Zusammenfassung
Im Jahre 1925 erschien die Zusammenfassung mehrerer kürzerer Artikel über Sexualaufklärung aus der Zeitschrift „Die Quelle“ als eigenes kleines Buch: „Die sexuelle Aufklärung“ von Helene Anderle78. Auf 20 Seiten verfocht die Autorin das Konzept einer unverkrampften Annäherung an die menschliche Sexualität. Erst die sexuelle Aufklärung versetze die Menschen nämlich in die Lage, ihr Leben im Sinne eines „biogenetischen Grundgesetzes“ korrekt zu gestalten79. Diese Formulierung lässt ihre persönliche Orientierung am monistischen Weltbild von Ernst Haeckel erahnen. Auf der Basis dieses „Grundgesetzes“ unterschieden sich Männer und Frauen Europas auch von den „primitiven Völkern“ in Afrika und Ozeanien, die dieses Wissen nie selbst erlangen könnten, sondern dem Aberglauben anhingen80. Besonderen Wert billigte Anderle den Studien von Sigmund Freud zu, der bewiesen habe, dass Kinder und Jugendliche keineswegs „geschlechtslose“ Wesen seien. Naive Vorstellungen hätten zu lange dominiert, so der Glaube Rousseaus, dass es genüge, die Kinder von allen Reizen fern zu halten81. Denn dadurch sei es langfristig zu einer verheerenden Entsexualisierung gekommen.
Infolge des Bannes, mit dem alles Sexuelle seit Jahrhunderten belegt worden ist, haben es viele Erwachsene so weit gebracht, hinter dem natürlichen Streben des Kindes, das Schöpfungswunder zu enträtseln, etwas Schmutziges, sittlich Minderwertiges zu sehen, die Schnüffelei und Sensationslüsternheit der Großen wird den aus reinster Quelle stammenden kindlichen Fragen untergeschoben, die Großen schämen sich oft für die Fragen der Kleinen und weisen sie als Dummheit aus oder falschem Schamgefühl ab82.
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Mildenberger, F. (2004). Sexuelle Aufklärung — nur für wen?. In: Allein unter Männern. Frauen · Gesellschaft · Kritik, vol 42. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-282-3_3
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Publisher Name: Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim
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