GW II, 522.
Man kann nicht einfach die Kirche als den idealen, spannungslosen Ort der fraglosen Unversehrtheit des Intimbereichs ihrer Glieder ansehen und unter dieser (stillschweigenden) Voraussetzung behaupten: „Das Maximum des relativ intimen Erlebnisgehalts der Person als solcher geht in die religiöse Gemeinschaft ein, d.h. in die Kirche. Es kann also in ihr eine der absolut intimen Person noch,näher‘gelegene Erlebnisschicht frei und mitteilbar werden (auch der Kritik unterliegen) als in anderen Gesamtpersonen …“(Der Formalismus …: GW II, 553, f.).
Zunächst ist nicht einzusehen, wieso in der Kirche mehr Intimität frei werden soll als (wie Scheler a.a.O. 551 meint) grundsätzlich in einer Lebensgemeinschaft, etwa der Familie. Und weiters gibt es auch und gerade innerhalb der Kirche dort, wo Persönlichstes entfaltet werden soll, den Unterschied zwischen „Prinzipien“und „Imperativen“(vgl. K. Rahner, Das Dynamische in der Kirche; Basel-Freiburg-Wien 21958, 14–37), den Raum des „Einzelnen in der Kirche“(vgl. K. Rahner, Gefahren im heutigen Katholizismus; Einsiedeln 31955, 11–38) und die immer neu zu respektierenden „Grenzen der Amtskirche“, „weil die sittliche Einzel tat des Einzelnen nicht adäquat aufgeht in der Beobachtung allgemeiner Prinzipien, sondern darüber hinaus ein individuelles Plus hat, das der Einzelne als solcher auch noch sittlich verantworten muß.” (K. Rahner, „Grenzen d. Amtskirche“; in: Schriften z. Theologie, Bd. VI, Einsiedeln-Zürich-Köln 1965, 520.)
E. Stein; in: Jahrb. f. Philosophie u. phän. Forschung 5 (1922), 249f.
Vgl. drei phänomenologische Umschreibungen des mit Gesamtperson Gemeinten: „Die mannigfachen Zentren des Er-lebens in dieser unabschließbaren Totalität des Miteinander-erlebens … sind dasjenige, was wir als Gesamtperson zu bezeichnen haben.“(Der Formalismus …: GW II, 510).
„Der jeweilige Gesamtgehailt alles Erlebens von der Art des,Miteinanderlebens‘… ist die Welt einer Gemeinschaft, eine sog. Gesamtwelt, und ihr konkretes Subjekt auf der Aktseite ist eine Gesamtperson.“(A.a.O. 511.)
Auch das neue Bewußtsein der Gesamtperson läßt sich im auf dem Bewußtsein der Einzelnen aufbauenden richtigen Sinn verstehen: „Da sich aber die Gesamtperson ja konstituiert im Miteinandererleben von Personen und diese als Person das konkrete Aktzentrum des Erlebens in diesem Miteinandererleben ausmacht, so ist ihr Bewußtsein-von in dem Bewußtsein einer totalen endlichen Person als Aktrichtung stets mitenthalten, keineswegs also ein ihm irgendwie Transzendentes.“(A.a.O. 512.)
Wesen u. Formen d. Sympathie 190; vgl. Der Formalismus …: GW II, 524f.
Der Formalismus …: GW II, 525.
A.a.O. 525.
Der Formalismus …: GW II, 526.
A.a.O. 526.
A.a.O. 526.
Am nächsten kommt der Auffassung Schelers noch E. Stein: „Gemeinschaften können den Anspruch erheben, als selbständige Persönlichkeiten anerkannt zu werden, wenn sie in der Seele selbständiger individueller Personen wurzeln.“Gemeinschaften haben einen „Charakter“, eine „Seele“, auch einen eigenen „Geist“. Abschließend schränkt Stein jedoch bedeutsam ein, wenn sie schreibt, es könne „von einem,Kern‘der Gemeinschaft überhaupt nicht gesprochen werden. Zeigt auch eine solche überindividuelle Persönlichkeit eine einheitliche Gestaltung ihres äußeren und inneren Seins, so läßt sich doch keine einfache Bildungswurzel ihres gesamten,personalen’ Seinsbestandes aufweisen, sondern dieser weist auf den Kern der individuellen Personen zurück, die sein Fundament bilden.“(Jahrbuch f. Philosophie u. phän. Forschung 5 [1922], 247, 248, 249.)
Mit deutlichem Bezug auf die Versuche, „die Gemeinschaftsgebilde als,Gesamtpersonen‘zu charakterisieren“, schreibt D. v. Hildebrand: „Das ganz einzigartige Sein eines Wesens, das ein Bewußtsein seiner selbst hat, sinnvolle Akte und Stellungnahmen vollzieht, das,sich selbst besitzt‘, das nicht nur einfach,da ist‘, sondern ein,erwachtes‘,,durchleuchtetes‘Sein besitzt, kann nur in mystischer Spielerei einer natürlichen Gemeinschaft … zugeschrieben werden.“(Metaphysik d. Gemeinschaft 146; der Zusatz „natürlich“soll die gemeinten Gemeinschaften von der übernatürlichen Gemeinschaft des Corpus Christi mysticum unterscheiden, s. oben 125, Anm. 221.)
