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Part of the book series: Phaenomenologica ((PHAE,volume 196))

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Zusammenfassung

„Noch heute mag man mit Augustinus sagen: si nemo a me quaerat, scio, si quaerenti explicare velim, nescio“. Unter Berufung auf die berühmte augustinische Ratlosigkeit angesichts der Frage nach der Zeit bekennt Husserl gut 1500 Jahre nach Augustinus, wenn auch in einer Vorlesung und nicht in einer göttlichen Zwiesprache, dass er unter den bereits entwickelten zeittheoretischen Ansätzen keine plausible Erklärung der Zeit zu finden vermag. Die „wissensstolze Neuzeit“, so Husserl in selbiger Vorlesung, habe in Hinblick auf die Frage nach der Zeit keine wesentlichen Fortschritte gegenüber den augustinischen Überlegungen erreicht. Diese vernichtende Diagnose über das zeitphilosophische Desiderat der „wissensstolzen Neuzeit“ war aber bekanntlich keineswegs Husserls letztes Wort. Zeit wurde vielmehr zu einem der zentralsten und einem der schwierigsten Themen seiner Phänomenologie. Zu noch größerer Prominenz als Husserls Zeitanalysen gelangte gut zwei Jahrzehnte später Heideggers husserlkritischer Versuch, Sein und Zeit zusammenzudenken. Und auch in Heideggers Nachdenken über eine angemessene Formulierung der Seinsfrage sollte das Denken der Zeit sowohl einen zentralen als auch einen besonders problematischen Stellenwert einnehmen. Im Anschluss an Husserl und Heidegger und ihre verschiedenen Auffassungen von Phänomenologie wurden immer wieder Versuche gemacht, die Zeit zu denken, so beispielsweise bei Lévinas, Merleau-Ponty, Sartre, Derrida und Ricœur, um nur einige prominente Beispiele zu nennen, die in der Tradition phänomenologischen Denkens im Ausgang von Husserl und Heidegger stehen. Aber hat unsere, vielleicht nicht mehr ganz so wissensstolze, so genannte Postmoderne einen Fortschritt gegenüber derjenigen Lage erringen können, die Husserl zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts beklagte, oder müssen auch wir uns dem viel zitierten augustinischen Wort anschließen? In Anlehnung an eine Formulierung von Ricœur lässt sich fragen, ob die Zeit etwas ist, das durch das Denken schlechthin nicht fassbar ist, oder ob sie nur eine besondere Herausforderung an dasselbe darstellt: Geht die Zeit letztlich als Sieger aus dem Kampf mit dem Denken hervor oder scheint sie nur der Sieger zu sein in einem noch offenen und vielleicht unabschließbaren Kampf?

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Notes

  1. 1.

    Husserl, Edmund: Vorlesungen zur Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins. Hg. von Martin Heidegger. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 3. Aufl., unveränderter Nachdruck der 1. Aufl. 1928, 2000, 368 (Titel in der Folge abgekürzt ZB). Erneut veröffentlicht in Husserl, Edmund: Zur Phänomenologie des inneren Zeitbewusstseins (1893–1917). Hg. von Rudolf Boehm. Den Haag: Martinus Nijhoff 1966 (= Husserliana. Bd. X). Es wird dieser Text in der Folge nach den Seitenzahlen der Ausgabe von 1928 zitiert, die auch in Husserliana X am Rande angegeben sind.

  2. 2.

    ZB, 368.

  3. 3.

