Ein Akteur-Netzwerk-Modell der Wirtschaftskommunikation

Auszug

Den Ausgangspunkt für eine Reflexion über Wirtschaftkommunikation bildet heute die globale Wissensgesellschaft. Unternehmen können auf Basis systemtheoretischer Über-legungen als operationeil und informationeil geschlossene Systeme betrachtet werden, die sich in dieser komplexen Umwelt selbst organisieren. Dabei sind sie dauernd Komplexitäts-(über)forderungen ausgesetzt, auf die sie mit Wandel und Innovationen reagieren müssen. Unternehmen sind in diesem Umfeld gezwungen, immer komplexere interne Strukturen mit erhöhtem Kommunikations- und Koordinationsbedarf aufzubauen. Wie kann die Unbere-chenbarkeit und Unkontrollierbarkeit individueller Kreativität und komplexer Technik durch das Management kalkulierbar und kontrollierbar gemacht werden? Die Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) zeigt einen möglichen Ausweg aus dieser Situation. Im Gegensatz zu system-theoretischen Modellen unterscheidet die ANT nicht zwischen Individuum und Organisation, beide werden vielmehr als Akteure in einem Netzwerk verstanden. Die Analyse von Wirt-schaftskommunikation als ein Akteur-Netzwerk zeigt, dass Menschen und Technik stetig ihre gegenseitigen Funktionen und Rollen durch Kommunikationsprozesse aushandeln, sich ge-genseitig in verschiedene Handlungsprogramme rekrutieren und rekrutieren lassen und auf diese Weise flexible, hybride Netzwerke bilden, die im Gegensatz zur Theorie der sozialen Systeme nicht durch die Unterscheidung zwischen Kommunikation und Nicht-Kommunikation, sondern durch die Unterscheidung von eingebunden und nicht-eingebunden konstituiert sind.