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Zusammenfassung

Die Kritik an der professionellen Ausbildung ist fast so alt wie diese selbst. Freud hat schon 1937 darauf hingewiesen, „dass die Analytiker in ihrer eigenen Persönlichkeit nicht durchwegs das Maß von psychischer Normalität erreicht haben, zu dem sie ihre Patienten erziehen wollen“ (Freud 1937c, 93). Die Ursache ist in einem grundlegenden Widerspruch begründet: Analysen sollen den Menschen innerlich freier machen, doch sich einer Ausbildung zu unterziehen, heißt sich anzupassen. Während man an der Universität „nur“ Angst davor haben muss, als zu dumm oder zu unwissend dazustehen, kommt in der analytischen Ausbildung ein weiteres Moment hinzu, nämlich als zu „gestört“ enttarnt zu werden. Ähnlich wie ein Medizinstudent, der auf einmal glaubt, all jene Krankheitssymptome zu spüren, von denen er in den Lehrveranstaltungen gehört hat, sieht sich der Ausbildungskandidat plötzlich mit einer Unzahl neurotischer Merkmale konfrontiert — und das nicht einmal vollkommen unbegründet. Zum einen sind die Grenzen zwischen seelischer Gesundheit und Krankheit äußerst fließend, zum anderen sind es in der Regel psychisch Leidende, die sich zu diesem Beruf hingezogen fühlen. Das ist im Grunde sinnvoll, man möchte die Beschwerden produktiv verarbeiten und in Formen verwanden, die der Gesellschaft nützen. Außerdem kann man die seelischen Nöte anderer am ehesten dann verstehen, wenn man sie selber erlebt oder zumindest teilweise bzw. in Spuren erlebt hat. Aber der konstruktive Umgang damit setzt eine möglichst repressionsarme Ausbildung und Lehranalyse voraus — und das ist bis heute nicht gegeben.

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© 2011 Springer-Verlag/Wien

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Rieken, B., Sindelar, B. (2011). Ausbildung, Profession und Wissenschaft. In: Psychoanalytische Individualpsychologie in Theorie und Praxis. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0465-1_7

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