H. E. Hengstenberg betont ein Eigensein der Gemeinschaft, das jedoch ganz auf die gemeinschaftsbildenden Personen zurückverweist, und stellt „die These auf: Die Gemeinschaft ist ein Seiendes, das sich vom Sein der personalen Glieder unterscheidet (nicht scheidet), indem es unter Wirkung einer forma unitiva und Konstituierung eines Gemeinbesitzes an der Substanzialität und Personalität der Glieder partizipiert, ohne selbst jemals Substanz und Person zu werden.“Die forma unitiva ist dabei „das Prinzip, in dem der Gemeinbesitz genossen wird; nichts, was die Glieder zusammenzwingt, sondern das, in dem sie selbst spontan zur Einheit kommen; nicht selbst eine Person, sondern das Prinzip, in dem die Personen einander zeugend … begegnen.“(„Hat die Gemeinschaft ein Sein, das von dem der Glieder zu unterscheiden ist?“; in: ders., Freiheit und Seinsordnung. Gesammelte Aufsätze u. Vorträge zur allgemeinen u. speziellen Ontologie; Stuttgart 1961, 206, 208.)
Die Zweiteilung,,Gruppenseele“— „Gruppengeist“entspricht dem durchgehenden Schelerschen Schichtenmodell (Leib-) Vitalseele — Geist und hat in unserem Zusammenhang keine besondere Bedeutung: „Als,Gruppenseele‘bezeichnen wir hierbei das Kollektivsubjekt nur jener seelischen Tätigkeiten, die nicht,spontan‘vollzogen werden, sondern,sich vollziehen‘, wie Ausdruckäußerungen oder sonstige automatische oder halbautomatische psychophysische Tätigkeiten; wogegen wir als,Geist‘einer Gruppe das Subjekt meinen, das sich im Miteinandervollzug vollbewußter spontaner Akte, die gegenständlich intentional bezogen sind, konstituiert.“(„Probleme einer Soziologie d. Wissens“: GW VIII, 55.)
„Probleme einer Soziologie d. Wissens“: GW VIII, 54.
Vgl. dazu die Umschreibung der Gemeinschaft im Unterschied vom Organismus bei D. v. Hildebrand, Metaphysik d. Gemeinschaft 141.
Der Formalismus …: GW II, 527.
A.a.O. 526, Anm. 2; Wesen u. Formen d. Sympathie 221.
Wesen u. Formen d. Sympathie 222.
E. Stein; in: Jahrb. f. Philosophie u. phän. Forschung 5 (1922), 239.
D. v. Hildebrand, Metaphysik d. Gemeinschaft 304.
H. E. Hengstenberg, Freiheit u. Seinsordnung 207.
D. v. Hildebrand, Metaphysik d. Gemeinschaft 305, 306.
Zum Beweis für die primäre Verflochtenheit des Menschen in die Masse verweist Scheler auf „die Tatsachen des kindlichen Lebens“(Ontogenese) und „die Tatsachen alles primitiven Seelenlebens der Völker“(Niederschlag der Phylogenese), vgl. Wesen u. Formen d. Sympathie 285.
Selbstverständlich muß der Durchbruch zur Individualität, wenn auch nur ansatzweise und längst nicht immer auf der Höhe der Reflexionsstufe des neuzeitlichen Menschen, überall dort erfolgt sein, wo wirkliche Menschen lebten. In diesem Sinn ist Scheler zuzustimmen, wenn er eine Entwicklung von einer Sozialform zur anderen nur beschränkt zuläßt, vgl. Der Formalismus …: GW II, 529.
„Die Idole d. Selbsterkenntnis“: GW III, 284f.; 288.
Wesen u. Formen d. Sympathie 284, 286, 289, 290; vgl. oben 168–170.
Vgl. „Die Idole d. Selbsterkenntnis“: GW III, 288; Wesen u. Formen d. Sympathie 298; „Lehre von den drei Tatsachen“: GW X, 435, 436.
Wesen u. Formen d. Sympathie 285.
Diese Einsicht im Dialogismus M. Bubers (vgl. Urdistanz u. Beziehung: Werke I, 412) bestätigt zu finden, darf als Gegenprobe für den gemeinten anthropologischen Grundgehalt gewertet werden.
Die Wörter; Reinbek bei Hamburg 1965, 192.
vgl. dazu G. Hasenhüttl, Der unbekannte Gott?; Einsiedeln 1965.
Vgl. L’existentialisme est un humanisme; Paris 1946, 89.
Qu. Huonder, Die Gottesbeweise. Geschichte u. Schicksal; Stuttgart 1968, 7.
So ist M. Bubers Ausblick mehr Zuversicht als Gewißheit: „Die Finsternis des Gotteslichts ist kein Verlöschen; morgen schon kann das Dazwischengetretene gewichen sein.“(Gottesfinsternis: Werke I, 599.) Aber auch der Atheismus gebärdet sich nicht überall resolut; J. Amery etwa schreibt: „Persönlich glaube ich nicht an eine religiöse Renaissance, aber ich kann in solch subjektiver Prognose schwer irren, des bin ich mir sehr wohl bewußt, und vielleicht gehen wir, ihr zum Trotz, schließlich doch einer neuen Epoche des Glaubens entgegen.“(„Das Jahrhundert ohne Gott“; in: H. R. Schlette, Hrsgb., Die Zukunft d. Philosophie 33.)