    Vgl. bei diesen Autoren insbesondere Lévinas, Emmanuel: Le temps et l’autre. Paris: Presses Universitaires de France 1983 (= Quadrige) (Dieser Text ist aus vier Vorträgen entstanden, die 1946/47 gehalten wurden)/dt.: Die Zeit und der Andere. Übersetzt von Ludwig Wenzler. Hamburg: Meiner Verlag 1984; Merleau-Ponty, Maurice: Phénoménologie de la perception. Paris: Gallimard 2003 (= Collection Tel. Bd. 4) (erstmalig 1945 erschienen)/dt.: Phänomenologie der Wahrnehmung. Übersetzt von Rudolf Boehm. Berlin: Walter de Gruyter & Co. 1974 (= Phänomenologisch-psychologische Forschungen. Bd. 7); Sartre, Jean-Paul: L’être et le néant. Essai d’ontologie phénoménologique. Paris: Gallimard 2007 (= Collection Tel. Bd. 1) (erstmalig 1943 erschienen)/dt.: Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie. Hg. von Traugott König. Übersetzt von Hans Schöneberg und Traugott König. Hamburg: Rowohlt 1997 (= Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Philosophische Schriften. Bd. 3); Derrida, Jacques: La voix et le phénomène. Introduction au problème du signe dans la phénoménologie de Husserl. Paris: Presses Universitaires de France, 3. Aufl., 2005 (= Quadrige) (erstmalig 1967 erschienen)/dt.: Die Stimme und das Phänomen. Einführung in das Problem des Zeichens in der Phänomenologie Husserl. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Frankfurt am Main: Suhrkamp (2003); Ricœur, Paul: Temps et récit. Tome I: L’intrigue et le récit historique. Paris: Seuil 1983 (= Points. Essais)/dt.: Zeit und Erzählung. Bd. I: Zeit und historische Erzählung. Übersetzt von Rainer Rochlitz. München: Wilhelm Fink Verlag 1988 (= Übergänge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache und Lebenswelt. Bd. 18/I); Ricœur, Paul: Temps et récit. Tome II: La configuration dans le récit de fiction. Paris: Seuil 1984 (= Points. Essais)/dt.: Zeit und Erzählung. Bd. II: Zeit und literarische Erzählung. Übersetzt von Rainer Rochlitz. München: Wilhelm Fink Verlag 1989 (= Übergänge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache und Lebenswelt. Bd. 18/II); Ricœur, Paul: Temps et récit. Tome III: Le temps raconté. Paris: Seuil 1985 (= Points. Essais)/dt.: Zeit und Erzählung. Bd. III: Die erzählte Zeit. Übersetzt von Andreas Knop. München: Wilhelm Fink Verlag 1991 (= Übergänge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache und Lebenswelt. Bd. 18/III). Die Bände dieser Trilogie werden in der Folge mit TR I–III und für die Übersetzung mit ZE I–III abgekürzt.

  4. 4.

    Diese Formulierung Ricœurs findet sich am Ende von Temps et récit und steht im Zusammenhang mit der Frage nach den Grenzen und Möglichkeiten der Erzählung, auf die Aporizität der Zeit antworten zu können: „In gewisser Hinsicht läßt die Triftigkeit der Replik der Erzählung auf die Aporien der Zeit von Stufe zu Stufe nach, so daß die Zeit letztlich als Sieger aus dem Kampf hervorzugehen scheint, nachdem sie zuvor in den Netzen der Fabel gefangen gehalten worden war“ (TR III, 488/ZE III, 436 f.). Ricœur selbst findet in Temps et récit zu einer positiven Beurteilung der seiner Meinung nach nie abschließbaren Denkbarkeit der Zeit. Diese Zusammenhänge werden im vierten Teil dieser Arbeit ausführlich Beachtung finden.

  5. 5.

    Auseinandersetzungen mit der Philosophiegeschichte der Zeit, die jedoch keine umfassenden Studien zur Phänomenologie der Zeit enthalten, finden sich bei Böhme, Gernot: Zeit und Zahl. Studien zur Zeittheorie bei Platon, Aristoteles, Leibniz und Kant. Frankfurt am Main: Klostermann 1974 (= Philosophische Abhandlungen. Bd. 45); Brann, Eva T.: What, then, is time? Lanham, MD: Rowman & Littlefield 2001 und Gloy, Karen: Philosophiegeschichte der Zeit. München: Fink 2008.

