Weibliche Chefs

Zusammenfassung

Anne Klein, als Tochter einer Gewerbelehrerin und eines höheren Beamten 1950 in Koerpich bei Saarbrücken geboren, hatte sich schon vor ihrer Ernennung zur Senatorin als feministisch engagierte Rechtsanwältin über Berlin hinaus einen Namen gemacht. Für die Bundestagsfraktion der Grünen hatte sie zusammen mit einer Kollegin die Rohfassung des Antidiskriminierungsgesetzes erstellt, einen Entwurf, der für die grüne Frauenpolitik zentralen Stellenwert bekommen hatte. Außerdem war sie in der Strafrechtskommission des Deutschen Juristinnenbundes und im Vorstand der alternativen Selbsthilfeorganisation “Netzwerk” aktiv. Nach dem zweiten Staatsexamen, das sie in Berlin absolviert hatte, hatte sich Anne Klein in der Frauenbewegung der einstigen “Frontstadt” engagiert und u.a. mehr als 10 Jahre lang Beratungsarbeit für die Berliner Frauenhäuser geleistet. Für Anne Klein als erste Frauensenatorin von Berlin sprachen daher eine Reihe von Gründen: sie konnte langjährige frauenpolitische Erfahrung und eine Fülle von Kontakten vorweisen, sowie einen Ruf als anerkannte Expertin für Familien- und Frauenrecht. Aus der Sicht der autonomen Frauen war Anne Klein aber noch aus anderen Gründen eine stimmige Kandidatin: sie hatte keine Scheu, sich als Feministin zu bezeichnen, und sich offen zu ihrer lesbischen Lebensweise zu bekennen. Anne Klein selbst vermutete, daß außer ihrer feministischen Überzeugung ihr Beruf den Ausschlag gab, sie vorzuschlagen. Einer Rechtsanwältin wurden sowohl Sachkompetenz als auch Durchsetzungsvermögen zugetraut (Klein 1989).¹⁹