„Probleme d. Religion“: GW V, 116.
„Probleme d. Religion“: GW V, 116. — Man wird auch hier anmerken müssen, daß das „Prinzip evidenter Selbstgegebenheit” nicht einmal „am Schluß“des religiösen, ja selbst theologischen Erkenntnisprozesses steht.
Mit dieser Auffassung gerät mit dem als echt göttlich nur auf Grund wahrer Transzendenz möglichen Handeln Gottes in und an der Welt auch seine universale Transzendenz selbst in Gefahr; „die welthafte Ursächlichkeit erscheint hier als etwas Unabgeschlossenes, Unvollständiges, Offenes, das durch einen,überweltlichen‘Kausalfaktor ergänzt und integriert werden muß, wenn nicht jeglicher Kausalprozeß oder Bewegungsvorgang der Welt schlechterdings inintelligibel werden soll. Folgerichtig wird Gott hier als eine Art Naturkausalität aufgefaßt, deren Wirken auf der gleichen ontologischen Ebene liegt wie das der übrigen Naturursachen, womit aber seine Transzendenz, ähnlich wie im aristotelischen Deismus, nur als relative … verstanden werden kann.“(J. Schmucker, Die primären Quellen d. Gottesglaubens 47f.)
Als Beispiel stehe hier S. Strassers klare methodologische Orientierung seiner „dialektischen Phänomenologie der menschlichen Existenz“: Sie geht aus von der menschlichen Existenz in ihren fundamentalen Dimensionen, die sie als Form des Aufstiegs des Menschen zum Absoluten auffassen darf. Aber erst an ihrem Ende „zal het duidelijk worden, dat hetzelfde verlangen naar het Absolute reeds de geheime stuwkracht was bij de eerste schemering van het bewustzijn, de eerste ervaring van een wij, en het eerste tasten ener noodzakelijke vrijheid.“(„Het wezen van de mens“; in: Bouwstenen voor een filosofische anthropologie 51.)
A. Lang, „Gottesbeweise“; in: Lexikon f. Theologie u. Kirche, Bd. IV, 21960, 1096.
Schon das I. Vaticanum selbst hat aus dieser Einsicht heraus die genannte Definition „mit vorsichtigen Klauseln umgeben“; vgl. dazu H. U. v. Balthasar, „Der Zugang zur Wirklichkeit Gottes“; in: Mysterium Salutis, Bd. II, 30.
„Probleme d. Religion“: GW V, 207f.
A.a.O. 273.
Vgl. a.a.O. 23.
Scheler betont: „Die essentiellen Bestände, die jedem Gegenstande eines religiösen Aktes zukommen und aus denen sich dieser Gegenstand aufbaut, sind in keiner Weise,zuvor‘enthalten im Gebiet aller sonstigen,Erfahrung‘. Sie sind nicht daraus irgendwie,herausgenommen‘,,abstrahiert‘oder durch besondere Verarbeitung der außerreligiösen Erfahrung aufgebaut.“(„Probleme d. Religion“: GW V, 276.)
„Probleme d. Religion“: GW V, 276.
Zur geistigen Situation des naturwissenschaftlichen Zeitalters vgl. J.Schmucker, Die primären Quellen d. Gottesglaubens 14–19, wo die entsprechende Zeitdiagnose von J. Meurers, Die Frage nach Gott und die Naturwissenschaft; München 1962, aufgegriffen und bestätigt wird.
J. Schmucker, Die primären Quellen d. Gottesglaubens 59. — Hier sind freilich gewisse Einschränkungen gegenüber Reichweite und Bedeutung der naturwissenschaftlichen Denkform angebracht. Zunächst ist nicht zu vergessen, daß die Erweiterung der naturwissenschaftlich-positivistischen Einstellung zur eindimensionalen Weltanschauung von der Naturwissenschaft allein her nicht möglich ist und, sofern sie nicht auf philosophische Weise legitimiert wird, eine unzulässige Grenzüberschreitung darstellt.
Weiters ist darauf hinzuweisen, daß das vielberufene „naturwissenschaftliche Weltbild“nicht (noch nicht?) derart den Menschen formt, daß für andere Anschauungsformen (die zum Teil mit den gewußten Ergebnissen der Wissenschaften in Widerspruch stehen können) kein Raum mehr bliebe; vgl. dazu J. Schmucker, a.a.O. 61f. Nun ist eine solche Unverbundenheit von Wissenschaft und Lebenspraxis gewiß kein Idealzustand. Auch kann es für die philosophische (und religiöse) Gottesproblematik auf die Dauer nicht sinnvoll sein, dort einspringen zu wollen, wo die Wissenschaft (vorläufig) objektiv oder zumindest subjektiv in der Auffassung der Mehrheit der von ihr Angesprochenen an ihrem Ende ist. Die psychologische Schwierigkeit einer restlosen Durchsetzung des naturwissenschaftlichen Weltbildes mag aber ein Indiz dafür sein, daß dem Menschen jede Einseitigkeit im Grunde nicht liegt und er neben den „exakten“und eindeutigen Erfahrungen noch Bereiche von nicht geringerer Realität und Wirkkraft kennt, die ihm hinsichtlich von Sinn und Richtung von Welt und Leben aufschlußreich sein können, ohne sofort und notwendig „unwissenschaftlich“sein zu müssen.
