Der Umgang mit abhängigen Persönlichkeiten

Zusammenfassung

Der Begriff Abhängigkeit wird in Psychologie, Psychotherapie und Medizin oft ausschlieβlich mit prozeβhaft verlaufenden Suchterkrankungen z. B. Alkoholismus, Medikamentabhängigkeit, Drogenabhängigkeit oder Spielsucht gleichgesetzt. Weniger bekannt ist die Existenz von lebenslang wiederholten zwischenmenschlichen Abhängigkeitsmustern, die aus einer tiefgreifenden zur Abhängigkeit programmierten Persönlichkeitsstörung erklärbar sind. Diese Muster werden trotz des daraus resultierenden Verlusts an Selbständigkeit und Lebensqualität über lange Zeit auch von den Betroffenen selbst weitgehend verdrängt. Grundsätzlich handelt es sich bei der abhängigen Persönlichkeit um eine umfassende Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Extremvariante (Fiedler, 1994), bei der abhängiges Verhalten als starres überwertiges Muster viele andere Wesenszüge weitgehend übertönt. Dadurch geht, analog zu anderen Persönlichkeits Störungen, zwangsläufig auch die notwendige individuelle und soziale Anpassungsfähigkeit verloren. Schon bei oberflächlicher Betrachtung des abhängig strukturierten Menschentyps fällt sein ständiges Bemühen um Beratung, Führung und Schutz durch Bezugspersonen auf, zu denen auch stets die gröβtmögliche Nähe gesucht wird. Menschen mit abhängiger Charakterstruktur ordnen sich deshalb auch in nahezu allen Lebensfragen ihren Bezugspersonen unter und verlieren dadurch zunehmend die Fähigkeit, auch relativ geringfügige Alltagsentscheidungen ohne Rückversicherung zu treffen. Beispiele dafür sind Jugendliche, die sich anstelle der normalen pubertären Ablösung in Kleidung, Musik und Auswahl des Berufsziels an der Meinung der Elternfamilie oder eines Elternteils orientieren.