Auszug
Der Begriff Identität ist heute so allgegenwärtig — schon vor zwanzig Jahren sprach man vom «Inflationsbegriff Nr. l»12 — dass sich seine Definition zu erübrigen scheint: jeder glaubt zu wissen beziehungsweise wissen zu müssen, was gemeint ist, wenn von Identität die Rede ist. Wer indes den Begriff genauer unter die Lupe nimmt, wird feststellen: «[A]s identity became more and more a cliché, its meaning grew progressively more diffuse, thereby encouraging increasingly loose and irresponsible usage».au13 Diesen «deprimierenden» Bef14 des amerikanischen Historikers Philip Gleason hat Uwe Pörksen zu der These zugespitzt, dass Begriffe wie Identität «dafür [sorgen], daß die Wirklichkeit sich auf sie, als ihren Kristallisationspunkt, zuordnet», obwohl — beziehungsweise weil! — sie «in dem konkreten Zusammenhang, indem sie gebraucht werden, nicht [...] näher bestimmt, in ihrer präzisen Bedeutung erkennbar gemacht werden».15 Anschließend an Pörksens Überlegungen hat Lutz Niethammer in einer semantischen Studie nachgewiesen, dass den alltäglichen Gebrauch des Begriffs «drei Hauptwidersprüche» kennzeichnen.
Karl-Michael Brunner (1987), Zweisprachigkeit Identität. S. 57–75 in: Psychologie Gesellschaftskritik 44, hier S. 63.
Philip Gleason (1983), Identifying Identity. A Semantic History. S. 910–931 in: The Journal of American History 69, hier S. 931.
Philip Gleason (1983), a.a.O.
Uwe Pärksen (2004), Plastikwärter. Die Sprache einer internationalen Diktatur. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 17 22. In die gleiche Richtung geht auch die Argumentation des jüngst erschienenen Essays Amartya Sen (2007), Die Identitätsfalle. Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt. München: Beck.
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(2007). Die narrative Konstruktion kollektiver Identität. In: Polen zwischen Nation und Europa. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-8350-9674-5_2
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