Zusammenfassung
Im vorliegenden Beitrag gehe ich auf die Form der Pflanzenzüchtung und Saatgutgewinnung in den Händen von Bäuerinnen in Südtirol ein. Ich beschreibe einen eigenbezüglichen und eigenmächtigen Umgang mit Saatgut und Pflanzen sowie die Gründe, warum Bäuerinnen Pflanzen in ihren Gärten selbst züchten. Der Anbau und die Vermehrung von lokalen und vertrauten Sorten lebt wieder auf, aus — wie die Bäuerinnen in den Gesprächen implizit und explizit zum Ausdruck gebracht haben — Unzufriedenheit mit der Qualität und dem Charakter der Sorten, die die professionelle Pflanzenzüchtung anbietet, und als Widerstand gegen die Methoden der professionellen Pflanzenzüchtung. Die Bäuerinnen knüpfen zum einen an bekannte Methoden der Saatgutgewinnung an, zum anderen eignen sie sich das Wissen und die Fertigkeiten neu an, wie Gemüse-, Heil-, Gewürz- und Zierpflanzen vermehrt werden können. Bevor ich den Umgang der Bäuerinnen von Südtirol mit ihrer Saat beschreibe, gehe ich auf den Diskurs über die biologische Vielfalt und ihre Erhaltung ein. Diese Debatte ist, wie ich zeigen werde, von anderen Interessen geprägt als die Erhaltung und Vermehrung von Pflanzen in den Händen von Bäuerinnen in Südtirol.
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Notizen
Vgl. Heiko Becker, Pflanzenzüchtung, Stuttgart, 1993 sowie Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Index Seminum Austriae. Kulturpflanzenevolution und Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen in der Landwirtschaft; (Sonderausgabe der Zeitschrift Förderungsdienst 2c/1998); Wien, 1998.
Christine Weizsäcker, Gentechnik und Artenvielfalt. Eine schwierige Beziehung, die als dieale Partnerschaft gelten möchte, in: Jürgen Wolters (Hrsg.), Leben und Leben lassen (focus: ökozid 10), Gießen 1995.
Andrea Heistinger, Die Saat der Bäuerinnen. Saatgutgewinnung und Pflanzenzüchtung von Bäuerinnen in Südtirol, Innsbruck 2001.
Martina Kaller-Dietrich, Macht über Mägen. Essen als eigenmächtiges Tätigsein von Frauen in einem mexikanischen Dorf. Vom Widerstand gegen die diagnostische Macht der Ernährung, Ungedruckte Habilitationsschrift an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien: 1999, S. 255.
Ivan Illich, Fortschrittsmythen — Schöpferische Arbeitslosigkeit, Energie und Gerechtigkeit, wider die Verschulung, Reinbek bei Hamburg, 1983, S. 95.
Stephen A. Marglin, Farmes, Seedsmen, and Scientists: Systems of Agriculture and Systems of Knowledge, in: Frédérique Apffel-Marglin and Stephen A. Marglin, Decolonizing Knowledge: from Development to Dialogue, New York, 1996, pp. 185–248.
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Heistinger, A. (2002). Saatkunst und Kulturpflanzen von Bäuerinnen in Südtirol. In: Meyer-Renschhausen, E., Müller, R., Becker, P. (eds) Die Gärten der Frauen. Frauen · Gesellschaft · Kritik, vol 35. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-354-7_17
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