Der Ikterus bei Herzfehlern — das Krankheitsbild der sogenannten Infarktitis

Zusammenfassung

Frerichs erwähnt in seiner bekannten Lebermonographie zweierlei Störungen der Blutzirkulation, die zu Ikterus führen können: Stauung im venösen Kapillar-system und Sinken des Blutdruckes in der Pfortader bzw. Leberarterie. Gegen die letztere Annahme sind Einwände erhoben worden; erfahrungsgemäß kommt es bei Pfortaderkompression nie zu Ikterus, außer wenn anderweitige Komplikationen hinzutreten. Anders verhält es sich bei passiver Stauung in der Leber; da dies am häufigsten bei kardialer Inkompensation zu sehen ist, sprach man von einem Ikterus bei Herzfehlern. Der Ikterus, der dabei zur Beobachtung kommt, ist in den seltensten Fällen sehr intensiv; er findet sich vorwiegend bei Mitralfehlern, viel seltener oder gar nicht bei Insuffizienz des rechten Herzens allein, z. B. bei Emphysem, Kyphoskoliose oder Pulmonalsklerose; Fälle mit positivem Lebervenenpuls, bei denen man die schwerste Blutstauung annehmen müßte, zeigen außerordentlich selten Ikterus. Sehr häufig sieht man einen deutlichen Ikterus bei Herzkranken bei gleichzeitigem Lungeninfarkt; darauf habe ich ¹ zuerst aufmerksam gemacht. Ein Ikterus als Begleiterscheinung eines Lungeninfarktes bei gestauter Lunge ist so charakteristisch, daß man sich auf dieses Symptom eher verlassen kann als auf das hämorrhagische Sputum, das vielfach als wichtigstes Kriterium eines Lungeninfarktes erwähnt wird. Deshalb spreche ich beim Auftreten einer Gelbsucht bei einem Herzfehler jetzt lieber von einer „Infarktitis“ als von einem Herzfehlerikterus oder einer zyanotischen Gelbsucht, wie ich es ursprünglich getan habe.