Die Notwendigkeit einer Neurophilosophie

Zusammenfassung

Die Funktionen des Gehirns stehen im Mittelpunkt des Interesses von Philosophen und Neurowissenschaftern: Die Geist-Gehirn-Problematik ist heute sowohl eine philosophische, als auch eine eminent wichtige naturwissenschaftliche Fragestellung. Die Ergebnisse der Neurowissenschaften werden von vielen als Beweis interpretiert, dass mentale Prozesse nichts anderes seien als das Resultat klar festgelegter Hirnvorgänge. Nach Walter ist aber das Hauptproblem, „dass die allgemeine Struktur neuronaler Repräsentationen eben noch unbekannt ist und es daher unklar ist, inwieweit Teilprozesse mentaler Aktivität mit Teilprozessen neuronaler Aktivität korreliert werden können“. Immer mehr setzt sich in der gegenwärtigen Diskussion die Überzeugung durch, dass besonders das funktionelle Neuro-imaging zwangsläufig mit philosophischer Fragestellung verknüpft ist, auch wenn diese Tatsache häufig verdrängt wird. Philosophen kümmern sich immer noch kaum um die Ergebnisse neurowissenschaftlicher Forschung, ja sie ignorieren oft weitgehend die Befunde des Neuroimaging, der Elektrophysiologie und der Neurobiologie. Aber auch die kognitive Neurowissenschaften werden bei der Erforschung mentaler Phänomene unvermeidlich — wie auch Henrik Walter schreibt — mit philosophischen Fragen konfrontiert. Philosophen müssen heute, wenn sie die Natur mentaler Vorgänge verstehen wollen, die Relevanz empirischer Forschungen berücksichtigen.

„Die Natur hat sich soviel Freiheit vorbehalten, dass wir mit Wissen und Wissenschaft ihr nicht durchgängig beikommen oder sie in die Enge treiben können.“

Johann Wolfgang von Goethe (Betrachtungen der Wissenschaften)

„Es waren verständige, geistreiche, lebhafte Menschen, die wohl einsahen, dass die Summe unserer Existenz, durch Vernunft dividiert, niemals rein aufgehe, sondern dass immer ein wunderlicher Bruch übrigbleibe.“

Johann Wolfgang von Goethe (Wilhelm Meister)