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Der Sport als Träger kommunikativer Handlungskoordination

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Erfolg in der massenmedialen Sportpräsentation
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Auszug

Der massenmedial präsentierte Sport berührt zwei gesellschaftliche Teilbereiche, die bisher im gesellschaftstheoretischen Entwurf von Lebenswelt und System noch nicht eindeutig zuzuordnen sind. Sowohl der Sport als auch die Massenmedien bedürfen einer Verortung in diesem theoretischen Gerüst. Zwar sind die Massenmedien bereits als generalisierte Medien zur Entlastung der sprachlichen Verständigung im lebensweltlichen Kontext eingeordnet, ihre Wirkung auf die moderne Gesellschaft ist jedoch noch nicht hinreichend beschrieben. Aufgabe dieses Kapitels ist es, das sportliche Handeln und den organisierten Sport in die Theorie kommunikativen Handelns zu integrieren. Dazu ist es notwendig, den bisher analysierten Theorierahmen funktional so zu erweitern, dass er sein Erklärungspotenzial fur die Entstehung des modernen Sports und die Modernisierungsprozesse im Sport vollständig nutzen kann.

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References

  1. Die formalpragmatische Einstellung zur Lebenswelt eröffnet zwei mögliche Interpretationsrichtungen: (1) aus der Teilnehmerperspektive erscheint die Lebenswelt als horizontbildender Handlungsrahmen und (2) aus der Beobachterperspektive übernimmt die Lebenswelt eine ressourcenliefernde Funktion. Die erste entspricht der Lebenswelt I und die zweite Perspektive der Lebenswelt II in der Typologisierung Matthiesens (1985, S. 45).

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  2. „Solange Sprache nur als Medium für die Übertragung von Informationen und Redundanzen genutzt wird, läuft die Handlungskoordinierung über die wechselseitige Einflußnahme zwecktätig aufeinander einwirkender Aktoren [kognitiv-instrumentelle Rationalität]. Sobald hingegen die illokutionären Kräfte der Sprechhandlungen eine handlungskoordinative Rolle übernehmen, wird die Sprache selbst als primäre Quelle der sozialen Integration erschlossen [kommunikative Rationalität]“ (Habermas, 1994, S. 33f.).

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  3. Habermas unterscheidet an dieser Stelle zwei Arten kommunikativen Handelns. „Im schwach-kommunikativen Handeln orientieren sich die Aktoren allein an Wahrheits-und Wahrhaftigkeitsansprüchen, im starkkommunikativen Handeln auch an intersubjektiv anerkannten Richtigkeitsansprüchen“ (1999, S. 122; Hervorhebung durch den Autor).

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  4. Genau in dieser Feststellung sieht Habermas den entscheidenden Gewinn der Theorie des kommunikativen Handelns, der in der Transformation des transzendentalen Vernunftbegriffs in eine Theorie der kommunikativen Rationalität liegt: „Die Idee der Einlösbarkeit kritisierbarer Geltungsansprüche erfordert Idealisierungen, die von den kommunikativ Handelnden selber vorgenommen und damit vom transzendentalen Himmel auf den Boden der Lebenswelt herabgeholt werden“ (Habermas, 1994, S. 34). Damit lassen sich von den kommunikativen Sprechakten, Akte der Täuschung und Illusion unterscheiden. Selbst Missverständnisse unterliegen den Bedingungen der verständigungsorientierten Kommunikation, denn auch in diesem Fall müssen sich die Kommunizierenden zumindest auf einen gemeinsamen Sprachkodex einigen, da sie sich sonst gar nicht verständigen könnten. Missverständnisse können sich erst dann als Missverständnis entlarven, wenn zumindest diese Bedingung erfüllt ist, wäre sie es nicht, könnten die Kommunikationsteilnehmer gar nicht feststellen, dass sie getäuscht wurden und eine Verständigung hätte eigentlich gar nicht stattfinden können.

