Auszug
Wir wollen uns hier vor allem mit denjenigen Texten eines Geschäftsberichts befassen, die dem Autor ein relativ großes Maß an sprachlicher Gestaltungsfreiheit lassen, also beispielsweise mit dem Lagebericht oder dem Brief an die Aktionäre. Der Anhang oder der Bericht des Aufsichtsrats interessieren uns weniger — womit nichts über deren Wichtigkeit gesagt sein soll. Aber allgemein gilt: Texte, deren sprachliche Form mehr oder weniger reglementiert sind, eignen sich naturgemäß nicht gut zur Selbstdarstellung. Nur in der Predigt kann der Pfarrer brillieren, nicht im Gebet; denn Stil setzt Wahl voraus. Gibt es so etwas wie den guten Stil? Nein, den gibt es nicht. Alle Ratschläge der Art „Fasse dich kurz„ oder „Vermeide Passivkonstruktionen„ oder „Vermeide Adjektive„ haben eines gemeinsam: Sie übergeneralisieren. Betrachten wir zum Beispiel kurz die in der Ratgeberliteratur so beliebte Passiv-Schelte und vergleichen wir die folgenden beiden Variationen:
-
(1)
Diese branchenspezifische Entwicklung wurde noch verschärft durch den weltweiten Konjunkturabschwung.
-
(2)
Diese branchenspezifische Entwicklung verschärfte noch der weltweite Konjunkturabschwung.
-
(2’)
Der weltweite Konjunkturabschwung verschärfte noch diese brachenspezifische Entwicklung.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Rights and permissions
Copyright information
© 2006 Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
(2006). Was ist guter Stil?. In: Der Geschäftsbericht. Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9049-5_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9049-5_3
Publisher Name: Gabler
Print ISBN: 978-3-8349-0163-7
Online ISBN: 978-3-8349-9049-5
eBook Packages: Business and Economics (German Language)