Zusammenfassung
Das Problem der endokrinen Tätigkeit der menschlichen Niere (vgl. dazu auch S. 351) hat durch neuere morphologische Befunde von H. Becher vermutlich einen Fortschritt erzielt. Dieser Autor hat nämlich 1936 erstmalig besondere, inselförmige Zellgruppen am Gefäßpol der Nierenkörperchen und entlang den Arteriolae afferentes der menschlichen Niere beschrieben und ihnen eine endokrine Funktion zugesprochen, die in der Absonderung eines gefäßwirksamen Stoffes mit örtlichem Angriffspunkt bestehen soll; er würde damit in die Gruppe der sogenannten Gewebshormone gehören, von denen heute bereits eine ziemliche Anzahl bekannt ist und die alle eine Blutdruckwirkung haben. F. Feyrter hat den erwähnten Zellen nach ihrem Entdecker den Namen Bechersche Zellhaufen oder „intertubuläre Zellhaufen der Niere“ gegeben, ferner ihre Abstammung vom Epithel des Mittelstücks der Harnkanälchen (breiter Schleifenschenkel + Schaltstück; pars contorta II) und ihre Entstehung durch Endophytie (Knospung) mit nachfolgender Abschnürung aufgezeigt (1939/40) und ihre Gesamtheit unter die „diffusen endokrinen epithelialen Organe“ eingereiht (1938), zu denen Feyrter auch die Mittelstücke der Nierenkanälchen mit einem Teil ihrer physiologischen Funktion rechnet. Die Gesamtheit der Mittelstücke nämhch und der von ihnen abstammenden (in merkwürdiger Weise durch Sprossung entstehenden) intertubulären Zellhaufen, soweit solche vorhanden sind, wird von Feyrter als diffuses endokrines epitheliales Organ gewertet. Ihre Aufgabe soll zum Teil die einer Einsonderung von vasoaktiven (nach Becher vermutlich acetylcholin-artigen) Substanzen sein, welche die lichte Weite der Arteriolae afferentes verändern und damit die örtliche arterielle Blutdurchströmung der menschhchen Niere und damit auch den Blutdruck beeinflussen. Daß die Blutdurchströmung der Niere durch lokale Mechanismen geregelt werden kann, ist bereits bekannt. Die Becherschen Zellhaufen sind offenbar neben anderen Einrichtungen in der Niere, wie den Zimmermannschen Polkissen, das anatomische Substrat dieser Tätigkeit. Für die örthch wirksame Endokrinie ist von Feyrter 1942 der Ausdruck Parakrinie vorgeschlagen worden. Ob und inwieweit die Absonderung des später zu besprechenden Renins (s. S. 352) etwa zu den Aufgaben des Mittelstückepithels gehört, läßt sich vorerst nicht sagen, ebensowenig, ob seine Zellen ein Inkret mit allgemeiner Wirksamkeit herstellen, wie überhaupt die endokrine bzw. gefäßwirksame (gefäßerweiternde?, gefäßverengende?) Tätigkeit dieser Zellen vorerst nicht mehr als eine Vermutung ist, die sich auf die gefäßnahe Lagerung der Zellhaufen und ihre Hyperplasie bei Arteriolosklerose der betreffenden Gefäßstrecke stützt.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 1951 Springer·Verlag in Vienna
About this chapter
Cite this chapter
Chwalla, R. (1951). Die endokrine Tätigkeit der Urogenitalorgane. In: Urologische Endokrinologie. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-7778-5_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-7091-7778-5_6
Publisher Name: Springer, Vienna
Print ISBN: 978-3-7091-7779-2
Online ISBN: 978-3-7091-7778-5
eBook Packages: Springer Book Archive