Zusammenfassung
Kaum jemand, der mit suizidgefährdeten Menschen zu tun hat, wird besondere Schwierigkeiten dabei haben, die Gründe und Motive, die zu Suizidgedanken und auch zu suizidalen Handlungen führen, zu verstehen, nachvollziehen zu können, gelegentlich auch zu billigen. Je mehr man sich in das Bedingungsgefüge vertieft, je besser man sich einfühlen kann, ja, je mehr dieses Gefüge auch der eigenen Persönlichkeit, Situation und Problemlage — auch der unbewußten Suizidalität — nahekommt, um so mehr werden wir geneigt sein, die Gründe für „gute Gründe“ zu halten und somit als freie Willensentscheidung — wenigstens im Rahmen jener Freiheitsgrade, die uns Menschen möglich sind. Wer würde nicht verstehen, daß Häftlingen in einem KZ der Suizid nähersteht als das Überleben, daß eine als Mutter der Nation gepriesene, plötzlich des Mißbrauchs der ihr anvertrauten behinderten Kindern Angeklagte und Inhaftierte ihrem Leben ein Ende setzt. Mancher mag dabei empfunden haben, daß diese nur konsequent den sozialen Tod durch den körperlichen nachvollzieht. Manche, daß diese Frau, da es in Österreich keine Todesstrafe gibt, diese als für sich einzig richtige erkannte, manche, daß sie sich dadurch der „irdischen Gerechtigkeit“ entzogen hat und hoffentlich auch manche, daß sie ihre Krise bedauerlicherweise nicht anders bewältigen konnte.
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Literatur
Kuitert, H.N. (1986): Das falsche Urteil über den Suizid. Gibt es eine Pflicht zu leben. Stuttgart: Krenz.
Ringel, E. (1978): Das Leben wegwerfen? Wien: Herder.
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Sonneck, G. (2001). Ethische Fragen im Umgang mit Suizidgefährdeten. In: Hutterer-Krisch, R. (eds) Fragen der Ethik in der Psychotherapie. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-6750-2_22
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