Es scheint, daß der Zug nach Erfahrbarkeit im weitesten Sinn nicht nur Zeichen unserer naturwissenschaftlich geprägten Zeit ist, sondern seit dem Erwachen des philosophischen Fragens immer schon der notwendige Gegenpol eines primär „idealistisch“orientierten Denkens war; und dies auch im Bereich des philosophischen Fragens nach Gott. So ist etwa das bekannte „ontologische“Argument Anselms v. Canterbury, will man ihm nicht jede Beweiskraft absprechen und den mittelalterlichen Denker unzumutbarer Primitivität zeihen, kaum anders deutbar denn als (transzendental-?) philosophische Auslegung einer wie immer gearteten Transzendenzerfahrung, die deshalb noch lange nicht auch heute so und in gleicher Intensität gegeben sein muß. Vgl. dazu V. Warnachs Deutung: „Zum Argument im Proslogion Anselms v. Canterbury“; in: J. Ratzinger — H. Fries (Hrsgb.), Einsicht u. Glaube, Freiburg i.B. 1962, 337–357; ferner unsere Anselm-Studie: Genugtuung u. Heil 86f., wo 87, Anm. 163 eine Zusammenfassung der Deutung Warnachs gegeben wird;
A. Schurr, Die Begründung d. Philosophie durch Anselm v. Canterbury. Eine Erörterung d. ontologischen Gottesbeweises; Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1966, wo 122 gesagt wird, Anselm versuche in seinem Argument „nichts anderes, als nach der Wahrheit einer lebensmäßig für richtig erachteten Erfahrung zu fragen.“
„Zur Logik d. Rede v. Gott“; in: Zeitschrift f. kath. Theologie 89 (1967), 1–28.
„Sind Aussagen über Gott analytisch, dann sind sie Folge sprachlicher Festsetzung und unterliegen denselben Schwierigkeiten, die seit je dem ontologischen Gottesbeweis entgegengebracht werden. Sind Aussagen über Gott synthetisch, dann müßten sie einen Sinn haben, der äquivalent ist mit einer Anzahl von elementaren Erfahrungsaussagen über Erlebnisse des Menschen oder über bestimmte Züge der erfahrbaren Wirklichkeit. Dann beziehen sie sich aber gar nicht auf einen transzendenten Gott im theistischen Sinn. Sind Sätze über Gott aber weder analytisch noch synthetisch und damit empirisch, dann liegen gar keine Aussagen vor, die wahr oder falsch sein können. Dann haben sie keinen Erkenntniswert, sondern nur Gefühlswert. Diese Stellungnahme kann man als den Ausgangspunkt der ganzen Diskussion um den Sinn der Rede von Gott ansehen.“(O. Muck, a.a.O. 8.)
O. Muck, a.a.O. 10.
J. Bishop, Die „Gott-ist-tot“-Theologie; Düsseldorf 1968, 8.
W. Hamilton, „Bemerkungen zur,Radical Theology“; in: Conciliúm 3 (1967), s.
Vgl. die Kritik J. Amérys an dem ursprünglich im „Merkur“erschienenen Essay von D. Solle (neuestens zusammen mit anderen Beiträgen als Buch: Atheistisch an Gott glauben. Beiträge zur Theologie; Ölten 1968): „Das Jahrhundert ohne Gott“; in: H. R. Schlette, Hrsgb., Die Zukunft d. Philosophie 14–16.
Der Behauptung O. Ninks, „die Stringenz der Argumentation“sei „diesselbe bei den Gottesbeweisen wie bei den mathematischen Beweisführungen“(Philosophische Gotteslehre; München 1948, 156) ist sachlich entgegenzuhalten: Das Ziel dieser Argumente, Gott, fällt nicht im selben Maß in die Reichweite des konstruktiven menschlichen Verstandes wie die Sätze der reinen Mathematik und erst recht nicht unter die wissenschaftliche, experimentell verifizierbare Erfahrung wie die (grundsätzlich mathematisierbaren) Gegenstände der Physik.
Vgl. „Probleme d. Religion“: GW V, 138, 162,172, 266f. u.a.
Vgl. Die primären Quellen d. Gottesglaubens 98–105.
„Probleme d. Religion“: GW V. 103.
H. Plessner, Die Stufen d. Organischen u. der Mensch 337.
Diese Uneinholbarkeit des als solchen erfahrenen reinen Seins und Vollziehens, das eigentliche Endlichkeitserlebnis, wird nach Plessner gerade „dem reiferen Menschen“als „der tragische Konflikt… zwischen dem, was man selbst sein und tun muß, und dem, was daraus als vernichtendes Geschick entspringt, als Notwendigkeit durch Freiheit, … eine nie versiegende Quelle des Weinens, und zwar des nicht mehr auf die eigene Person zielenden Weinens sein.“(Lachen u. Weinen. Eine Untersuchung nach den Grenzen menschlichen Verhaltens; Bern-München 31961, 181–182.)
K. Jaspers, Der philosophische Glaube; München 1954, 50.
Vgl. „Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 373f.
A.a.O. 373.
M. Buber, Ich und Du: Werke I, 113.
„Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 374.
