Zusammenfassung
Der Mensch, ins Leben gestellt, steht einer zunächst scheinbar unabsehbaren Fülle von Naturerscheinungen gegenüber. Diese Naturerscheinungen werden ihm durch die Sinneseindrücke vermittelt, und es ist wesentlich, daß diese gewisse Gesetzmäßigkeiten aufweisen, Gesetzmäßigkeiten, die ebenso in den Sinneswahrnehmungen anderer Menschen aufscheinen und so die Realität der Außenwelt bezeugen. Es war eine Entwicklung von vielen Jahrtausenden nötig, bis der Mensch es lernte, nicht nur als Objekt sich den Naturerscheinungen zu unterwerfen, sondern aktiv in ihren Verlauf einzugreifen und sie wenigstens teilweise nach seinem Willen zu lenken. Das ist möglich, weil eben in dieser Fülle von Naturerscheinungen Gesetzmäßigkeiten vorhanden sind, weil man sie in Klassen einteilen, Wesentliches von Unwesentlichem sondern, sie in das Verhältnis von Ursache und Wirkung bringen kann. Das Vorhandensein dieser Möglichkeit ist von vornherein keineswegs selbstverständlich, sie besteht aber, da es eine Naturwissenschaft gibt, deren Ergebnisse mit Erfolg auf die Erscheinungswelt angewendet werden können. Eine bloße Aufzählung und Beschreibung der Naturerscheinungen würde nicht genügen, denn jede Tatsache allein für sich genommen ist uns unverständlich. Einen Vorgang erkennen heißt ja zunächst nichts anderes, als ihn in Zusammenhang mit schon bekannten Tatsachen zu bringen. Diese zwei Prinzipien, das Ordnungsprinzip, das man auch das Prinzip der Klassifikation nennt, und das Prinzip der Kausalität, bilden die Grundlage jeder Naturwissenschaft und daher auch der Mechanik. Dabei muß einschränkend aber hervorgehoben werden, daß dies nur soweit gilt, als die Erscheinungen nicht durch die Beobachtungen selbst gestört werden, soweit als sie „objektivierbar“ sind. Bei der Untersuchung der Vorgänge im Intramolekularen in der Atomphysik hat es sich im Verlauf der Fortschritte dieser Wissenschaft nun gezeigt, daß dort diese Objektivierbarkeit nicht mehr möglich ist, daß man dort nicht mehr von einer kausalen Bedingtheit in obigem Sinne sprechen kann. Da die Mechanik aber nur Vorgänge im Großen zu beschreiben, nur „makroskopische” Physik zu betreiben hat, so können wir von den damit zusammenhängenden Fragen absehen.
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Wolf, K. (1947). Einleitung. In: Lehrbuch der Technischen Mechanik starrer Systeme. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-3929-5_1
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