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Zur Philosophie der Humanmedizin

Unterschiedlichkeit des Sachbezuges und der diagnostischen Verfahren in den Wissenschaften vom Menschen

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Book cover Zur Philosophie der Medizin

Zusammenfassung

Karl Acham, Philosoph, Professor für Soziologie, Vorstand des Institutes für Soziologie der Universität Graz und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, gibt in diesem Beitrag eine philosophische Reflexion zu den Begriffen „Gesundheit“ und „Krankheit“. Er zeigt die Abhängigkeit dieser Begriffe von kulturgeschichtlichen Ideologien auf und verweist auf die Gefahr rein reduktionistischer Ansätze in der Medizin.

Ernst Topitsch, dem unbeirrbaren Weltanschauungsanalytiker, zu seinem 80. Geburtstag.

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Notes

  1. Die Entdeckung der Zelle — erstmals wies sie R. Hooke 1665 im Korkgewebe nach — wurde möglich durch die Erfindung des Mikroskops. M. Malpighi und N. Grew beschrieben 1675 bzw. 1682 den Aufbau von Pflanzen aus Zellen, R. Brown 1833 den Zellkern bei Pflanzen. Th. Schwann entdeckte 1838 den Zellkern auch bei Tieren. 1858 entdeckte R. Virchow die Kontinuität der Zellfolge, wonach alle Zellen von Zellen abstammen.

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  2. Vgl. dazu Robert K. Merton, „The self-fulfilling prophecy“, In: ders., Social Theory and Social Structure, 2. Aufl., New York: The Free Press of Glencoe 1957, S. 421–436

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  3. Zu den einschlägigen Auffassungen von Comte und Bernard vgl. Georges Canguilhem, „Versuch über einige Probleme, das Normale und das Pathologische betreffend“, in: ders., Das Normale und das Pathologische (2. frz. Aufl. 1972), Frankfurt a. M. Berlin Wien: Ullstein 1977, S. 15–156, hier S. 25–57. Dieses bedeutsame Buch enthält auch das Vorwort zur zweiten Auflage von 1950 sowie drei aus den Jahren 1963 bis 1966 stammende Betrachtungen, samt einem Vorwort und einem Epilog, unter dem Titel „Neue Überlegungen zum Normalen und zum Pathologischen“.

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  4. Vgl. Auguste Comte, Système de politique positive (1851–54), 4 Bde., 4. Aufl., Paris: Crès 1912, Bd. I, S. 651f

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  5. Georges Canguilhem, Versuch über einige Probleme, das Normale und das Pathologische betreffend“, in: ders., Das Normale und das Pathologische (2. frz. Aufl. 1972), Frankfurt a. M. Berlin Wien: Ullstein 1977 op.cit. Anm. 3, S. 31

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  6. Ebd., S. 84. — Vgl. in diesem Zusammenhang auch die folgenden Feststellungen Canguilhems: „Die Gesetze der Physik und der Chemie sind im Gesundheits-wie Krankheitszustand unverändert dieselben. Hält man jedoch vom biologischen Standpunkt daran fest, daß das Leben keinen Unterschied zwischen jenen Zuständen macht, dann ist man zwangsläufig nicht einmal mehr in der Lage, ein Nahrungsmittel von einem Ausscheidungsprodukt zu unterscheiden. Das Exkrement eines Lebewesens kann zwar einem anderen Lebewesen als Nahrungsmittel dienen, keineswegs aber ihm selber. Was das Nahrungsmittel vom Exkrement unterscheidet, ist keine physikalisch-chemische Beschaffenheit, vielmehr ein biologischer Wert. Und so sind denn auch Physiologisches und Pathologisches nicht deshalb unterschieden, weil ihnen eine andere objektive, nämlich physikalisch-chemische Realität, sondern em anderer biologischer Wert zukommt.“ (Ebd., S. 149)

