Zusammenfassung
Während sich die Frage nach der Kriegszustimmung und den persönlichen Bewertungen des Zweiten Weltkriegs noch weitgehend in dem Rahmen bewegte, der auch die Diskussion über die Literatur des Ersten Weltkriegs prägt, führt der Begriff des Opfers ins Zentrum der speziell nationalsozialistischen Aspekte des Zweiten Weltkriegs. Der Begriff wird in der Forschung verschiedenster Disziplinen seit geraumer Zeit erörtert und hat in die Diskussion sowohl über die soldatische Literatur des Zweiten Weltkriegs als auch über die Rolle von Frauen (im Nationalsozialismus) Eingang gefunden.1 Zwar läßt sich keineswegs der ganze Komplex der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Autobiographien über die Opferthematik erschließen. Doch steht der Opfer-Begriff, auch aufgrund seiner Bedeutung innerhalb der nationalsozialistischen Kriegspropaganda, an der Schnittstelle von Zweitem Weltkrieg und Nationalsozialismus. Da er zudem in fast allen untersuchten Autobiographien vorkommt und unterschiedliche Rollen spielt, eignet er sich als Analysekategorie, um die in den Texten dargestellten Verhältnisse zwischen Krieg, Nationalsozialismus und eigenem Leben zu erörtern.2
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Anmerkungen
Vgl. z.B. Eschebach, Tröger sowie Gudrun Kohn-Waechter (Hg.): Schrift der Flammen. Opfermythen und Weiblichkeitsentwürfe im 20. Jahrhundert. Berlin: Orlanda-Frauenverlag 1991.
Das ganze Spektrum der Bedeutungen von ‘Opfer’ kann jedoch hier nicht abgedeckt werden. Ich beschränke mich auf einige wenige Differenzierungen, die mir für den Gebrauch des Begriffs und der Opfer-Argumentation in den besprochenen Autobiographien von Frauen wesentlich erscheinen. Michael Reiter: „Opferphilosophie. Die moderne Verwandlung der Opferfigur am Beispiel von Georg Simmel und Martin Heidegger“. In: Kohn-Waechter, Gudrun (Hg.): Schrift der Flammen. Opfermythen und Weiblichkeitsentwürfe im 20. Jahrhundert. Berlin: Orlanda-Frauenverlag 1991, S. 129–147, hier S. 131.
Ute Daniel: „Vorwort.“ In: Dörr, Margarete: „Wer die Zeit nicht miterlebt hat…“. Frauenerfahrungen im Zweiten Weltkrieg und in den Jahren danach. Band 1: Lebensgeschichten. Frankfurt, New York: Campus 1998, S. 7–14, hier S. 9.
Vgl. Klaus Kanzog: „Staatspolitisch besonders wertvoll“. Ein Handbuch zu 30 deutschen Spielfilmen der Jahre 1934 bis 1945. München: Diskurs-Film-Verlag 1994, S. 278–286. Annelie erscheint außerdem Ende 1944 in einer Ministervorlage auf der Liste für den „Einsatz von Filmen soldatischen und nationalen Charakters“ (vgl. Kanzog, S. 50).
Ida Friederike Görres: „[Vorwort]“. In: Melita Maschmann: Fazit. Kein Rechtfertigungsversuch. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1963, S. 5–12, hier S. 10 und S. 8. Daß nicht nur Görres diese positiven Tendenzen bei Maschmann erkennt, zeigen auch einige zeitgenössische Rezensionen,
vgl. etwa Jürgen Henningsen: „Tua res agitur. Eine Autobiographie über die NS-Zeit.“ In: Kulturarbeit, 16. Jg. (1963), H.5, S. 81–84 (Das Buch „gibt einer Generation zwölf Jahre ihres Lebens zurück.“, S. 81);
Vilma Sturm: „Fruchtbare Reue“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.3.1963 („Diese radikale Umkehr und unbeschönigte Beichte muß jeden Leser frappieren […].“); ablehnend dagegen Heinrich Böll: „Über Melita Maschmann, ‚Fazit’“. In: Heimat und keine. Schriften und Reden 1964–1968. München: Deutscher Taschenbuchverlag 1985, S. 96–99.
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Mahr, C. (2006). „Opfer“ — Verhältnisse zu Zweitem Weltkrieg und Nationalsozialismus. In: Kriegsliteratur von Frauen?. Frauen in der Literaturgeschichte, vol 14. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-427-8_7
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