Zusammenfassung
Unter den Farben, die nicht mehr oder weniger gebrauchsfertig als Erden vorgefunden, sondern erst durch chemische Operationen hergestellt werden, unter den künstlichen Farben also, zählt das basisch kohlensaure Blei oder Bleiweiß zu den ältesten. Aus den frühesten Nachrichten über das Bleiweiß geht hervor, daß es als Schminke benutzt wurde. Thespis, der sagenhafte Schöpfer des griechischen Theaters, soll, ehe er die Theatermaske erfand, die Züge des Schauspielers durch Schminken mit Bleiweiß unkenntlich gemacht haben.1 Aristophanes, um 400 v. Chr., erwähnt in seiner Komödie „Frauenherrschaft“ das Bleiweiß als Schminkmittel,2 während athenische Gräberfunde, die aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. stammen, zeigen, daß die Farbe in Form runder Plätzchen in den Handel kam.3 In Ovids fragmentarisch erhaltenem Gedicht „Über die Schönheitsmittel“ heißt es: „Bleiweiß fehle dir nie, noch Schaum vom rötlichen Nitrum“.4 Der römische Epigrammatiker Martial aber kritisiert die Sitte des Schminkens mit Bleiweiß: „Lycoris, deren Gesicht eine schwärzere Farbe hat als die Maulbeere, wenn sie vom Baume fällt, dünkt sich schön, wenn sie das Gesicht mit Bleiweiß bedeckt“,5 und ähnlich urteilt noch einundeinhalb Jahrtausende später der berühmte italienische Renaissance-Ingenieur Biringuccio: „Besonders die Frauen müssen dem Blei sehr dankbar sein, denn es läßt sich künstlich in weiße Farbe verwandeln, die, als Schminke aufgetragen, ihren angeborenen dunklen Teint ganz verdeckt. So können sie das Auge der einfältigen Männer täuschen und sehen statt schwarz weiß aus und statt abscheulich, wenn nicht schön, so doch mindestens weniger häßlich.“6 Ja, noch die französische Enzyklopädie berichtet um 1770 über die Verwendung von Bleiweiß als Puder und schildert die Methode, nach der es die Putzkrämerinnen an dem Bleideckel eines Essig und Perlgraupen enthaltenden Gefäßes, das an einem warmen Ort aufgestellt wird, gewinnen.1
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Literatur
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wodurch das essigsaure Blei entfernt wurde.
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Die Originale der Bildnisse der Freiherren von Hernert und von E. Herbert-Kervhnawebefinden sich auf Schloß Kirchbichl bei Wolfsberg in Kärnten.
C. y. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. B. Theil, Wien 1862, S. 349–350. Nach anderer Angabe erwarb Johann Herbert zu Innsbruck das Doktorat der Medizin. Carinthia, 28. Jg., Klagenfurt 1838, S. 4.
Vgl. Joseph von Hwebert. Biographische Skizze. Carinthia, 28. Jg., Klagenfurt 1838, S. 4–5.
Als Gründungsjahr wird vielfach 1759 angegeben. E. HERBERT-KERCHNAWE (Die Bleiweißfabrikation in Österreich, S. 4) bezeichnet 1756 als urkundlich nachgewiesen. —Dieser Schrift sind auch die meisten der folgenden, sowohl technischen als biographischen Angaben, soweit keine anderen Quellen genannt sind, entnommen.
Preciitl, Technolog. Encyclopädie, Stuttgart 1830, 2. Bd., S. 462. — Die Herkunft des Namens „Kremserweiß“ ist nicht ganz geklärt. Während kurzer Zeit, nämlich von 1774 bis 1786, bestand im Alauntale bei Krems eine Bleiweißfabrik, die „Kremserweiß” herstellte (Dr. HANS PLÖCKINGER, „Der Ruhm des Kremser Namens…. “, Amtl. Zeitschr. der Wa¬chauer und Waldviertler Ausstellung, 6.-24. Sept. 1924. Sonderfolge der Landzeitung, S. 5). — Nach anderer Ansicht wurde ursprünglich eine bei Krems gefundene weiße Erdfarbe mit diesem Namen bezeichnet, der später auf Bleiweiß überging (E. HERBERT-KERCIINAWE, Die Bleiweißfabrikation in Österreich, S. 4). Die irrige Bezeichnung „Kremnitzerweiß” rührt davon her, daß Mineralogen und Technikern die ungarische Bergwerksstadt Krem¬nitz bekannter war als die Donaustadt Krems (Dictionnaire technologique ou nouveau dictionnaire universel des arts et métiers. Paris 1823, Artikel „Céruse“, S. 289). Vene¬zianer- und Hamburgerweiß waren nicht nach Herstellungsorten, sondern nach den Handelsplätzen so benannt.
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Stephan V. Kees, Darstellung des Fabriks- und Gewerbewesens im österr. Kaiser-staate, 2. Teil, 2. Bd., S. 986, Wien 1823.
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Sedlacek, F. (1938). Das Werden des Kärntner Bleiweißverfahrens. In: Holey, K. (eds) Blätter für Geschichte der Technik. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-2366-9_9
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