Zusammenfassung
Wenn wir als naturwissenschaftliche Empiriker Probleme der Ethik in Angriff nehmen, so müssen wir folgendes vorausschicken-: Da in der heutigen Naturwissenschaft die kausalmechanische Betrachtungsweise in ihrer alten primitiveren Form, nach der alles auf Bewegung von Massen zurückgeführt wurde, nicht mehr alleinherrschend ist, ist die Kluft zwischen Physik und Biologie, ja zwischen Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft nicht mehr als so unüberbrückbar anzusehen. So wertvoll dereinst die Rickertschen Unterscheidungen zwischen Natur- und Geisteswissenschaft für die Klärung der Problemstellung waren, so wenig vermögen sie uns heute Endgültiges zu bieten; es geht ihnen wie den meisten prinzipiellen Abgrenzungsversuchen: die Ordnung dient zur ersten Klärung, nach der erst die fortschreitende Wissenschaft sich, dabei die alten Grenzen überschreitend, ersprießlich entfalten kann. Ohne auf diese Rickertschen Unterscheidungen näher einzugehen, sehen wir den Hauptunterschied zwischen Geistes- und Naturwissenschaft Wertproblemen gegenüber darin, daß die naturwissenschaftliche Untersuchung ihren Ausgang nicht nimmt vom Wertgegenstand selbst, sondern vom empirischen Menschen1, dessen Sosein erst das Erlebnis begründet. Sie gibt daher auch der Erforschung der Dynamik, d. h. der ursächlich wirksamen Kräfte, durchaus den Vorzug gegenüber der Phänomenologie.
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Kant, O. (1932). Einleitung. In: Zur Biologie der Ethik. Schriften zur Wissenschaftlichen Weltauffassung, vol 7. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-5363-5_1
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