Zusammenfassung
Entgegen dem von FREUD (1926) beschriebenen und vielzitierten ‘Junktim von Heilen und Forschen’ in der Psychoanalyse fallen beide Bereiche in der Praxis doch in der Regel auseinander. Auf seiten des Praktikers entsteht leicht ein „Insuffienzgefühl, das ein befreundeter Kollege in die Worte faßte: ‘Das, was ich hier mache, ist alles ziemlich handgestrickt’. Das Gefühl des Handgestrickten, also der bescheidenen eigenen Möglichkeiten kontrastiert mit den Mitteilungen der Fachliteratur“ (RUDOLF, 1991, S. 114). Forscher dagegen stehen, in enger Kollusion mit dem Insuffizienzgefühl des Praktikers, in der Versuchung, sich normativ über das praktische therapeutische Geschehen zu erheben. Im sicheren Abstand der Meta-Analyse verteilten GRAWE, DONATI & BERNAUER (1994) Schulnoten für die einzelnen Therapierichtungen. Der psychoanalytischen Therapie wird im Forschungs-Wettlauf gerade noch ein Platz im ‘Mittelfeld’ zugestanden: „Die psychoanalytische Therapie ist als wissenschaftlich fundiert anzusehen. Angesichts dessen, daß es sich um die älteste Form der Psychotherapie handelt, ist die Anzahl vorliegender Wirksamkeitsuntersuchungen zwar nicht gerade imponierend …“ (GRAWE, DONATI & BERNAUER, 1994, S. 738). Stellten TSCHUSCHKE & CZOGALIK noch fest: „Globale Vergleiche zwischen Behandlungen mit unterschiedlicher konzeptueller Orientierung stellen ein Forschungsparadigma dar, das sich zunehmend erschöpft“ (TSCHUSCHKE & CZOGALIK, 1990, S. 407), haben GRAWE, DONATI & BERNAUER (1994), entgegen ihrem Buch-Untertitel ‘Von der Konfession zu Profession’ einen neuen Glaubenskrieg unter den Psychotherapieschulen losgetreten.
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Pecher, W. (2005). Einführung. In: Tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapie im Justizvollzug. Studien und Materialien zum Straf- und Maßregelvollzug. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-830-6_1
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Publisher Name: Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim
Print ISBN: 978-3-8255-0234-8
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