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  7. Ebd., S. 134. An anderer Stelle bemerkt Canguilhem, daß der Normativität des Gesunden kein Standard zugrundezulegen sei und daß — ontogenetisch betrachtet — jedes Lebensstadium seine spezifische Normativitäts-Extension hat: „Jeder von uns legt seine Normen fest, indem er seine Aktionsmodelle auswählt. Die Norm des Langstreckenläufers ist nicht die des Sprinters. Jeder von uns ändert seine Normen entsprechend seinem Alter und seinen früheren Normen. Die Norm des ehemaligen Kurzstreckenläufers ist nicht mehr die des Meisterläufers. Es ist normal (d. h. entspricht dem biologischen Gesetz des Alterns), daß die allmähliche Reduktion der Sicherheitsmargen eine Senkung der Resistenzschwelle gegenüber Aggressionen der Umwelt zur Folge hat. Die Normen des Greises hätten beim erwachsenen Mann als Mangel gegolten. Diese Anerkennung der individuellen und zeitlichen Relativität der Normen bedeutet durchaus nicht Skepsis angesichts der Fülle, sondern Toleranz gegenüber den Unterschieden.“ (Ebd., S. 199f.)

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  8. Wolfgang Gerok, „Ordnung und Chaos als Elemente von Gesundheit und Krankheit“. In: Ordnung und Chaos in der unbelebten und belebten Natur (= Verhandlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, 115. Versammlung, 17. bis 20. September 1988, Freiburg i.Br.), Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 1989, S. 19–41

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  9. Ebd., S. 27

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  10. Vgl. ebd., S. 27–30

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  11. Vgl. ebd., S. 31–34

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  12. Konrad Lorenz, Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit, München Zürich: Piper 1973; für die ungeheure Wirksamkeit dieser Art von Literatur spricht, daß dieses Buch allein in deutscher Sprache innerhalb von 20 Jahren eine Auflage von mehr als 500.000 Stück erlebte

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  13. Vgl. Stanislaw Ossowski, „Konzeptionen der sozialen Ordnung und Typen der Verhersage“. In: ders., Die Besonderheiten der Sozialwissenschaften (aus d. Poln.), Frankfurt a.M: Suhrkamp 1973, S. 64–88

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  14. Vgl. ebd., S. 88

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  15. Dies deshalb, weil die Nieren für den Kranken ein Haut-und Muskelgebiet in der Lendengegend sind, während der Mediziner sie als innere Organe betrachtet, die mit anderen in Beziehung stehen.

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  16. Vgl. Peter Hasler, „Sind die Sozialversicherungen noch finanzierbar? Plädoyer für einen entschlossenen Kurswechsel“, Neue Zürcher Zeitung, 273. Mai 1998, S. 15

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  17. Vgl. dazu Georges Canguilhem, Versuch über einige Probleme, das Normale und das Pathologische betreffend“, in: ders., Das Normale und das Pathologische (2. frz. Aufl. 1972), Frankfurt a. M. Berlin Wien: Ullstein 1977 op. cit. Anm. 3, S. 57

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  18. In einer Vielzahl von Arbeiten hat Ernst Topitsch auf die verschiedenen Formen und Funktionen der Natur-, Gesellschafts-und Selbstinterpretationen Bezug genommen und dabei insbesondere die biomorphen, soziomorphen und technomorphen Deutungsmodelle untersucht. Einen guten Überblick vermittelt folgender Sammelband, welcher Aufsätze aus nahezu fünf Jahrzehnten enthält: Ernst Topitsch, Studien zur Weltanschauungsanalyse, Wien: Turia und Kant o. J. [1996].

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  19. Vgl. Paul von Lilienfeld, La pathologie sociale, Paris: Giard et Bière 1896, S. 55 Bei diesem Werk handelt es sich um eine kürzere und darum in gewisser Hinsicht bestimmtere Darstellung der Ansichten dieses Autors, die er in dem in fünf Bänden zwischen 1873 und 1881 erschienenen Werk Gedanken über die Sozialwissenschaft der Zukunft (Hamburg-Mitau: Gebrüder Behre) entwickelt hat.