  6. 6.

    In dieser Arbeit wird von „Zeitdenken“ gesprochen, wenn in einem allgemeinen Sinne das Nachdenken über Zeit gemeint ist. Es bleibt bei diesem Ausdruck unentschieden, ob das mit ihm Bezeichnete in einen bestimmten Begriff gefasst werden kann oder zu einer anderen sprachlichen Verarbeitung gelangt.

  7. 7.

    TR III, 12/ZE III, 10.

  8. 8.

    Zu Ricœurs These, dass die philosophische Aporizität der Zeit insbesondere die Phänomenologie betrifft vgl. TR III, 177 f./ZE III, 156 f.

  9. 9.

    „Der Erste Teil des vorliegenden Buches will die hauptsächlichen Voraussetzungen deutlich machen, die der Rest des Buches an den verschiedenen Disziplinen der Geschichtsschreibung und der Fiktionserzählung erproben soll. […] [E]ine Voraussetzung beherrscht alle anderen, die nämlich, daß in der Strukturidentität der narrativen Funktion und im Wahrheitsanspruch jedes narrativen Werkes letztlich der zeitliche Charakter der menschlichen Erfahrung auf dem Spiele steht. […] [D]ie Zeit wird in dem Maße zur menschlichen, wie sie narrativ artikuliert wird; umgekehrt ist die Erzählung in dem Maße bedeutungsvoll, wie sie die Züge der Zeiterfahrung trägt“ (TR I, 17/ZE I, 13).

  10. 10.

    Tengelyi hat auf diesen Unterschied zwischen Hauptwerk und Schlussfolgerungen ausdrücklich hingewiesen. Vgl. Tengelyi, László: Phänomenologie der Zeiterfahrung und Poetik des Zeitromans in Paul Ricœurs „Temps et récit“, in: Mesotes 1/3 (1991), 28–36, hier 28.

  11. 11.

    In Hinblick auf die zweite und dritte Aporie finden sich Ricœurs Interpretationen zu Husserl auf den S. 451–453 (dt. 403–405) und 477–479 (dt. 426–428), die zu Heidegger auf den S. 454–457 (dt. 405–408) und 479–482 (dt. 428–430) des dritten Bandes. Es sei hier angemerkt, dass sich Ricœur bei Weitem nicht nur mit Husserl und Heidegger auseinandersetzt. Da seine These der Aporizität der Zeit jedoch innerhalb der Philosophie auf herausragende Weise die Phänomenologie betrifft, hat es einen durchaus systematischen Grund, dass sich diese Untersuchung anstatt auf Augustinus, Aristoteles oder Kant auf Husserl und Heidegger und Ricœurs Auseinandersetzungen mit ihnen konzentriert.

  12. 12.

    Zu richtungweisenden Arbeiten, die sich einzelnen oder mehreren von Husserls späteren Arbeiten zur Zeit widmen vgl. die Dissertation zu Husserls Zeitdenken bis 1918 von Schnell, Alexander: Temps et phénoméne. La phénoménologie husserlienne du temps (1893–1918). Hildesheim/Zürich/New York: Georg Olms Verlag 2004 (= Europaea Memoria. Studien und Texte zur Geschichte der europäischen Ideen. Reihe I: Studien. Bd. 35), den Aufsatz von Brough, John: Time and the One and the Many (in Husserl’s Bernauer Manuscripts on Time Consciousness), in: Philosophy Today: a quarterly survey of trends and research in philosophy 46 (2002), 142–153, den Aufsatz von Lohmar, Dieter: What Does Protention „Protend“? Remarks On Husserl’s Analyses of Protention in the Bernau Manuscripts On Time-Consciousness, in: Philosophy Today 46 (2002), 154–167 und den Aufsatz von Zahavi, Dan: Time and Consciousness in the Bernau Manuscripts, in: Husserl Studies 20 (2004), 99–118 zu den Bernauer Manuskripten. Vgl. die Dissertation von Kortooms, Toine: Phenomenology of Time. Dordrecht/Boston/London: Kluwer Academic Publishers 2002 (= Phaenomenologica. Bd. 161) über alle drei Phasen von Husserls Zeitdenken, und die auch heute noch bedeutende Dissertation von Held, Klaus: Lebendige Gegenwart. Die Frage nach der Seinsweise des transzendentalen Ich bei Edmund Husserl, entwickelt am Leitfaden der Zeitproblematik. Den Haag: Martinus Nijhoff 1966 (= Phaenomenologica. Bd. 23) über die C-Manuskripte.