J. Schmucker, Die primären Quellen d. Gottesglaubens 56, 57.
„Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 373.
A. Gehlen, „Stellungnahme zu den Hauptsachen“; in: Zeitschrift f. phil. Forschung 6 (1951–52), 95.
Anhangsweise sei hier vermerkt, daß die Schwierigkeiten gegen das klassische Finalitätsprinzip (und die darauf aufbauenden Gottesbeweise) darauf beruhen, daß früher das,,agere propter finem“, das ein dem aktiven Selbst- und Weltvollzug eines geistigen Wesens spezifisch vorbehaltenes Merkmal darstellt, ohne die nötigen Einschränkungen auf die untergeistige, ja anorganische Natur übertragen wurde, letztlich weil die Struktur der dort wirkenden Kräfte nicht bekannt war; vgl. J. Schmucker, Die primären Quellen d. Gottesglaubens 45. Wenn die Naturvorgänge in heutiger Sicht mehr als „passiv erfolgender Ausgleich meßbarer Engergiedifferenzen und -Spannungen“(a.a.O. 45) aufgefaßt werden, so empfiehlt sich für die Gottesproblematik auch von da her der Ausgang von der geistig-personalen Aktivität des Menschen, weil nur sie den unabgeleiteten, ursprünglichen Sinn von Finalität erfassen läßt.
Vgl. „Probleme d. Religion“: GW V, 114; 242; 156.
A.a.O. 257.
„Die christliche Liebesidee u. die gegenwärtige Welt“: GW V, 373, 374.
Vgl. 255f.
vgl. dazu J. Speck, Karl Rahners theologische Anthropologie. Eine Einführung; München 1967.
Vgl. dazu K. Rahner, „Theologie u. Anthropologie“; in: Schriften z. Theologie, Bd. VIII; Einsiedeln-Zürich-Köln 1967, 56.
Wichtig ist hier gerade im Sinne unseres Ansatzes bei der Begegnung die Orientierung am Gesamtwesensvollzug des Menschen, nicht bloß an seinem Erkennen. Damit ergeben sich auch transindividuale Dimensionen des Menschen, deren Berücksichtigung „die Engführungen eines rein transzendentalen, existentialen oder personalistischen Ansatzes in der Theologie der Welt kritisch zu überwinden“imstande ist. (J. B. Metz, Zur Theologie d. Welt; Mainz-München 1968, 76.)
K. Rahner, „Theologie u. Anthropologie“; in: Schriften z. Theologie, Bd. VIII, 51.
In diesem Sinn möchten wir die Kritik von L. Malevez (der sich an den genannten Ausführungen Rahners orientiert) am,,Dogmatiker von gestern“auffassen: Für ihn war der (zweifellos in Ansätzen vorhandene) anthropologische Aspekt in der Theologie nur „une sorte de corollaire, d’appendice ajouté à l’essentiel qui était ailleurs; …” („Présence de la théologie à Dieu et à l’homme“; in: Nouvelle Revue Théologique 90 [1968], 786.)
K. Rahner, Schriften z. Theologie, Bd. VIII, 53.
F. P. Fiorenza, „Die Abwesenheit Gottes als ein theologisches Problem“; in: Ch. Hörgl — F. Rauh (Hrsgb.), Grenzfragen d. Glaubens. Theologische Grundfragen als Grenzprobleme; Einsiedeln-Zürich-Köln 1967, 448.
H. U. v. Balthasar, Herrlichkeit. Eine theologische Ästhetik. Bd. I: Schau d. Gestalt; Einsiedeln 1961, 445, 446.
A.a.O. 447.
So z.B. H. Meyer in der einleitenden Überschrift zu seiner „Abendländischen Weltanschauung“: „Die Aufgabe einer Geschichte der Philosophie (Weltanschauung)“. (Bd. I: Die Weltanschauung d. Altertums; Paderborn-Würzburg 31967, 1.) Und A. Wenzl will, „was wahre Philosophie wollte und immer wollen muß, versuchen, ein einheitliches Weltbild und eine Weltanschauung zu entwickeln …, denn aus dem Bedürfnis nach Weltanschauung ist die Philosophie geboren.“(Wissenschaft u. Weltanschauung. Natur u. Geist als Probleme d. Metaphysik; Hamburg 21949, VII, 1.)
Für eine strikte Trennung von Weltanschauung und Philosophie,,als strenger Wissenschaft“hat sich bekanntlich E. Husserl ausgesprochen. Doch scheint auch hier der eigentliche Anstoß zu dieser Forderung die tatsächliche Auseinanderentwicklung von Weltanschauungsphilosophie und Einzelwissenschaften und nicht so sehr die theoretische Unvereinbarkeit von Weltanschauung und Wissenschaft zu sein: „Für das neuzeitliche Bewußtsein haben sich die Ideen Bildung oder Weltanschauung und Wissenschaft — als praktische Idee verstanden — scharf getrennt, und sie bleiben von nun ab für alle Ewigkeit getrennt. Wir mögen es beklagen, aber als eine fortwirkende Tatsache müssen wir es hinnehmen, die unsere praktischen Stellungnahmen entsprechend zu bestimmen hat.“ („Philosophie als strenge Wissenschaft“; in: Logos I [1910], 332.)
