Die Raynaudsche Krankheit

Zusammenfassung

Im Jahre 1862 hat Raynaud, gestützt auf eine große Zahl eigener Wahrnehmungen, sowie auf Grund von früheren, bis dahin bekannten Beobachtungen das seither nach ihm benannte, von ihm selbst „L’asphyxie locale symmétrique des extremités“ genannte Krankheitsbild beschrieben. Obwohl einschlägige Einzelbeobachtungen bereits durch zwei Jahrhunderte vorher gemacht worden waren, blieb es ihm vorbehalten, das Wesentliche aus allen bisher gesehenen Bildern herauszunehmen und zu der klassischen Darstellung der Krankheit zu vereinen. Die klinische Charakterisierung des Bildes durch ihn enthält alle auch heute noch als wesentlich anerkannten Grundzüge der Symptomatologie. Seine Auffassung des Krankheitsmechanismus muß als eine für die damalige Zeit erstaunlich weitsichtige bezeichnet werden. Er erklärt das Zustandekommen der Syncope locale und Asphyxie locale durch einen Krampf der Capillaren auf Grund einer fehlerhaften Innervation, die Gangrän durch die hieraus resultierende „Abwesenheit des Blutes oder die Anwesenheit eines zur Ernährung ungeeigneten Blutes“. Alle durch organische Veränderungen der Gefäße und des Herzens hervorgerufenen ähnlichen Bilder trennt er grundsätzlich ab. Auch der Begriff der Disposition ist in seiner Darstellung bereits weitgehend berücksichtigt, indem er von besonders reizbaren Muskelfasern der betroffenen Gefäße spricht. Die Frage nach der letzten auslösenden Ursache läßt er offen.