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  20. Vgl. in diesem Zusammenhang Carl Christian von Weizsäcker, „Ordnung und Chaos in der Wirtschaft“. In: Ordnung und Chaos in der unbelebten und belebten Natur op. cit. Anm. 8, S. 45–57, hier v. a. S. 51f

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  21. Dabei ist Kenia natürlich ebensowenig typisch für das riesige Afrika wie etwa Portugal in kultureller, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht für das Europa vom Atlantik bis zum Ural.

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  22. Vgl. in diesem Zusammenhang exemplarisch Friedrich Martius, Konstitution und Vererbung in ihren Beziehungen zur Pathologie, Berlin: Springer 1914; Friedrich Curtius, Individuum und Krankheit. Grundzüge einer Individual-pathologie, Berlin Göttingen Heidelberg: Springer 1959

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  23. Golo Mann, „Plädoyer für die historische Erzählung“, In: Jürgen Kocka/ Thomas Nipperdey (Hg.), Theorie und Erzählung in der Geschichte (= Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 3), München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1979, S. 40–56, hier S. 56

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  24. Vgl. Georges Canguilhems Ausführungen zu Claude Bernard, op. cit. Anm. 3, S. 38–57

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  25. Max Weber, „Die, Objektivität’ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“ (1904). In: ders., Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 3. Aufl., Tübingen: Mohr 1968, S. 146–214, hier S. 170f

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  26. Vgl. in diesem Zusammenhang Rudolf Gross, „Geistige Grundlagen der Erkenntnisfindung in der Medizin“. In: ders. (Hg.), Geistige Grundlagen der Medizin, Berlin Heidelberg New York Tokyo: Springer 1985, S. 73–89, hier v.a. S. 76f

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  27. Vgl. in diesem Zusammenhang Stanislaw Ossowksi, Konzeptionen der sozialen Ordnung und Typen der Verhersage“. In: ders., Die Besonderheiten der Sozialwissenschaften (aus d. Poln.), Frankfurt a.M: Suhrkamp 1973 op.cit. Anm. 13, S. 109f

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  28. Ebd., S. 113f

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  29. Talcott Parsons, „Definition of Health and Illness in the Light of American Values and Social Structure“, ins Dt. übersetzt in: Alexander Mitscherlich u.a. (Hg.)., Der Kranke in der modernen Gesellschaft, Köln Berlin: Kiepenheuer & Witsch 1967, S. 57–87, hier S. 71

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  30. Vgl. Herwig Birg, Die Weltbevölkerung, München: Beck 1996, Kap. 6

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  31. Die allgemeine „strukturalistische“ Behauptung, die man in sozialpolitisch motivierten Diskussionen gelegentlich hören kann, daß psychische oder soziale Faktoren die „eigentlichen“ Bedingungen bestimmter krankhafter Prozesse darstellen, ist in dieser Allgemeinheit weder eindeutig wahr noch falsch, sondern, weil nicht hinreichend spezifiziert, unbrauchbar. Hier gilt das oben über die Geltungsbedingungen für „perspektivische“ Erklärungen Gesagte.

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  32. Christopher Lasch, Die blinde Elite. Macht ohne Verantwortung (aus dem Amerik.), Hamburg: Hoffmann und Campe 1995, S. 240

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  33. An dieser Stelle erschiene es angebracht, einiges über aktuelle Formen der Kulturpathologie zu sagen. Vgl. dazu Eduard Spranger, „Kulturpathologie?“ (1947). In: ders., Kulturphilosophie und Kulturkritik, (= Gesammelte Schriften V), Tübingen: Niemeyer 1969, S. 173–193

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  34. Wolfgang Wieland, Diagnose. Überlegungen zur Medizintheorie, Berlin New York: De Gruyter 1975, S. 173

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Acham, K. (2000). Zur Philosophie der Humanmedizin. In: Pieringer, W., Ebner, F. (eds) Zur Philosophie der Medizin. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-6774-8_6

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