Auch hier, wie so oft bei Scheler, zeigt sich eine mit seinem Wandel der Einstellung zur Religion parallel gehende Entwicklung, die von bloßer „Weltanschauungslehre“zur „philosophischen Weltanschauung“der Spätphase führt. Die frühe Einstellung kulminiert in dem Husserl nachgesprochenen Satz: „Und auch Philosophie kann, wie Husserl richtig hervorhebt, nie Weltanschauung, höchstens Weltanschauungslehre sein.“Dahinter steht ein Begriff von Weltanschauung, der deutlich deren vorwissenschaftlichen, unreflektierten Charakter des spontanen Selbstgewachsenseins im Sinne der später so genannten „natürlichen Weltanschauung“betont: „Weltanschauungen werden und wachsen, nicht aber sind sie von Gelehrten erdacht.“(„Vom Wesen d. Philosophie”: GW V, 77); vgl. auch die in Anlehnung an W. v. Humboldt gegebenen umschreibenden Definitionen: Weltanschauung „bedeutet vor allem die (durch Reflexion nicht auch notwendig bewußten und erkannten) jeweiligen faktischen Formen des,Weltanschauens‘und der Gliederung der Anschau-ungs- und Wertgegebenheiten seitens sozialer Ganzheiten …“(„Vom Wesen d. Philosophie“: GW V, 76; ähnlich: Der Formalismus …: GW II, 306 u. Anm. 2; „Tod u. Fortleben”: GW X, 62; Gesamtvorrede zu den „Schriften zur Soziologie u. Weltanschauungslehre“: GW VI, 7).
Später betont Scheler, daß auch die faktisch gegebene Weltanschauungen (im bisher definierten Sinn) beschreibende und erklärende philosophische „Weltanschauungslehre nur von einer systematischen Sachphilosophie aus begründet werden kann, und daß die faktischen,Weltanschauungen‘nur von einer sachhaltig und rational einsichtig gegründeten und gesetzten,Weltanschauung‘her richtig in ihrem Sinn und relativen Wahrheitsgehalt verstanden und überschaut werden können.“(Gesamtvorrede zu GW VI, 7f.) Und schließlich wird in der Spätphase die bereits im genannten Vorwort erwähnte „eigene Philosophie und,Weltanschauung‘“(GW VI, 8) als „philosophische Weltanschauung“dargelegt und ausdrücklich betont: „Wer aber eine philosophisch begründete Weltanschauung anstrebt, muß es wagen, sich auf seine eigene Vernunft zu stellen.“(Phil. Weltanschauung 5.)
Vgl. M. Heidegger, „Die Zeit d. Weltbildes“; in: Holzwege; Frankfurt a.M. 1950, 82–85. Heidegger nimmt hier „Weltbild“entgegen der verbreiteten Verwendung des Wortes im Sinne einer bloß naturwissenschaftlich extrapolierenden, etwa „physikalischen“oder „evolutionistischen“Gesamtkonzeption des Kosmos (vgl. z.B. H. H. Schrey, „Weltbild, IV. Das neuzeitliche Weltbild“; in: Die Religion in Geschichte u. Gegenwart, Bd. VI, 1621–1629; G. Söhngen, „Weltanschauung“; in: Lexikon f. Theologie u. Kirche, Bd. X, 1028; B. Thum, „Wissenschaft u. Weltbild”; in: A. Auer — B. Thum, Weltbild u. Metaphysik; München-Salzburg-Köln 1958, 73, 97) gleichbedeutend mit Weltanschauung als Deutung des „Seienden im Ganzen” mit seinen drei Grunddimensionen: Kosmos (Natur), Geschichte (Mensch), Weltgrund (das Göttliche): vgl. a.a.O. 82.
Einige Beispiele zum Beleg: W. Dilthey beschreibt die stets gleichbleibende Struktur aller Weltanschauungen als „Zusammenhang, in welchem auf der Grundlage eines Weltbildes die Fragen nach Bedeutung und Sinn der Welt entschieden und hieraus Ideal, höchstes Gut, oberste Grundsätze für die Lebensführung abgeleitet werden.“(Weltanschauungslehre, Abhandlungen zur Philosophie d. Philosophie: Ges. Schriften, Bd. VIII; Stuttgart-Göttingen 21960, 82.)
Einige Beispiele zum Beleg: Nach K. Jaspers meinen „Weltanschauungen … Ideen, das Letzte und das Totale des Menschen, sowohl subjektiv als Erlebnis und Kraft und Gesinnung, wie objektiv als gegenständlich gestaltete Welt.“(Psychologie d. Weltanschauungen 1; vgl. auch: Philosophie, I. Philosophische Weltorientierung; Berlin-Göttingen-Heidelberg 31905, 241.)
Einige Beispiele zum Beleg: M. Heidegger versteht unter Weltanschauung „die Grundhaltung des Menschen zum Seienden im Ganzen“und warnt vor dem Mißverständnis, Weltanschauung so zu begreifen, „als handle es sich da nur um ein untätiges Betrachten der Welt.“(„Die Zeit d. Weltbildes“; in: Holzwege 86.)
