Zusammenfassung
Angesichts der Fülle möglicher Beziehungen und Deutungen muß ein Versuch zu Vico rasch einsehen, daß es keinen verbindlichen und vollständigen Weg durch seine Neue Wissenschaft von der gemeinschaftlichen Natur der Völker geben kann. Und gerade an der in sich kontroversen und wechselvollen Vicodeutung kann man verstehen lernen, wie der jeweilige Standpunkt und die jeweilige historische Determination das Ergebnis prägen. Damit ergibt es auch einen Sinn, sich vorweg über die eigene Perspektive zu verständigen, und diese wiederum gegen die hauptsächlichen Interpretationen abzugrenzen. Die Grundeinsicht Vicos, die historische Welt für ambivalent, bedrohlich und doch notwendig zu halten, das dürfte ein Tenor auf der Suche nach Vicos Modernität sein. Aber über die Inhalte dieser Einsicht herrscht Uneinigkeit. Offensichtlich sind sie nicht gehoben, und so mag der Versuch gelten, mit begrenzten Mitteln Materialien vorzulegen, die neues Licht auf Vicos barocke Vision einer neuen Wissenschaft werfen können.
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Anmerkungen
I. Berlin, Vico and Herder, London 1976, S. 54: ‘No myth is save from Vico’s zeal: every legend is so much grist for his socio-economic mills.’
B. Croce, La filosofia di Giambattista Vico, Ban 1980 (1911), dt. E. Auerbach, Tübingen 1928
E. Garin, Storia della filosofia italiana, Torino 1966/78, spez.II, Kap. 5
P. Rossi, Le sterminate antiquità. Pisa 1969. Diese Studie ist in die kurze und souverane Einleitung zu seiner Edition der Scienza Nuova, Milano 1982 (1977) eingegangen. Zur Kritik an der Diskussion vgl. Kap. 10, wo er sich gegen die Vereinnahmung Vicos wendet, der mittlerweile als Voriaufer für fast alles eingesetzt wurde.
P. Burke, Vico, Berlin 1987 (NY 1985)
S. Otto, Giambattista Vico, Stuttgart 1989
K. Löwith, Weltgeschichte und Heilsgeschehen, Samtliche Schriften Bd. 2, Stuttgart 1981.
Vicos Grundsatz, verum et factum convertuntur (1968), ebenda Bd. 9. F. Fellmann, Das Vico-Axiom, Freiburg 1976
HE. Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen Bd. 1, Berlin 1923
J. Chaix-Ruy, Vico et I’illuminisme athée, Paris 1968
Lukrez, De rerum natura I, Vers 62f. (dt. K. Büchner, Stuttgart 1973)
K. Heinrich, Anthropomorphé, FM 1986, S. 102: “An dieser Stelle stoßen wir überhaupt auf einen der wichtigsten Mechanismen, die die okzidentale Philosophic hervorgerufen haben: denn hier sehen wir, daß der Versuch, soweit zu abstrahieren von der Realität, daß man mit ihr nichts mehr gemein hat, überhaupt nicht zu trennen ist von dem gegenteiligen Versuch, diese Realität mit Effizienz, mit realer Wiiksamkeit zu beherrschen”
G. Vico, Opere, Napoli 1858 (Nachdruck Berlin DDR 1970)
E. Grassi, Vico and Joyce, ed. Verene, NY 1987, S. 150: “Metaphor itself is a scandal to logic. Through analogies it transfers (metapheréin) to terms meanings that do not pertain to them: meadows do not ‘laugh’, a mountain does not have a ‘head’, a shore has no ‘breast’”
H. Blumenberg, Arbeit am Mythos, FM 1979, S. 412 f.: Blumenberg ist auf den Mythos des Prometheus fixiert. Daß ihm Vicos Verständnis desselben zu einer ästhetischen Aufheiterung gerät, ist schwer nachzuvollziehen, wenn man den Naturalismus der heroischen Zeiten in der Neuen Wissenschaft vor Augen hat. Daß Vico einen vollig verschiedenen Begriff von der Leistung des Mythos, ebenso wie der ingeniösen Phantasie hat, entgeht Blumenberg. M.E. besitzt Vico auf keinen Fall einen romantischen Grundgedanken (S. 415).
G.W. Leibniz, Nouveaux Essays, Paris 1966, S. 38: Die petites perceptiones sind Wahrnehmungen und Vorgänge unterhalb der Bewußtseinsschwelle. Sie sind das bewußtseinstheoretische Pendant zum Differentialkalkül. Für Vico, wie auch später für die Psychoanalyse, ist nicht die quantitative Menge der Eindrücke das Kriterium des Bewußtseins, sondern der Antagonismus von Unbewußtem und Bewußtem, bei Vico von mythisch-poetischer und rationaler Epoche des Menschen.
I. Kant, KdrV, Werkausgabe FM 1968, Einleitung, S. 66: “(&) daß es zwei Stämme der menschlichen Erkenntnis gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen aber uns unbekannten Wurzel entspringen, nämlich Sinnlichkeit und Verstand”
F. Flora, ed., La Scienca Nuova, Milano 1957, S. LX u.a.
J. Chaix Ruy, Vico et I’illuminisme athée, Paris 1968, S. 16: “Vico bietet uns einen evolutionären Strukturalismus [structuralisme evolutif] an, der Überschneidungen von sukzessiv aufeinander folgenden Funktionen des Geistes [esprit] beinhaltet”Aber auch S. 107: “Doch der Historizismus verdeckt bei Vico ebenso wie dann bei Croce einen Strukturalismus”
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Haeffner, F. (1996). Vicos Welttheater — Konstruktion und Ethik in der Neuen Wissenschaft. In: Vico und Bloch. Reihe Philosophie. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-493-3_2
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