Haben psychisch Kranke eine Lobby?

Zusammenfassung

Der Autor befaßt sich mit der weitgehenden Identität der Interessen der psychisch Kranken, der Angehörigen sowie der professionell in der Psychiatrie Tätigen. Die Angehörigenvereinigung betrachtet ihre Tätigkeit als Lobby bzw. im Bereich der Public Relations nicht als Selbstzweck, sondern als wesentliches Element aller Bestrebungen für eine Weiterführung der Psychiatriereform. Wesentlich ist für die Wirksamkeit dieser Tätigkeit die Anerkennung der eigenständigen Rolle der Angehörigen und ihrer Vereinigungen auf allen Ebenen der psychiatrischen Versorgung, insbesondere auch im Hinblick darauf, daß in Österreich bisher eine eigenständige Organisation von psychisch Kranken, wie sie in manchen anderen Ländern bereits existiert, noch nicht besteht. Die Funktion der Angehörigenbewegung wird in Österreich heute in zunehmenden Maße anerkannt, stößt jedoch mitunter in der Praxis auf Widerstand, dem monopolistisches Denken zugrunde liegt. Der Versuch, Betroffene von Mitwirkung und Mitbestimmung in der psychiatrischen Versorgung auszuschließen, hat darüber hinaus einen demokratiepolitischen Aspekt, der gerade in der Psychiatrie von großer Bedeutung ist.

Summary

The author discusses the interests of the mentally ill, of their relatives and of professionals in psychiatry from the point of view that these interests are for the most part identical. For the „Angehörigenvereinigung“ (Relatives’ Association), lobbying or public relations are not activities undertaken for their own sake but are essential for advancing the psychiatry reform. A vital prerequisite for efficient work is that the independent role of the relatives and their associations is recognised on all levels of psychiatric care, especially in view of the fact that Austria, unlike several other countries, has as yet no independent organisation of mentally ill persons. Although recognition of the Relatives’ Association is growing in Austria, its practical work occasionally arouses resistance based on monopolistic thinking. In addition, attempts to exclude those concerned from participation and co-determination in psychiatric care are questionable from a democratic viewpoint, an aspect of particular importance in psychiatry.