  13. 13.

    Vgl. Bernet, Rudolf und Lohmar, Dieter: Einleitung der Herausgeber, in: Husserl, Edmund: Die Bernauer Manuskripte über das Zeitbewusstsein (1917/18). Hg. von Rudolf Bernet und Dieter Lohmar. Dordrecht/Boston/London: Kluwer Academic Publishers 2001 (= Husserliana. Bd. XXXIII), XVII–LI, hier XVII–XIX.

  14. 14.

    Husserl hat die Ausarbeitung von Edith Stein autorisiert und offenbar sogar mit seinem Manuskript verglichen. Da Edith Stein aber deutliche Bemühungen zur Vereinheitlichung der Terminologie, der Systematisierung der Gedankengänge und der Aktualisierung der Manuskripte von 1905 vorgenommen hat, bleibt es dennoch problematisch, diesen 1928 veröffentlichten Text voll und ganz Husserl zuzuschreiben. Heidegger, anders als Edith Stein, hat, und das offenbar zu Husserls Enttäuschung, den Text, der ihm in Form der handschriftlichen Ausarbeitung Edith Steins vorlag, fast gar nicht kommentiert oder verändert. Er erklärte dies mit der bevorstehenden Veröffentlichung von Sein und Zeit und der Belastung durch seine Marburger Lehrtätigkeit. Vgl. Boehm, Rudolf: Einleitung des Herausgebers, in: Husserl, Edmund: Zur Phänomenologie des inneren Zeitbewusstseins (1893–1917), a. a. O., XIII–XLIII. Der zweite Teil des zehnten Bandes der Husserliana ist außerdem von Bernet gesondert herausgegeben worden. Vgl. Husserl, Edmund: Texte zur Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins (1893–1917). Hg. und eingeleitet von Rudolf Bernet. Texte nach Husserliana, Bd. X. Hamburg: Felix Meiner Verlag 1985 (= Philosophische Bibliothek. Bd. 362).

  15. 15.

    Vgl. Husserl, Edmund: Die Bernauer Manuskripte über das Zeitbewusstsein (1917/18). Hg. von Rudolf Bernet und Dieter Lohmar. Dordrecht [u. a.]: Kluwer Academic Publishers 2001 (= Husserliana. Bd. XXXIII) (in der Folge abgekürzt mit Bernauer Manuskripte).

  16. 16.

    Vgl. Bernet/Lohmar: Einleitung der Herausgeber, a. a. O., XVIII.

  17. 17.

    Vgl. Lohmar, Dieter: Einleitung des Herausgebers, in: Husserl, Edmund: Späte Texte über Zeitkonstitution (1929–1934). Die C-Manuskripte. Hg. von Dieter Lohmar. Dordrecht: Springer 2006 (= Husserliana/Materialien. Bd. VIII), XIII–XX, hier XIV f.

  18. 18.

    Vgl. Husserl, Edmund: Späte Texte über Zeitkonstitution (1929–1934). Die C-Manuskripte. Hg. von Dieter Lohmar. Dordrecht: Springer 2006 (= Husserliana/Materialien. Bd. VIII) (in der Folge abgekürzt mit C-Manuskripte). Zu weiteren Angaben über die veröffentlichten Texte Husserls zur Phänomenologie der Zeit, zu Husserls Publikationsvorhaben sowie den Zusammenhängen seiner Arbeit an den Zeittexten mit der Arbeit an anderen Werken vgl. Bernet, Rudolf: Einleitung, in: Texte zur Phänomenologie des inneren Zeitbewusstseins (1893–1917). Hamburg: Felix Meiner Verlag 1985 (= Philosophische Bibliothek. Bd. 362), XI–LXVII, Bernet/Lohmar: Einleitung der Herausgeber, a. a. O. und Lohmar: Einleitung des Herausgebers, a. a. O.

