Lebensgeschichtliche Erfahrungen im Bildungssystem in Ostdeutschland vor und nach der Wende

Auszug

„Ich wusste schon im Kindergarten, dass ich Lehrerin werden will. ” Meine eigene Bildungsbiografie ist mit dem Bildungswesen der DDR in vielerlei Beziehung eng verbunden. Meine Eltern arbeiteten als Pädagogen; meine Mutter als Lehrerin in der Grundschule und später als Kunsterzieherin in den oberen Klassen, mein Vater als Pionierleiter und später als Lehrer an einer Sonderschule. Beide kommen aus einfachen familiären Verhältnissen und haben sich über den zweiten Bildungsweg für den Beruf qualifiziert. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter haben sich sehr mit ihren Beruf identifiziert. Häufig wurde am Tisch über die Schule, über einzelne Kinder und ihre Probleme gesprochen. Vor allem mein Vater verbrachte die meiste Zeit des Tages in der Schule, vormittags im Unterricht, nachmittags in Beratungsgesprächen mit Kolleginnen und Kollegen oder Eltern. Besonders eindrücklich sind mir die Versuche meiner Mutter in Erinnerung, Familie (ich bin mit drei Geschwistern aufgewachsen) und Beruf miteinander in Einklang zu bringen. So wurde der Zeichenzirkel, den sie einmal wöchentlich für interessierte Kinder durchführte, in unsere Küche verlegt und gymnastische Übungen im Sportunterricht bei schönem Wetter gelegentlich auf dem Hof hinter unserem Haus absolviert. Ich habe meine Mutter im Umgang mit Kindern (in vielen Stunden, in denen ich schon vor meiner Einschulung zusehen durfte) stets fröhlich und sehr ideenreich erlebt. Es wurde auch im Deutsch- und Mathematikunterricht viel gesungen, gezeichnet und bei schönem Wetter wurde das Einmaleins als Rechenspiel auf dem Schulhof geübt.