Auszug
Mit der Aufteilung des Gesamtbestandes der Kriminalität in die amtlich erfasste und die nicht registrierte, aber von der Bevölkerung erlebte wird die Vielfalt der in der gesellschaftlichen Praxis vorhandenen Wahrnehmungen und Deutungen von Kriminalität auf die statistisch bzw. demoskopisch dokumentierbaren Sichtweisen von Strafverfolgungsorganen und Bevölkerung reduziert, ohne dass man sich der rahmenden Bildhaftigkeit beider Kriminalitätsvorstellungen bewusst würde. Während andere Sichtweisen, etwa der Medien oder der Kunst68, als bloße Wahrnehmungen aus perspektivischen Blickwinkeln erscheinen, werden die Kriminalitätsbilder von Experten und Bevölkerung als authentische Abbildungen der „wirklichen“ Kriminalität genommen, an denen sich die Wirklichkeitsnähe etwa künstlerisch bearbeiteter oder medieninszenierter Kriminalitätsdarstellung bemessen lasse. Dem schließt sich die Annahme an, die kriminalstatistische und die dunkelfeldbezogene Forschung stellten die beiden einzigen Zugangswege zur wissenschaftlichen Erfassung der Kriminalitätswirklichkeit dar. Dabei wird verkannt, dass beispielsweise die Darstellungsformen und Inhalte medieninszenierter Kriminalität im zeitlichen Wandel ein ebenso legitimes und ertragreiches Untersuchungsfeld darstellen wie die Entwicklung des amtlich registrierten Kriminalitätsvorkommens.
Dazu später in Kap. 11
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Literatur
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Zum Zusammenhang von bürokratischer Organisation und quantitativen Daten als vermeintlich „gegebenes“ Ausgangsmaterial sozialwissenschaftlicher Forschung Cicourel 1974, 59 ff.
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Unübertroffen analysiert von Popitz 1968
Über den hindernisreichen Weg vom Erlebnis zu der in Opferbefragungen dokumentierten Viktimisierung näher Kunz 2004, 289, Schaubild 5/14
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Jock Young spricht insoweit von „Voodoo-Criminology“, vgl. Young 2004
Zur Unumgänglichkeit des formalen Verbrechensbegriff des Strafrechts als Ausgangspunkt kriminologischer Analyse Kunz 2004, 31 ff.
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(2008). Die Verwechslung von Bildersammlungen mit dem Abgebildeten. In: Die wissenschaftliche Zugänglichkeit von Kriminalität. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-8350-5547-6_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-8350-5547-6_7
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