  19. 19.

    Husserl, Edmund: Zur Phänomenologie der Intersubjektivität. Texte aus dem Nachlass. Dritter Teil: 1929–1935. Hg. von Iso Kern. Den Haag: Martinus Nijhoff 1973 (= Husserliana. Bd. XV) und ders.: Zur phänomenologischen Reduktion. Texte aus dem Nachlass (1926–1935). Hg. von Sebastian Luft. Dordrecht/Boston/London: Kluwer Academic Publishers 2002 (= Husserliana. Bd. XXXIV).

  20. 20.

    Heidegger, Martin: Sein und Zeit. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 17. Aufl., 1993 (in der Folge abgekürzt mit SZ). Wiederveröffentlicht in der Gesamtausgabe: Heidegger, Martin: Sein und Zeit. Hg. von Friedrich Wilhelm von Herrmann. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 1977 (= Gesamtausgabe. I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften 1910–1976. Bd. 2). Dieser Text wird im Folgenden nach den Seitenzahlen der Einzelausgabe vom Verlag Niemeyer zitiert, welche ebenfalls im Bd. 2 der Gesamtausgabe am Rande angegeben sind.

  21. 21.

    Vgl. Heidegger, Martin: Der Zeitbegriff in der Geschichtswissenschaft (1916), in: ders.: Frühe Schriften. Hg. von Friedrich Wilhelm von Herrmann Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 1978 (= Gesamtausgabe. I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften 1910–1976. Bd. 1), 413–433 (in der Folge abgekürzt mit Habilitationsvortrag). Dieser Text wird in vorliegender Studie nach den Seitenzahlen der Einzelausgabe von 1972 zitiert, welche auch in Bd. 1 der Gesamtausgabe am Rande angegeben sind.

  22. 22.

    Vgl. Heidegger, Martin: Der Begriff der Zeit. Hg. von Friedrich Wilhelm von Herrmann. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 2004 (= Gesamtausgabe. III. Abteilung: Unveröffentlichte Abhandlungen. Vorträge – Gedachtes. Bd. 64) (in der Folge abgekürzt mit Zeitbegriff ).

  23. 23.

    Vgl. Heidegger, Martin: Prolegomena zur Geschichte des Zeitbegriffs. Hg. von Petra Jaeger. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 1979 (= Gesamtausgabe. II. Abteilung: Vorlesungen 1919–1944. Bd. 20) (in der Folge abgekürzt mit Prolegomena).

  24. 24.

    Vgl. Heidegger, Martin: Logik. Die Frage nach der Wahrheit. Hg. von Walter Biemel. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 1976 (= Gesamtausgabe. II. Abteilung: Vorlesungen 1923–1944. Bd. 21) (in der Folge abgekürzt mit Logik).

  25. 25.

    Vgl. Heidegger, Martin: Metaphysische Anfangsgründe der Logik im Ausgang von Leibniz. Hg. von Klaus Held. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 1978 (= Gesamtausgabe. II. Abteilung: Vorlesungen 1919–1944. Bd. 26) (in der Folge abgekürzt mit Anfangsgründe). Die in der Gesamtausgabe veröffentlichten Vorlesungen sind in der Regel auf der Basis von Heideggers Manuskript und einer oder mehrerer Mitschriften der jeweiligen Vorlesung herausgegeben.

  26. 26.