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  5. Dabei muss noch nicht einmal auf die Diskurstheorie Bezug genommen werden, es genügt allein der Hinweis auf den Sprechakt und sein Zustandekommen: „Wir können sagen, dass ein Sprechakt gelingt, wenn zwischen Sprecher und Hörer eine, und zwar die vom Sprecher intendierte Beziehung zustande kommt, und wenn der Hörer den vom Sprecher geäußerten Inhalt in dem indizierten Verwendungssinn, beispielsweise als Versprechen, Behauptung, Ratschlag usw. verstehen und akzeptieren kann“ (Habermas, 1995, S. 397). Ohne das Zustandekommen dieser rudimentären Sprechhandlung ist allerdings eine Kommunikationstheorie, die auf Bedingungen verständigungsorientierten Handelns aufgebaut werden soll, nicht denkbar.

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  6. In der Auseinandersetzung mit der Kritik Herbert Schädelbachs an seinem Begriff der kommunikativen Rationalität erweitert Habermas die Verwendungsweisen des kommunikativen Handelns. Es ist weiterhin nicht mehr allein auf Verständigung gerichtet, kommunikatives Handeln kann auch einverständnisorientiert oder folgenorientiert sein. Wichtiger ist an dieser Stelle allerdings, dass er feststellt, dass sprachliche Äußerungen nicht „automatisch“ auch kommunikatives Handeln sind. Im Weiteren unterscheidet er die folgenden Handlungstypen, die unter Verwendung von Sprache entstehen. Die zielgerichtete Intervention, das schwach-kommunikative Handeln, das stark-kommunikative Handeln und die strategische Interaktion. Wobei die zielgerichtete Intervention als nicht-soziales Handeln und die drei übrigen Typiken als soziales Handeln dargestellt werden (Habermas, 1999, S. 130).

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  7. Vor dem Hintergrund des theoretischen Habituskonstrukts Pierre Bourdieus könnte nun aber eingewendet werden, dass gerade durch den symbolischen Wert einer Ware respektive die durchgeführte sportive Praxis „die feinen Unterschiede“ (1982) erstellt werden können. Soziale Distinktion und Ansehen innerhalb einer Gesellschaft werden seiner Meinung nach dadurch aufgebaut, dass an den Habitus gebundene Handlungen ausgeführt werden. Auf den Sport übertragen lässt sich formulieren, dass der am Habitus orientiert handelnde Sportler auch die von ihm bevorzugte Sportart an seiner Handlungsintention abstimmte. Damit wird aber auch deutlich, dass sich der Sport immer weniger als zweckfreies Treiben in der freien Zeit interpretieren lässt, er ist vielmehr „das genaue Gegenteil von etwas Unbestimmten, wird [er] doch als eine Veranstaltung geplant und durchgeführt“ (Habermas, 1975, S. 28), womit die individuelle Freiheit der zeitlichen Verwendung in eine kollektive Freiheit überführt wird.

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  8. Schütz & Luckmann (2003, S. 156) gehen über die Institutionalisierungsfunktion des Routinewissens deutlich hinaus, indem sie diesen Wissensvorrat als konstitutiv für das Zustandekommen lebensweltlicher Handlungshintergründe sehen. Die Routine des Wissens erfolgt über das Erlernen normativer Setzungen, die überdauernd sind und das Problem des Verstehens von bestimmten Sachverhalten nachhaltig lösen. Die Rezeption eines Tennismatches muss gelernt werden, denn ohne rudimentäres Grundverständnis der Sportart und des objektiven Sinns der Spielregeln wird man das körperliche Tun der Kontrahenten nicht einordnen können bzw. ihm einen Sinn zuschreiben, womit aufgrund eines fehlenden Hintergrunds die Bereitschaft zur Rezeption sinken wird.