Einige Beispiele zum Beleg: Für A. Wenzl ist „Ziel eines bewußten Weltanschauungsstrebens … die umfassende Zusammenschau, Überschau und Durchschau aller mit Wirklichkeitsanspruch auftretenden, uns zugänglichen Erscheinungen von bewußten begründbaren Gesichtspunkten, möglichst von einem einheitlichen Standpunkt aus, von dem aus die Mannigfaltigkeit, die wir Welt nennen, sich uns klärt und gliedert, von dem aus eine begründbare Überzeugung von unserer eigenen Stellung in der Welt und zur Welt sich ergibt, unser Verhältnis und damit unser Verhalten zur Welt sich bestimmt.“(Wissenschaft u. Weltanschauung 2f.) Weltanschauung ist im Sinne J. Kleins „die Weise, in der der Mensch des Sinnes seines Daseins und seiner Welt theoretisch und praktisch inne wird. Es liegt … im Wesen der Weltanschauung, daß sie als Lebensanschauung einen bestimmten Sinn des Lebens vermitteln und das Leben danach gestalten will.“(Weltanschauung; in: Die Religion in Geschichte u. Gegenwart, Bd. VI, 1605.)
Einige Beispiele zum Beleg: Schließlich noch zwei gewichtige Stimmen, die, auf je verschiedene Weise, zwar eine strenge Trennung von Philosophie und Weltanschauung fordern, Weltanschauung selbst jedoch durchaus im genannten Sinn, wenngleich nicht als eigentlich wissenschaftliche Erkenntnis verstehen: Für Husserl ist Weltanschauung einerseits eine Art „abschließender und vereinheitlichender, allbegreifender und all verstehen der Erkenntnis“, anderseits gehört zu ihr eine „Kunstlehre vom richtigen Handeln“(Logos I [1910], 328, 331). Und nach H. Rickert, einem wesentlich schärferen Gegner einer philosophischen Weltanschauung als Husserl, wird das Wort Weltanschauung „von den meisten Menschen heute so verstanden werden, daß es sich dabei um Ansichten handelt, die sich auf den Sinn oder die Bedeutung des ganzen menschlichen Daseins im Weltganzen beziehen, und die für das Verhalten des Menschen, der an sie glaubt, in seinem Gesamtleben maßgebend werden können.“(„Wissenschaftliche Philosophie u. Weltanschauung“; in: Logos XXII [1933], 40.)
„Gesamtvorrede“zu GW VI, 8.
Husserl spricht von „Weltanschauung, die eben ihrem Wesen nach nicht Wissenschaft ist“und betont, „daß sie als Habitus und Leistung der Einzelpersönlichkeit zu beurteilen ist, die Wissenschaft aber als kollektive Arbeitsleistung der Forschergenerationen … Die Weltanschauungsphilosophie lehrt, wie eben Weisheit lehrt: Persönlichkeit wendet sich an Persönlichkeit. … Die Wissenschaft aber ist unpersönlich. Ihr Mitarbeiter bedarf nicht der Weisheit, sondern theoretischer Begabung. Was er beiträgt, bereichert einen Schatz ewiger Gültigkeiten, welcher der Menschheit zum Segen gereichen muß.“(Logos I [1910], 338, 339.) Die Hoffnung, weisheitslose Wissenschaft müsse der Menschheit zum Segen gereichen, hat sich indes, mehr als fünfzig Jahre nach diesen Sätzen Husserls, noch nicht erfüllt. — Husserls (damaliges) Ideal von Wissenschaftlichkeit orientiert sich unverkennbar,,an der objektiven Wahrheit, bezw. objektiv begründeten Wahrscheinlichkeit der wundervollen Theorien der Mathematik und der Naturwissenschaften.“(A.a.O. 290.)
Auch Rickert bestreitet die Wissenschaftlichkeit der Weltanschauungen, „bei denen nach ihrer wissenschaftlichen Begründung oft nicht einmal gefragt wird. Solche vor wissenschaftlichen Gedankengebilde nennt man, Weltanschauungen‘.“(Logos XXII [1933], 40.) Sein Wissenschaftlichkeitsideal orientiert sich jedoch am „theoretischen“Menschen, den er in unversöhnlichen Gegensatz zum „ganzen“Menschen bringt: „Warum solche Weltanschauungen sich nicht in jeder Hinsicht wissenschaftlich begründen lassen, liegt auf der Hand. Für sie kommt in der Regel vor allem das in Betracht, was man mit Dilthey den,ganzen Menschen‘… nennt, und damit ist dann das Gesamtsein des Menschen gemeint, der nicht nur theoretisch und logisch denkt, sondern zugleich völlig alogisch will und fühlt, eventuell auch künstlerisch schaut oder religiös glaubt, und für den solche atheoretischen Verhaltungsweisen zugleich bestimmend werden bei seiner Lebensführung.“(A.a.O. 40.)
„Weltanschauungslehre, Soziologie u. WeltanschauuDgssetzung“: GW VI, 20.