    Vgl. Heidegger, Martin: Die Grundprobleme der Phänomenologie. Hg. von Friedrich Wilhelm von Herrmann. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 3. Aufl., 1997 (= Gesamtausgabe. II. Abteilung: Vorlesungen 1919–1944. Bd. 24) (in der Folge abgekürzt mit Grundprobleme).

  27. 27.

    Vgl. Heidegger, Martin: Kant und das Problem der Metaphysik. Hg. von Friedrich Wilhelm von Herrmann. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 1991 (= Gesamtausgabe. I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften. Bd. 3) (in der Folge abgekürzt mit Kantbuch).

  28. 28.

    Heidegger, Martin: Zeit und Sein, in: ders.: Zur Sache des Denkens. Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1969, 1–25 (in der Folge abgekürzt mit ZS).

  29. 29.

    Außerdem beschränkt sich Ricœur selbst in Temps et récit explizit auf Sein und Zeit. Neben einer längeren Rechtfertigung der Legitimität, Sein und Zeit „als ein separates Werk zu behandeln“, liefert Ricœur einen systematischen und für seine eigene zeitphänomenologische Fragestellung wichtigen Grund für die Entscheidung, sich ausschließlich auf Sein und Zeit zu beziehen: „Wenn man die Stimme von Sein und Zeit nicht durch die späteren Arbeiten Heideggers erstickt, gibt man sich die Chance, auf der Ebene der hermeneutischen Phänomenologie der Zeit Spannungen und Dissonanzen wahrzunehmen, die […] gerade das außerordentlich artikulierte, peinlich genaue Detail der Analytik des Daseins selber“ betreffen (TR III, 111, 112/ZE III, 97). Andernorts wendet sich Ricœur grundsätzlich gegen eine strenge Differenzierung zwischen dem frühen und dem späten Heidegger. Der Unterschied sei lediglich, dass das Selbst seine Eigentlichkeit bei dem späteren Heidegger nicht mehr in der Freiheit für den Tod suche, sondern in der Gelassenheit, die die Gabe eines poetischen Lebens sei. Kontinuierlich sei aber das „ich bin“ durch seine Beziehung zum Sein bestimmt. Vgl. Ricœur, Paul: Le conflit des interprétations. Essais d’herméneutique. Paris: Seuil 1969 (= L’ordre philosophique), 232/dt.: Hermeneutik und Strukturalismus. Der Konflikt der Interpretationen I. München: Kösel-Verlag 1973, 135.

  30. 30.

    Eine Nähe von Ricœur zum frühen Heidegger betonen auf verschiedene Weisen Jervolino und Clayton. Jervolino hebt Ricœur gegen andere französische Interpreten ab, die sich auf Heideggers Spätwerk konzentrieren und betont in Bezug auf La mémoire, l’histoire, l’oubli den humanistischen Grundzug von Ricœurs Denken: „Der Kampf um die Wahrheit ist der Kampf um einen neuen Humanismus“ (Jervolino, Domenico: La mémoire, l’histoire, l’oubli dans le contexte de l’itinéraire philosophique de Paul Ricœur, in: Breitling, Andris/Orth, Stefan (Hg.): Erinnerungsarbeit. Zu Paul Ricœurs Philosophie von Gedächtnis, Geschichte und Vergessen. Berlin: Berliner Wissenschafts-Verlag 2004, 13–27, hier 15). Anders als Ricœur selbst plädiert Clayton für eine uneinheitliche Heideggerlektüre, positioniert Ricœur dabei aber auf der Seite des frühen Heidegger. In Sein und Zeit sowie in Ricœurs Denken sieht er den Schwerpunkt bei der Auseinandersetzung mit Möglichkeiten des aktiven, sich zeitigenden Daseins, während sich Heideggers späteres Ereignisdenken hin zu dem Horizont des sich in trans-temporaler Weise ereignenden Seins orientiere. Vgl. Clayton, Philip: Ricoeur’s Appropriation of Heidegger: Happy Marriage or Holzweg? in: Journal of the British Society for Phenomenology 20 (1989), No. 1, 33–47, hier 41. Man könnte versucht sein, gegen Jervolino einzuwenden, dass Heidegger selbst gerade sein spätes Denken als humanistisch verstanden hat. Vgl. Heidegger, Martin: Brief über den Humanismus (1946), in: ders.: Wegmarken. Hg. von Friedrich Wilhelm von Herrmann. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 3. Aufl., 2004 (= Gesamtausgabe. I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften 1910–1976. Bd. 9), 313–364. Ein solcher Humanismus des Ereignisses und der Gelassenheit scheint aber von einem ricœurschen Humanismus ähnlich weit entfernt zu sein wie von der Fundamentalanalyse des Daseins aus Sein und Zeit. Trotz der hiesigen weitestgehenden Ausklammerung des späten Heidegger, wäre es andernorts ein lohnenswertes Projekt, Heideggers spätes Denken mit Ricœur und insbesondere mit Ricœurs Auseinandersetzungen und Einschätzungen der Literatur zu vergleichen – dies kann hier jedoch lediglich andeutungsweise erfolgen.

