Münchner 15-Jahres-Katamnese: Erste Ergebnisse einer Verlaufsuntersuchung an ersthospitalisierten Patienten mit schizophrenen, schizoaffektiven und affektiven Psychosen aus den Jahren 1980 bis 1982

Zusammenfassung

Die Verlaufsforschung nimmt eine zentrale Stelle bei der Entwicklung und Validierung von Konzepten zur Klassifikation endogener Psychosen ein. Kahlbaum und Kraepelin postulierten fur die Vielfalt psychiatrischer Syndrome sogenannte Zustands-Verlaufseinheiten, die unterschiedliche, klar voneinander abgrenzbare Krankheitsentitaten reprasentieren sollten (Kraepelin 1896). 1911 löste das von E. Bleuler entwickelte Schizophrenie-Konzept das Konzept der „praecox“ ab und gestand der Schizophrenie eine potentiell gute Prognose zu. Die in der Psychiatrie weit verbreitete Dichotomie von schizophrenen versus affektiven Störungen mit dem für die jeweilige Störung charakteristischen Verlauf und Ausgang bestand jedoch weiterhin. Diese traditionelle, auch heute noch allgemein anerkannte Verknüpfung von diagnostischer Kategorie und typischem Verlauf muβ aufgrund bisheriger Verlaufsstudien relativiert werden. Schizophrene Stürungen weisen nicht in jedem Fall ungünstige Verlaufe auf, was bereits von M. Bleuler (Bleuler 1972) betont wurde und seine Bestätigung in neueren Katamneseuntersuchungen fand (Schubart et al. 1986, Müller et al. 1986, Heiden et al. 1995). Andererseits zeigen affektive Erkrankungen nicht nur günstige Verläufe, sondern weisen auch Subgruppen mit persistierenden psychopathologischen Residuen auf (Marneros et al. 1991).