A.a.O. 16. Vgl. „Probleme einer Soziologie d. Wissens“: GW VIII, 61. Von der „relativ natürlichen Weltanschauung“unterscheidet Scheler die „absolut natürliche Weltanschauung“als „eine in der Philosophie deskriptiv zu beschreibende, historischsoziologisch unveränderliche,Konstante‘, die sich freilich erst ergibt durch ein (schwieriges) Abschälen der in jeder konkreten Gruppenweltanschauung immer in sie hineingewebten,echten‘und,lebendigen‘Traditionen.“(„Weltanschauungslehre, Soziologie u. Weltanschauungssetzung“: GW VI, 15.) Während Scheler zunächst die von ihm zur Grundlage der philosophischen Weltanschauung genommene relativ natürliche Weltanschauung auffaßt als „das Kompositum von absolut natürlicher Weltanschauung plus lebendiger echter Tradition“(GW VI, 15), also ein Minimum von absolut natürlicher Weltanschauung annimmt, behauptet er später, es lehre „der Vergleich … der relativ natürlichen Weltanschauungen der größten Kulturkreise“, — der doch nur auf der Basis einer echten Gemeinsamkeit unter den Weltanschauungen zu ziehen ist, was Scheler zu vergessen scheint —, „daß es eine, und eine konstante natürliche Weltanschauung,des‘Menschen überhaupt nicht gibt …“(„Probleme einer Soziologie d. Wissens“: GW VIII, 61.)
vgl. „Mensch u. Geschichte“: Phil. Weltanschauung 62.
A. Auer, „Weltbild-Denken u. Weltbild-Typen d. neueren Philosophie“; in: A. Auer — B. Thum, Weltbild u. Metaphysik; München-Salzburg-Köln 1958, 14.
Auch Husserl kennt eine solche Verarbeitung von Daten ursprünglicher Menschheitsweisheit und gebraucht dafür sogar die Qualifikation „wissenschaftlich“, vgl. Logos I (1910), 330.
Logos I (1910), 340.
Phil. Weltanschauung 5.
„Weltanschauungslehre, Soziologie u. Weltanschauungssetzung“: GW VI, 16.
Logos I (1910), 340.
A.a.O. 291.
K. Jaspers, Psychologie d. Weltanschauungen 151.
Vgl. H. Heimsoeth, Die sechs großen Themen d. abendländischen Metaphysik u. der Ausgang d. Mittelalters; Darmstadt 51965.
vgl. Weltanschauungslehre: Ges. Schriften VIII, 81–82.
Vgl. „Weltanschauungslehre, Soziologie u. Weltanschauungssetzung“: GW VI, 23.
Gesamtvorrede zu GW VI: GW VI, 8; Phil. Weltanschauung 5.
Anhangsweise sei vermerkt, daß sich Husserl gerade am Ende seines leidenschaftlichen Eintretens für eine „Philosophie als strenge Wissenschaft“vom Ideal der „indirekten Methoden“der „eindrucksvollsten Wissenschaften der Neuzeit, der mathematisch-physikalischen“abwendet und einer „direkten Intuition“das Wort redet: vgl. Logos I (1910), 341.
„Weltanschauung, Soziologie u. Weltanschauungssetzung“: GW VI, 20.
Th. Litt, Wissenschaftj Bildung, Weltanschauung;Leipzig-Berlm 1928,3, Anm. 1.
A.a.O. 6.
Umsturz im Weltbild d. Physik; München 121961, 332t.
Wie sehr auch die von der analytischen Philosophie angestrebte einheitliche Wissenschaftssprache künstlich und keineswegs bloß Ausdruck allgemein verbindlich verifizierbarer Beobachtung ist, zeigt W. Stegmüller, der selbst dieser Richtung nahesteht, vgl. Hauptströmungen d. Gegenwartsphilosophie. Eine kritische Einführung; Stuttgart 31965, 466f.
H. Rickert, „Wissenschaftliche Philosophie u. Weltanschauung“; in: Logos XXII (1933), 45.
B. Thum, „Wissenschaft u. Weltbild“; in: A. Auer — B. Thum, Weltbild u. Metaphysik 11; 140.
„Weltanschauungslehre, Soziologie u. Weltanschauungssetzung“: GW VI, 20.
B. Thum, „Wissenschaft u. Weltbild“; in: A. Auer — B. Thum, a.a.O. 88f. Thum führt a.a.O. 82f. Beispiele aus der Problematik um Substanz und Quantität an. Aus dem anthropologischen Berich darf beispielsweise angefügt werden, daß Grad und Weise der Unabhängigkeit des menschlichen Geistes von der Materie nicht ohne Befragung der anthropologischen Empirie zu bestimmen sind.
„Weltanschauungslehre, Soziologie u. Weltanschauungssetzung“: GW VI, 17.
Vgl. P. Overhage, Experiment Menschheit. Die Steuerung d. menschlichen Evolution; Frankfurt a.M. 1967.
Vgl. zu diesen Punkten W. Heisenberg, „Die Rolle d. modernen Physik in der gegenwärtigen Entwicklung d. menschlichen Denkens“; in: H. W. Bahr (Hrsgb.), Naturwissenschaft heute; Gütersloh 1965, 31–34.
Vgl. B. Thum, „Wissenschaft u. Weltbild”; in: A. Auer — B. Thum, Weltbild u. Metaphysik 110–117.
Philosophie I. Philosophische Weltorientierung 320f.
Vgl. H. Rickert, „Wissenschaftliche Philosophie u. Weltanschauung“; in: Logos XXII (1935), 48–57.
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© 1972 Martinus Nijhoff, The Hague, Netherlands
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Hammer, F. (1972). Rückblick und Weiterführung. Möglichkeiten und Dimensionen. In: Theonome Anthropologie?. Phaenomenologica, vol 45. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-010-2738-0_6
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