  31. 31.

    Einige Monographien, die sich speziell mit Heideggers Zeitdenken auseinandersetzen sind Heinz, Marion: Zeitlichkeit und Temporalität. Die Konstitution der Existenz und die Grundlegung einer temporalen Ontologie im Frühwerk Martin Heideggers. Würzburg: Königshausen & Neumann und Amsterdam: Rodopi 1982 (= Elementa. Schriften zur Philosophie und ihrer Problemgeschichte. Bd. XXV); Dastur, Francoise: Heidegger et la question du temps. Paris: Presses Universitaires de France 1990 (= Philosophies. Bd. 26); Thomä, Dieter: Die Zeit des Selbst und die Zeit danach. Zur Kritik der Textgeschichte Martin Heideggers 1910–1976. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1990; Fleischer, Margot: Die Zeitanalysen in Heideggers „Sein und Zeit“. Aporien, Probleme und ein Ausblick. Würzburg: Königshausen Neumann 1991; Köhler, Dietmar: Martin Heidegger. Die Schematisierung des Seinssinnes als Thematik des dritten Abschnittes von „Sein und Zeit“. Bonn: Bouvier 1993 (= Neuzeit und Gegenwart. Philosophische Studien. Bd. 11) und Blattner, William: Heidegger’s Temporal Idealism. Cambridge: Cambridge University Press 1999.

  32. 32.

    Vgl. TR I–III/ZE I–III; Ricœur, Paul: Soi-même comme un autre. Paris: Seuil 1990 (= Points. Essais) (in der Folge abgekürzt SMA)/dt.: Das Selbst als ein Anderer. Übersetzt von Jean Greisch in Zusammenarbeit mit Thomas Bedorf und Birgit Schaaff. München: Wilhelm Fink Verlag 1996 (= Übergänge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache und Lebenswelt. Bd. 26) (in der Folge Abgekürzt SaA) und Ricœur, Paul: La mémoire, l’histoire, l’oubli. Paris: Seuil 2000 (= Points. Essais) (in der Folge abgekürzt MHO)/dt.: Gedächtnis, Geschichte, Vergessen. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek, Heinz Jatho und Markus Sedlaczek. München: Wilhelm Fink Verlag 2004 (= Übergänge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache und Lebenswelt. Bd. 50) (in der Folge abgekürzt GGV).

  33. 33.

    Vgl. Ricœur, Paul: La métaphore vive. Paris: Seuil 1975 (= Points. Essais) (in der Folge abgekürzt MV)/dt.: Die lebendige Metapher. Mit einem Vorwort zur deutschen Ausgabe. Vom Verfasser für die Übersetzung bearbeitet. Übersetzt von Rainer Rochlitz. München: Wilhelm Fink Verlag 1986 (= Übergänge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache und Lebenswelt. Bd. 12) (in der Folge abgekürzt LM).

