Zusammenfassung
Während in der Zeit vor Virchow der medizinischen Forschung eine Gesamtauffassung der Lebensvorgänge und deren Störung zu Grunde lag und alle Erkrankungen unter einem universellen Gesichtspunkt betrachtet wurden, kam unter dem Einfluß Virchows eine Betrachtungsweise auf, die den Sitz der Erkrankung in das einzelne Organ verlegte und die Zelle, bzw. das jeweilige Organ aus dem gesamten biologischen Verband isoliert betrachtete, studierte und zu beeinflussen versuchte. So unbestreitbar es ist, daß diese Forschungsmethode Spitzenleistungen des Fortschrittes sowohl in der Erkenntnis als auch in der Behandlung ermöglichte, so feststehend ist aber auch die Tatsache, daß wir uns heute wieder mehr einer Gesamtbetrachtung, quasi einer Zusammenschau, zuwenden. Die einseitige Hervorhebung eines lokalen Krankheitsgeschehens aus dem gesamten biologischen Verband konnte nur bei bestimmten Erkrankungen zu positiven Ergebnissen führen. Darauf basieren die epochalen Fortschritte der Chirurgie und ihrer verschiedenen Tochterdisziplinen. Diese Denkrichtung der medizinischen Forschung ließ außer Acht, daß bei allen Erkrankungen der örtliche Organdefekt eine Reihe von Umstellungen im Gesamtorganismus verursacht, die ihrerseits wieder rückwirkend den Organdefekt beeinflussen. Diese allgemeinen Reaktionen stehen bei vielen Erkrankungen derart im Vordergrund, daß die lokalen Veränderungen kaum in Erscheinung treten. Ein einmaliges Ereignis wird in der Regel einen lokalen Schaden und örtliche Abwehrvorgänge hervorrufen, wiederholte schädigende Einflüsse, die absolut keine maximalen Reize darstellen müssen, werden hingegen eher allgemeine Reaktionen auslösen. Diese wiederholten Schädigungen können ebenso Bakteriengifte wie chemische Substanzen, aber auch psychische Traumen darstellen.
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Birkmayer, W., Winkler, W. (1951). Einleitung. In: Klinik und Therapie der vegetativen Funktionsstörungen. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-7774-7_1
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