Zusammenfassung
Ratings, Scoring und Bonitätsprüfungen sind Elemente menschlichem Suchens nach vergleich- und beurteilbaren Urteilen aufgrund vermeintlich messbarer Sachverhalte. Wissenschaftlich kann dieser zunehmende Wunsch nach Quantifizierung, der in allen Fachdisziplinen zu beobachten ist und sich vom Ranking von Hochschulen bis zur vermehrten Leistungsmessung in allen Lebenslagen Ausdruck findet, als Abkehr von der Phänomenologie und Hermeneutik des 20. Jahrhunderts, hin zum erneuten metaphysischen Dogmatismus einer reinen Vernunftlehre gewertet werden. Was nicht messbar ist, scheint auch nicht zu existieren. Eben diese Einstellung führt bei Bonitätsmessungen regelmäßig zu sog. Alpha- und Betafehlern und damit falschen Kredit- und Anlageentscheidungen. Die Deskription von Sachverhalten (Phänomenologie vgl. Loidolt 2011) oder das Verstehen von Zuständen (Hermeneutik vgl. Seiffert 1992), z. B. der Solvenz oder Insolvenz, wird also beobachtbar ersetzt durch historisch begründete Kausalitäten, die durch mathematische Ableitungen wie der Diskriminanz- oder Regressionsanalyse vergangener Sachverhalte und deren Projektion in die Zukunft zu angeblich objektiven Urteilen, meist verdichtet in Noten und ordinalen Skalen führt. Diese Urteile werden dann vielfach als Gütesiegel im Verkaufsprozess von Finanzprodukten verwendet und führen, wie im Falle der Bank Lehmann Brothers aus den USA, die noch einen Tag vor ihrer Insolvenz mit Bestnoten bewertet wurde, zu erheblichen Fehlallokationen von Kapital.
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Literatur
Verwendete Literatur
Loidolt, S.: (2011) Einführung in die Rechtsphänomenologie, Tübingen.
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Weiterführende Literatur
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Schneck, O. (2015). Reform der Finanzmarktregulierung – Institutionen, Normen und Standards. In: Everling, O., Goedeckemeyer, KH. (eds) Bankenrating. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-8349-4735-2_23
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