Ambulante Therapie mit delinquenten Frauen

Zusammenfassung

Die wenigen empirischen Studien und wissenschaftlichen Beiträge zur ambulanten Therapie mit Straftätern beziehen sich im wesentlichen auf die Behandlung von Sexualdelinquenten, d.h. auf Männer (vgl. Haag et al., 1985; Schorsch et al., 1985). Frauen als Adressatinnen werden in der Behandlungsforschung mit der Zielgruppe Delinquente explizit nicht genannt, obwohl Frauen in den westlich entwickelten Ländern 1,5 mal häufiger als psychisch krank etikettiert werden als Männer und sie sich drei- bis viermal häufiger in ambulante psychotherapeutische Behandlung begeben (Böhm, 1987; Dilling & Weyerer, 1978). Die Vernachlässigung der weiblichen Delinquenten in der Behandlungsforschung und -praxis ist sicher einmal auf die quantitativ und qualitativ geringere Delinquenzbelastung von Frauen zurückzu-führen (1990: 22,1 % tatverdächtige Frauen; 16,4 % verurteilte Frauen; 8,8 % Frauen mit Jugend-/Freiheitsstrafe auf Bewährung; 4% inhaftierte Frauen — Stati-stisches Jahrbuch 1992) und zum anderen darauf, daß Frauen in der (Behandlungs)-Forschung insgesamt eher vernachlässigt werden (Freytag, 1993). Frauenspezifische Behandlungsansätze, die in den letzten 10 Jahren zunehmend in der feministischen Frauenforschung erarbeitet wurden (z.B. Eichenbaum, 1984; Rommels-pacher, 1987; Freytag, 1993), haben dagegen bisher weder Eingang gefunden in die kriminologische Forschung noch in die forensische Praxis (Bewährungshilfe, Straf-oder Maßregelvollzug). Auch wenn in verschiedenen Einrichtungen ambulante Therapien mit Straftäterinnen durchgeführt werden, so treten diese in der wissenschaftlichen Diskussion in den Hintergrund.