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  9. Nun liefert auch der Sport ein breites Feld für sozial-abweichendes Verhalten, das sich dadurch ausdrückt, dass normative Vorgaben gerade nicht nachvollzogen werden. Dazu kommen Engel & Hurreimann (1992) jedoch zu einem bemerkenswerten Ergebnis. Bei einer großen Gruppe von Jugendlichen, die durch delinquentes Verhalten aufgefallen ist, ist es gerade nicht die Abwendung vom vorherrschenden Wertesystem, sondern vielmehr der hohe Grad der Zuwendung zu den systemtragenden Werten. An Leistungs-und Prestigeerwartungen zu scheitern, ist nur für diejenigen Personen eine schmerzhafte und enttäuschende Erfahrung, die diese Erwartungen teilen. Deviantes Verhalten entsteht somit durch die verkrampfte Verfolgung konformer gesellschaftlicher Werte (Hurreimann, 1999, S. 203).

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  10. Die Konzentration sowohl im institutionalisierten Sport als auch in der Sportwissenschaft auf gesundheitsspezifische Fragestellungen im Bereich des Sports ist dafür ein geeignetes Beispiel. Ein neues Motiv lässt breite Schichten — die unter Umständen vorher kaum bis gar keinen Kontakt zum Sportsystem hatten — am Sport teilhaben, womit eine Ausdifferenzierung der Sportanbieter parallel verläuft, was sich am Engagement von Krankenkassen oder den etablierten Betriebssportgruppen empirisch prüfen lässt. Gefahren dieser Entwicklung stellt Heinmann (2004, S. 220ff.) heraus, in dem er sie an den Besonderheiten der einzelnen Sportorganisationen typologisiert und den Integrationsanspruch des Sports als gefährdet betrachtet.

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  11. „Der sozialwissenschaftliche Funktionalismus knüpft deshalb nicht mehr an die Rationalität des Wissens erkenntnis-und handlungsfähiger Subjekte an. Für Prozesse gesellschaftlicher Rationalisierung wählt [Weber] den Bezugspunkt der Systemrationalität: das rationalisierte ‚Wissen ‘äußert sich in der Selbststeuerungsfähigkeit sozialer Systeme“ (Habermas, 1981b, S. 454).

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  12. „Während im strategischen Handeln einer auf den anderen empirisch, mit der Androhung von Sanktionen oder der Aussicht auf Gratifikationen einwirkt, um die erwünschte Fortsetzung einer Interaktion zu veranlassen, wird im kommunikativen Handeln einer vom anderen zu einer Anschlußhandlung rational motiviert. Und dies kraft des illokutionären Bindungseffekts eines Sprechaktangebots“ (Habermas, 1983, S. 68).

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  13. „ […] das heißt die Mitglieder bestimmen insbesondere durch die Mitgliederversammlung als oberstes Entscheidungsorgan über die Verbandspolitik grundlegend mit. Dies geschieht entweder direkt durch Abstimmung oder indirekt durch Wahl bestimmter Entscheidungsträger. Verbände, für die dies gilt, sollen als Verbände im engeren Sinn bezeichnet werden“ (Witt, Seufert & Emberger, 1996, S. 418). Bei Heinemann (1995, S. 69ff.) werden die Leistungsvorteile und die Leistungsnachteile des Vereins gegenüber anderen Rechtsformen aus den normativen Vorgaben zur Vereinskonstitution entwickelt.

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  14. Für die wissenschaftliche Auseinandersetzung ist eine Vorreiterrolle der angelsächsischen Forschungsbemühungen zu konstatieren, erst Ende der 1970er-Jahre sind erste Arbeiten zu sportökonomischen Fragestellungen im deutschsprachigen Raum veröffentlicht worden (u.a. Heinemann, 1974; Geissler, 1980; Ortner, 1987).

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(2006). Der Sport als Träger kommunikativer Handlungskoordination. In: Erfolg in der massenmedialen Sportpräsentation. DUV. https://doi.org/10.1007/978-3-8350-9150-4_4

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