Zusammenfassung
Mit der Einrichtung von 70 Professuren für Frauenforschung in der Bundesrepublik ist ein Integrationsprozeß der Frauenforschung in die etablierten Institutionen und Disziplinen eingeleitet, der einen Perspektivwechsel sinnvoll macht (vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft 1993 sowie Informationsblatt der Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung an der FU Berlin WS 1992/93, 19)2. Nicht mehr die Frage, ob oder wie Frauenforschung zu institutionalisieren sei, steht auf der Tagesordnung der Frauenhochschulpolitik. Interessanter ist nun die Frage, wie gehen Wissenschaftlerinnen mit dieser errungenen Macht um, Wissenschaft zu gestalten? Und welche Auswirkungen hat die Frauenforschung auf das Wissenschaftssystem oder könnte sie haben?
Ich beziehe mich im folgenden auf zwei Untersuchungen: eine DFG Umfrage zur Institutio-nalisierung von Frauenforschung in der Bundesrepublik (vgl: Deutsche Forschungsgemeinschaft 1993) und eine Umfrage des Hochschuldidaktischen Zentrums der Universität Dortmund über Frauenstudienveranstaltungen im Rahmen eines Kooperationsverbundes mit der Universität Bielefeld zu fachübergreifenden Lehrangeboten an den Hochschulen (vgl. Kreienbaum/Metz-Göckel 1993).
Die Senatskommission der DFG für Frauenforschung hat die Daten mit Hilfe der Frauenbeauftragten an den Hochschulen erhoben und um Auskünfte des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung von Nordrhein-Westfalen ergänzt. Es wurden alle Frauenbeauftragten an den Hochschulen (Zeitpunkt Sommer 1991) der alten Bundesländer mit einem kurzen Fragebogen angeschrieben. Die Adressen stammen aus einer Liste der Frauenbeauftragten der Hochschulen und aus sonstigen Ergänzungen. Von den 51 angeschriebenen Universitäten haben 88% geantwortet. Der Rest konnte durch Nachfrage größtenteils ergänzt werden. Trotzdem sind die Auskünfte nicht vollständig. In einem koordinierten Verfahren wurden auch 48 Fragebögen an Hochschulen der neuen Bundesländer verschickt, von denen 73% antworteten. An der Erhebung und Auswertung war Susanne Omran, Hochschuldidaktisches Zentrum der Universität Dortmund, maßgeblich beteiligt.
Die Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung der FU Berlin hat zeitgleich und unabhängig davon ebenfalls eine Umfrage durchgeführt. Sie kommt zu leicht abweichenden Ergebnissen (Vgl. Zentraleinrichtung 1993).
Die Trennschärfe, ab wann eine Professur als Professur für Frauenforschung gelten kann, ist eine Schwierigkeit bei der hier vorgelegten Datenzusammenstellung. Die Befragten haben dies nicht im strikten Sinne einheitlich beantwortet bzw. aufgefaßt.
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Literatur
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Janz, Marlies: Höchste Zeit für Differenzierungen. Feministische Lektüren gegen den melting pot der feministischen Literaturwissenschaft, in: Frankfurter Rundschau, Forum Humanwissenschaften, vom 20.4. 1993, S. 10
Kreienbaum, Maria Anna/Metz-Göckel, Sigrid: Frauenstudien: schweigende Minorität - kämpferische Vorhut - feministische Erneuerung. Fachübergreifende Lehr- und Studienangebote für Frauen an Hochschulen der Bundesrepublik, in: Huber, Ludwig/Wildt, Johannes (Hg.): Fachübergreifendes Lehren und Studieren, Weinheim 1993
Vinken, Barbara: Geschlecht als Maskerade. Judith Butler stellt natürliche Identitäten in Frage, in: Frankfurter Rundschau, Forum Humanwissenschaften, vom 4.5. 1993, S. 10
Weigel, Sigrid: Querelles des Femmes in der Literaturwissenschaft. Eine Antwort auf Marlies Janz jensseits von Gründungsmythen und Verfallsgeschichte, in: Frankfurter Rundschau. Forum Humanwissenschaften, vom 4.5. 1993, S. 10
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Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung an der FU Berlin: Extra Info 15: Frauenforschungsprofessuren an Universitäten in Deutschland, Berlin 1993
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Metz-Göckel, S. (1994). Institutionalisierung von Frauenforschung und Frauenstudien in der Bundesrepublik am Beispiel des Graduiertenkollegs “Geschlechterverhältnis und sozialer Wandel”1. In: Fleßner, H., Kriszio, M., Kurth, R., Potts, L. (eds) Women’s Studies im internationalen Vergleich. Aktuelle Frauenforschung. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-502-2_13
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