Kinder in den Medien: Engel oder Teufel?

Zusammenfassung

„Beobachten Sie, und enthalten Sie sich eines Urteils” war der eindringliche und wiederholte Ratschlag, den mir Georg Wagner erteilte, als er im Jahr 1994 meine Diplomarbeit in Psychologie betreute. Mein Ziel war, die Haft- und Lebensbedingungen von Insassen einer Strafanstalt in München, Deutschland, und in Quito, Ecuador, zu vergleichen. Über mehrere Wochen führte ich ein Tagebuch, das zur Basis einer teilnehmenden Beobachtung in zwei Strafvollzugsanstalten wurde. Unverständnis, Empörung und moralisierende Ansichten waren häufig meine Reaktionen auf die ecuadorianischen Verhältnisse, von denen ich Georg Wagner am Telefon berichtete. Jedes Mal verwies er mich an Flaubert und seinen Roman ‚Madame Bovary’ (1994), in dem die Frau eines kleinbürgerlichen Landarztes Ehebruch beging und sich in Schulden stürzte, um der häuslichen Enge und der ehelichen Langeweile zu entfliehen — ein Verhalten, das zu Lebzeiten von Flaubert (1821–1880) als skandalös und unmoralisch verurteilt worden war: „Sie müssen lernen, eine Haltung einzunehmen wie Flaubert — beobachten, beschreiben, aber niemals verurteilen”, ermahnte er mich.