Skip to main content

Strukturwandel der Unternehmen im organisationalen Feld der Deutschland AG: Von der formal-rationalisierten Expertenorganisation zur flexiblen Netzwerkorganisation?

  • Chapter
Struktur- und Kulturwandel international tätiger deutscher Unternehmen
  • 1527 Accesses

Auszug

Folgt man dem Mainstream der Arbeits- und Industriesoziologie, verhalten sich Wettbewerb und Networking konträr zum Prinzip von „Organisation“. Das Prinzip „Organisation“ ist durch hierarchische Über- und Unterordnung, konkrete Machtverhältnisse und damit verbundene Entscheidungsspielräume gekennzeichnet, besonders jedoch durch Formalisierung der bestandsrelevanten Funktionen und Abläufe (vgl. Weber 1922/ 1972: 20 f.; 124-130; 551-579; Luhmann 1971/1994; 2000; vgl. Sydow 1992; Powell 1990).31 Dieser weit verbreiteten Auffassung liegt die Annahme zugrunde, dass „Organisation“ als Prinzip mit hierarchischer Über- und Unterordnung sowie mit der Formalisierung organisationaler Abläufe identisch ist, während der Wettbewerb weitgehend der Sphäre des freien Marktes außerhalb der institutionellen Grenzen des Wirtschaftsunternehmen verbleibt wirdund das Networking der zivilgesellschaftlichen Sph→e, also der gesellschaftlichen Gemeinschaft als Integrationskern der modernen, westlich geprägten Gesellschaft und deshalb auch nicht genuiner Teil der modernen rationalen Organisation ist (vgl. Parsons 1972/1996: 12-42; Sennett 1998: 57-80; Münch 2002). Umso größer sind die Herausforderungen, welche durch die wachsende Umstellung auf flache Hierarchien, Profitcenterstruktur und interdisziplinäre Teamorganisation an das in Deutschland etablierte, auf Hierarchie und Formalisierung fokussierte Organisationsverständnis gestellt werden, weil sich diese Organisationsform Wettbewerb und Networking als Mechanismen zur Leistungskoordination zunutze macht. Damit kann z.B. Commitment der Mitarbeiter für Zielsetzungen und Leitbilder ihrer Unternehmen erzeugt werden, weil sich eine klare Grenze zwischen Organisation und Markt nicht mehr aufrechterhalten lässt, sondern der Markt integrativer Teil der Organisation ist (vgl. Koike 1994; Kern/ Sabel 1994; Voß 1994; Behr 1995; Münch/Guenther 2005). Spätestens seit dem Ende der 1990er Jahre geht der Blick der Entscheidungsträger von Unternehmen im organisationalen Feld der „Deutschland-AG“ besonders in Richtung der Vereinigten Staaten, wo die Ökonomie unter dem Eindruck des New Economy-Booms und des Aufstiegs flexibler, aus marktlich koordinierten Einheiten bestehenden Firmen und Netzwerke einen außergewöhnlich langen Boom erlebte, der bis heute nachwirkt, obgleich er inzwischen vorüber ist (vgl. Castells 1996: 151-200; 2001; Kühl 2002). Entscheidungsträger orientieren sich zunehmend am Modell von flacher Hierarchien, Profitcenterstruktur, Teamorganisation und flexiblen Netzwerken der Forschung und Entwicklung wie in der liberalen Ökonomie der Vereinigten Staaten im Gegensatz zu der langfristig angelegten, kooperativen, durch gewachsenes Vertrauen geprägten Netzwerken der Forschung und Entwicklung in der koordinierten Marktwirtschaft Deutschlands. Wie die Verfasserin dieser Studie zunächst allgemein, dann am Beispiel des Bayer-Konzerns zeigen wird, wirkt sich dies von der Unternehmensspitze bis hin zur Konzernbasis aus, betrifft also nicht nur Management und Governance-Strukturen an der die Konzernspitze, sondern ebenfalls die Kooperationsbeziehungen in den Betrieben und an den Produktionsstandorten. Über die kybernetische Bedingungs-Steuerungs-Hierarchie wirkt sich ein Strukturwandel des Unternehmens unter Globalisierungsdruck, der zunächst unmittelbar die Leistungskoordination, z.B. die Optimierung der Produktions-, Arbeits- und Geschäftsprozesse unter Kosten-Nutzen-Aspekten zum Gegenstand hat, auch auf die Ebene der Unternehmenssteuerung und Führung und mittelbar sogar auf Sozialintegration und Unternehmenskultur aus. Mit neofunktionalistischen Ansätzen wird argumentiert, dass — falls es nicht gelingt, ein bestimmtes Mindestmaß an gegenseitiger Achtung, sozialem Zusammenhalt und „Wir-Gefühl“ aufrechtzuerhalten, Uneinigkeit darüber besteht, welche Akteure und Gruppierungen zur Unternehmensgemeinschaft gehören und welche nicht, dann fehlt es an gemeinsam geteilten Vorstellungen davon, was Gleichheit und soziale Gerechtigkeit beinhalten, sich dies für das Unternehmen insgesamt negativ aus wirkt. Die Konsequenz besteht in einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, zumindest, wenn dieser Zustand nicht nur eine temporäre, durch schnellen Wandel bedingte Erscheinung ist.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 74.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2007 Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

(2007). Strukturwandel der Unternehmen im organisationalen Feld der Deutschland AG: Von der formal-rationalisierten Expertenorganisation zur flexiblen Netzwerkorganisation?. In: Struktur- und Kulturwandel international tätiger deutscher Unternehmen. DUV. https://doi.org/10.1007/978-3-8350-9242-6_3

Download citation

Publish with us

Policies and ethics