  34. 34.

    Vgl. Ricœur, Paul: Parcours de la reconnaissance. Trois études. Paris: Éditions Stock 2004 (= Les essais) (in der Folge abgekürzt mit Parcours)/dt.: Wege der Anerkennung. Erkennen, Wiedererkennen, Anerkanntsein. Übersetzt von Ulrike Bokelmann und Barbara Heber-Schärer. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2006 (in der Folge abgekürzt mit Wege).

  35. 35.

    Vgl. Ricœur, Paul: Autobiographie intellectuelle, in: ders.: Réflexion faite. Autobiographie intellectuelle. Paris: Seuil/Éditions Esprit 1995, 9–82 (in der Folge abgekürzt mit RF)/dt.: Intellektuelle Autobiographie, in: Ricœur, Paul: Vom Text zur Person. Hermeneutische Aufsätze (1970–1999). Übersetzt und hg. von Peter Welsen. Hamburg: Meiner Verlag 2005 (= Philosophische Bibliothek. Bd. 570), 3–78 (in der Folge abgekürzt mit IA). Ricœur schrieb diesen Text für die Reihe „Library of Living Philosophers“, welche es sich zur Gewohnheit gemacht hat, ihren Aufsatzbänden eine intellektuelle Autobiographie des jeweils im Zentrum stehenden Philosophen voranzustellen. Das Original hat Ricœur allerdings in französischer Sprache verfasst und gleichzeitig mit dem englischen Text publiziert. Vgl. Ricœur, Paul: Intellectual Autobiography, in: The Philosophy of Paul Ricœur. Illinois: Open Court 1995 (= The Library of Living Philosophers. Bd. 22).

  36. 36.

    Vgl. Ricœur, Paul: Du texte à l’action. Essais d’herméneutique II. Paris: Seuil 1986 (= Points. Essais).

  37. 37.

    Vgl. Ricœur, Paul: À l’école de la phénoménologie. Paris: Vrin 1998 (= Histoire de la philosophie).

  38. 38.

    Die bis zum Jahr 2000 reichende Ricœur-Bibliographie von Vansina verzeichnet lediglich sechzehn deutschsprachige Monographien zu Ricœur, von denen sich – abgesehen von den allgemeinen Einführungen – nur fünf rein philosophischen Fragestellungen widmen. Vgl. Vansina, Frans Dirk: Paul Ricœur. Bibliographie primaire et secondaire/Primary and Secondary Bibliography 1935–2000. Leuven: Leuven University Press 2000.

  39. 39.

    Diejenigen Monographien, die die stärkste thematische Nähe zur vorliegenden Studie aufweisen sind die eigenständige, jedoch wesentlich von Ricœur geprägte Auseinandersetzung mit dem Thema Lebensgeschichte von Tengelyi, László: Der Zwitterbegriff Lebensgeschichte. München: Wilhelm Fink Verlag 1998 (= Übergänge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache und Lebenswelt. Bd. 33) sowie die Arbeiten zu Ricœurs Erzähltheorie von Kaul, Susanne: Narratio. Hermeneutik nach Heidegger und Ricœur. München: Wilhelm Fink Verlag 2003 (= Phänomenologische Untersuchungen. Bd. 17), zur Zeitproblematik von Muldoon, Mark S.: Tricks of Time. Bergson, Merleau-Ponty and Ricoeur in Search of Time, Self and Meaning. Pittsburgh: Duquesne University Press 2006 und zu Ricœurs narrativem Geschichtsdenken von Breitling, Andris: Möglichkeitsdichtung – Wirklichkeitssinn. Paul Ricœurs hermeneutisches Denken der Geschichte. München: Wilhelm Fink Verlag 2007 (= Phänomenologische Untersuchungen. Bd. 21).

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Römer, I. (2010). Einleitung. In: Das Zeitdenken bei Husserl, Heidegger und Ricoeur. Phaenomenologica, vol 196. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-90-481-8590-0_1

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