Zusammenfassung
Bei allen Überlegungen, die der Mensch über sein Dasein anstellt, lebt er inmitten einer konkreten, sichtbaren Welt, die ihn letztlich doch niemals restlos befriedigen kann. Sein Geist durchforscht die Vergangenheit und sucht die Gesetze des kommenden Geschehens zu ergründen. Aber weder die Erkenntnis der Ursache noch der Gesetzmäßigkeit vermögen ihm eine endgültige Befriedigung zu vermitteln, weil er über diese hinaus nach Dauer und Beständigkeit seiner Existenz verlangt. Das neuzeitliche Denken beharrt vielfach darauf, diese in sich selbst zu finden und wies den Gedanken zurück, von einem höheren Sein abhängig leben zu müssen, das über seinem Ich zu Gericht sitze. Gewiß gab es zu allen Zeiten Menschen, die vor einer solch letzten großen Prüfung zu fliehen suchten, aber wie ein Diagnostiker unserer Zeit vor Jahren schon feststellte, unterscheidet sich dieses Verhalten von der Flucht, in der heute die Menschen leben: „Der Glaube war früher das Allgemeine. Er war vor dem einzelnen vorhanden, es war eine objektive Welt des Glaubens da; die Flucht hingegen spielte sich nur im einzelnen Menschen ab, sie kam erst dadurch zustande, daß der einzelne sich durch einen Akt der Entscheidung von der Welt des Glaubens löste, es mußte sich einer erst seine Flucht schaffen, wenn er fliehen wollte.
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Literatur
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Vgl. die eingehende Darstellung bei Schoenstedt, S. 40.
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Vgl. dazu Kommen, a. a O., S. 229.
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Johannes Baptist Schuster S. J., Die Soziallehre nach Leo XIII. und Pius XI., Freiburg im Breisgau 1935, S. 11, vgl. dazu Franz Hürth, S..7., Bemerkungen zur Staatslehre Leos XIII. In: Scholastik, II. Jg., 1927, S. 564.
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Lentner, L. (1952). Gesetz und Bindung. In: Der Christ und der Staat. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-7805-8_3
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